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Gottesdienst

Titel: Gottesdienst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gardiner
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Paxton riss an meinem Kragen. Smollek zischte: »Hexe!«
    Jetzt hatte ich ihre heilige Stätte gründlich entweiht. Sehr gut. Vielleicht mussten sie jetzt die Kirche sandstrahlen oder sie ganz abreißen und den Boden mit Salz ausstreuen. Kurz vor der Tür sagte Paxton »Auf drei« und griff nach der Türklinke.
    Bevor er sie berühren konnte, flog die Tür auf. Draußen stand ein ausgemergelter Mann, Schatten verdeckten sein Gesicht. Smollek zuckte überrascht zusammen.
    »Aus dem Weg!« Der Mann gestikulierte und stolperte vorwärts ins Licht.
    Smollek ließ meinen Arm los. »Großer Gott«, keuchte er und drückte sich rückwärts gegen den Eingang. Der Eindringling torkelte auf Paxton und mich zu.
     
    Paxton starrte den Eindringling an und schob mich schützend vor sich. »Sofort stehen bleiben!«
    Ja, genau, beweg dich bloß nicht, sonst ist das Heidenmädchen dran. Schon griff der Eindringling mit seinen klammen Händen nach meinem Hemd. Sein säuerlicher Atem hüllte mich ein. »Aus dem Weg!«
    Ein leiser Laut des Ekels entwich meiner Kehle. Sein Gesicht war schweißüberströmt und abgemagert, seine Augen, die vor Inbrunst, Alkohol oder Fieber brannten, suchten den Raum ab. Er versuchte mich zur Seite zu stoßen, schaffte es aber nicht. Nach einem weiteren vergeblichen Versuch blickte er verwirrt um sich und warf sich schließlich gegen Paxton und mich. Zwischen den beiden eingeklemmt, konnte ich seinem strengen Körpergeruch nicht ausweichen. Paxton griff um mich herum nach seinen Armen. »Smollek, nimm seine Füße!«
    Der Eindringling deutete mit einer zittrigen Hand in Richtung Bühne. »Sie!«, schrie er. »Sie weiß es! Sie weiß es!«
    Ich versuchte mich aus meiner Zwangslage zu befreien. Der Mann schrie nun pausenlos, Speichelfäden tropften ihm aus dem Mund. »Ihr Huren und Hurensöhne!« Er blinzelte. »Oh Jesus, sieh dir das an.« Seine Hand wies auf die Chorsängerinnen in ihren roten Roben. »Sie brennen. Oh. Das Feuer …«
    Mit einem Grunzen nahm Smollek all seinen Mut zusammen, sprang vor, umklammerte den Mann mit beiden Armen an der Hüfte und hob ihn in die Luft. Der Eindringling keifte, bäumte sich auf und drückte den Rücken durch. Endlich konnte ich mich losreißen und stolperte rückwärts.
    »Ich werd alles erzählen!«, schrie der Mann. »Scheiß auf euch alle, ich werd’s erzählen.«
    Die Gemeinde war in Aufruhr. Auf der Bühne hatten sich die Majoretten zusammengedrängt. Wyoming versuchte den Chor durch Fingerschnipsen auf sich aufmerksam zu machen, damit sie ein Lied anstimmten, doch sie ignorierten ihn.
    Das Handgemenge bewegte sich jetzt wieder in meine Richtung. Ich wich noch weiter zurück und stieß gegen eine Stuhlreihe, aber der Mann hatte sich schon in mein Hemd verkrallt und riss mich mit, als Paxton und Smollek ihn zur Tür schleiften. Dann traf einer seiner strampelnden Füße Smollek ins Gesicht, und Smolleks Kopf flog nach hinten. Wild ineinander verkeilt stolperten wir auf das Schaufenster zu.
    Genau das hatte ich kommen sehen und schrie »Nein!«, aber unsere Bewegung ließ sich nicht mehr stoppen. Schnell verbarg ich den Kopf zwischen den Armen. Wir krachten durch das Fenster und hinaus auf den Bürgersteig.
    Glas klirrte auf den Beton. Ich landete auf Curt Smollek und spürte, wie sich Knochen und Glas in meinen Rücken drückten. Nach einem kurzen benommenen Moment konnte ich Schmerzensschreie und trappelnde Füße hören. Vorsichtig rollte ich mich auf die Seite und sah die Leute hinter dem zerborstenen Fenster in der Kirche auf mich zuwogen. Um mich herum glitzerten Glassplitter auf dem Asphalt. Smollek kniete auf allen vieren, das weiße T-Shirt blutbesprenkelt. Der Eindringling stolperte inzwischend stöhnend über die Straße. Glasstücke steckten ihm in Rücken und Armen, doch er schien sie nicht zu bemerken. Paxton ergriff Smolleks Arm und zog ihn hoch.
    Ein Dutzend kleinere Schnitte schmerzten auf meinen Händen und der Kopfhaut. Aber ich war als Letzte durch das Fenster gefallen, hatte lange Ärmel getragen, und das hatte mich geschützt. Ganz langsam stand ich auf, bemüht, den Boden nicht zu berühren. Ich fühlte mich wie betäubt, dabei hatte ich noch Glück gehabt.
    Wieder erhob der Eindringling die Stimme zu einer langen, bösartigen Verwünschung. Doch plötzlich erfasste ihn ein Scheinwerfer. Im nächsten Augenblick quietschten Bremsen, und ohne Übergang erfasste ihn ein Lastwagen. Sein Geschrei verstummte abrupt.
    Schlingernd kam der

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