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Gottesdienst

Titel: Gottesdienst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gardiner
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Lastwagen zum Stehen, Gemüse fiel von seiner Ladefläche. Während der Fahrer aus seinem Führerhaus sprang, rannte ich auf die Straße. Er kniete nieder, starrte auf die Vorderachse und brach in Tränen aus.
    Dann hatte ich ihn erreicht. »Können Sie den Laster zurücksetzen?«
    In seinem fülligen Gesicht spiegelte sich die Verzweiflung. »Er ist eingeklemmt -«
    Ich kniete neben ihm nieder und verständigte mit meinem Handy den Rettungsdienst. Der Fahrer schluchzte an meiner Seite. »Er ist einfach vor mir aufgetaucht.«
    Sanft legte ich ihm eine Hand auf die Schulter. »Sanitäter und Feuerwehr sind auf dem Weg.« Er zitterte haltlos.
    »Wir müssen sehen, ob wir ihm helfen können.«
    »Ja«, antwortete er, aber er bewegte sich nicht. »Genau vor mir. Ich konnte nicht mehr anhalten.«
    Ich sah mich um. Gemeindemitglieder zwängten sich durch die Eingangstür. Smollek hockte an der Bordsteinkante und barg das Gesicht in den Händen. Paxton, der anscheinend von Glassplittern verschont geblieben war, kniete vor dem Truck und lugte darunter.
    »Können Sie ihn erreichen?«, fragte ich.
    Er blickte mich an. Das weiße Licht der Scheinwerfer ließ sein scharfes Profil noch stärker hervortreten. Ohne etwas zu sagen, stand er auf, wischte sich die Hände ab und schlenderte zur Menge zurück. Die Langsamkeit, mit der er sich bewegte, signalisierte deutlich: Das ist nicht mehr mein Problem.
    Mein Magen drehte sich vor Angst fast um, aber ich legte mich auf den Boden und rutschte mit dem Kopf unter den Wagen. Ich konnte Auspuffgase und Öl riechen, spürte die Hitze des Motors und sah die dunklen Rundungen der Reifen vor mir. Die Beine des Mannes hingen gebrochen und schlaff aus einem Radschacht heraus, an seinem bewegungslosen Arm glitzerte eine Rolex-Uhr. Den Rest konnte ich nicht erkennen.
    »Können Sie mich hören?«, fragte ich.
    Keine Antwort. Vorsichtig schob ich mich vorwärts. Mit gestrecktem Arm konnte ich seine Finger greifen. »Wenn Sie mich hören können, drücken Sie meine Hand.« Nichts. »Hilfe ist unterwegs«, sagte ich. Ich wusste, dass ich nichts mehr tun konnte und zwängte mich unter dem Laster hervor.
    Der Fahrer saß mit glasigen Augen auf dem Boden und starrte auf den leblosen Arm des Mannes. Die Luft stank nach verbranntem Gummi. Ich hievte mich ins Führerhaus, stellte den Motor ab und schnappte mir das Warndreieck. Die Standhaften drückten sich um die Kirche herum. Nicht ein einziger von ihnen hatte seine Hilfe angeboten. Im Gegenteil, jetzt wies ein teigiger Finger auf mich. »Ihre Schuld«, konnte ich hören. Und lauter: »Sie hat das über uns gebracht.«
    Sie drängten sich auf dem Bürgersteig, bis zur Bordsteinkante, gingen aber keinen Schritt weiter – als ob sie am Rande eines Abgrunds stünden. Als ob sie ausdrücken wollten, dass der Unfall ein Zeichen war … eine Bestrafung oder eine Warnung. Ich trat in etwas Glitschiges – einen aufgeplatzten Kürbis. Das also war von der Ladefläche gefallen, und das war es auch, was sie zurückhielt. Sie hielten Distanz zu den orangefarbenen Früchten zurück, als ob es sich um abgeschnittene Köpfe handelte.
    Dann hörte man Pete Wyomings dröhnende Stimme. »Man will uns verhöhnen. Nun, dafür habe ich die richtige Antwort parat!«
    Er schritt vom Bordstein auf einen Kürbis zu und zerquetschte ihn mit einem Tritt seiner Cowboystiefel. Sekunden später raffte die Solosängerin ihre rote Robe hoch und tat es ihm nach. Ihr folgten die Majoretten, die auf die Straße rannten und mit ihren Stäben auf die Kürbisse einschlugen wie Jäger auf Robbenbabys. Und dann schloss der Rest sich an.
    Ich ging zurück zum Truck. Der Fahrer kniete neben der Vorderachse und redete auf den Mann ein. »Du schaffst es, Kumpel, Hilfe ist unterwegs, du schaffst es.« Es war wie ein Mantra der letzten verbliebenen Hoffnung, ein Mantra aus Angst und Schuldgefühlen. Plötzlich flog ein Kürbis gegen das Holzgatter des Lastwagens. Ich zog den Fahrer am Arm. Er richtete sich auf und beobachtete verständnislos, wie die Standhaften seine Ladung zerstörten. Dann deutete jemand auf den Laster. »Seht, da sind noch mehr!« Ein Dutzend Leute kletterten auf die Ladefläche und ließen die Früchte über Bord gehen.
    »Steigen Sie ins Führerhaus.« Ich schob ihn nach vorn. Sein Blick wanderte zurück auf die Vorderachse. »Ich bleibe bei ihm«, versicherte ich.
    Er griff nach der Tür, hielt aber noch einmal inne. Peter Wyoming stand mit ausgebreiteten Armen und

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