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Gottesgericht

Gottesgericht

Titel: Gottesgericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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ihn nicht öffnen, ohne ihn zu beschädigen. Ich hatte allerdings vor, Mittel zu beantragen, um ihn irgendwann röntgen zu lassen.«
    »Ja, aber das wird jetzt nicht mehr nötig sein«, sagte Schiegl ziemlich barsch und lehnte sich zurück. Dann bat er Gruber, den Schrein zu suchen und in sein Büro zu bringen, aber er ermahnte ihn, keinem anderen Angestellten irgendetwas davon zu sagen.
    Als Gruber das Artefakt später an diesem Nachmittag auf den Schreibtisch des Direktors stellte, zeigte ihm Schiegl eine Zeichnung, die aussah, als sei sie aus einem alten Buch gescannt worden. Sie bildete Vorder- und Rückansicht eines aufrecht stehenden länglichen Objekts ab. Es gab fünf runde Skalen in einer Reihe auf einer Seite und eine Anzahl von Schlitzen auf der anderen, in die jeweils eine quadratische Kachel oder ein Knopf in jeweils anderer Position eingesetzt war.
    »Das hier hoffen wir zu finden«, sagte Schiegl. »Wir werden den Schrein doch noch röntgen lassen.«
    »Darf ich fragen …«
    »Nein, dürfen Sie nicht.« Schiegl legte das Blatt beiseite. »Wir wurden gebeten, diese Angelegenheit absolut vorrangig zu behandeln, aber diskret vorzugehen und möglichst wenige Leute einzubeziehen. Ich kann nur verraten, dass die entsprechende Anfrage des Kulturministeriums an alle Kirchen, Klöster und Museen in Wien gegangen ist. Und mein Gefühl sagt mir, dass sie hier bei uns möglicherweise den Jackpot geknackt haben.«
    Gruber wies nicht auf die unfreiwillig komische Wortwahl des Direktors hin. Es war zu ermüdend. »Und wenn es so ist?«, fragte er.
    Schiegl lehnte sich zurück. »Die Finanzierung einer weiteren Ausstellung, Gruber«, strahlte er. »Darauf hoffe ich. Es ist das wenigste, was sie tun können.«
    Seither war eine Woche vergangen, und jetzt war er an diesem schönen Sommersonntag auf dem Weg nach Italien. Die Röntgenaufnahme musste gezeigt haben, dass sich das Ding – was immer es war – in der Schatulle befand.
    Er sah auf den Beifahrersitz hinunter. Kurz nach der Grenze zu Italien war er an eine Tankstelle gefahren und hatte beschlossen, den Reliquienschrein aus dem Kofferraum zu holen. Er lag jetzt in einer offenen Schachtel auf dem Sitz neben ihm. Die Schatulle war sehr schwer für einen Gegenstand dieser Größe – im Wesentlichen ein mit dünnen Silberplättchen verkleideter Behälter aus Holz. Wenn also das Objekt, dessen Zeichnung er gesehen hatte, tatsächlich darin eingeschlossen war, musste es aus Metall sein. Vielleicht war es ebenfalls ein Reliquienschrein? Aber was befand sich dann in diesem, dass man es gleich in zwei Behälter verschließen musste?
    Die äußere Schatulle lieferte keinen Hinweis. Das einzige auffällige Merkmal war die Verzierung auf dem Deckel – ein mit Lapislazuli eingelegtes und im unverkennbaren Stil einer keltischen Brosche ausgeführtes Medaillon.
    Wenn er die ferne Stadt erreichte, sollte er den Schrein in einer Kirche abliefern, einer gänzlich unbekannten dazu. Vielleicht war es wirklich besser, wenn er dort blieb. Im südlichen Italien würde man ihm hoffentlich etwas Respekt erweisen und ihn eventuell sogar ausstellen.

28
    Später am Abend, als Jane den Anflug einer Erkältung verspürte, die sie sich wahrscheinlich von Debbie geholt hatte, kuschelte sie sich auf das Sofa und schaltete die Fernsehnachrichten an. Es gab mehrere Berichte über die Spannungen im Mittelmeerraum, die sich hauptsächlich auf Russlands zunehmend feindselige Haltung gegenüber Israel konzentrierten. Doch vom Verbleib der Brigade wurde nichts erwähnt. Kein Hinweis darauf, dass sie zum Sinai unterwegs war. Jane hoffte, bis zum Morgen würde die Sache publik werden, aber bislang deutete nichts darauf hin.
    Sie hatte mit niemandem aus dem Team darüber gesprochen. Nachdem sie noch eine Weile bei Orhun geblieben war, waren sie zusammen zum Haus des Botschafters zurückgegangen. Unterwegs bat sie ihn, sich bis zehn Uhr am kommenden Vormittag bei ihr zu melden, falls es etwas Neues über die Aktivitäten der Belisarius Brigade gab. Im Haus hatte er sich dann in einen Raum zurückgezogen, um einige Anrufe zu machen, und sie hatte sich leise entfernt.
    Sie schaltete den Fernseher aus und griff nach einer Packung Papiertücher. Sie hatte gerade einen heißen Erkältungstrank zu sich genommen, aber ohne den Whiskey, wie sie es sonst beim Ausbruch einer Erkältung tat. Stattdessen hatte sie ein paar Löffel Honig hineingerührt. Wahrscheinlich würde sie sich etwas davon am nächsten Tag

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