Gottesgericht
Klöstern, die mit dem Katharinenkloster in Verbindung standen. In dieser Hinsicht hatte sich die Macht des Ahdname häufig als Talisman gegen Herrscher erwiesen, die willkürlich entscheiden mochten, die weitere Existenz eines Klosters zu bedrohen. Was versuchte sie also festzustellen? Ihre einzige Information war, dass die extremistische orthodoxe Gruppe, die die Hagia Sophia besetzt hielt, es verlangt hatte. Aber was genau eigentlich?
Als Dr. Kelsey ihre Jacke auszog, ehe sie sich an den Tisch setzte, beschloss Bruder Petros, es zu riskieren. »Was hoffen Sie zu entdecken?«, fragte er rundheraus.
Sie sah ihn gleichmütig an. »Ich bin als Expertin für ottomanische Dokumente hier. Man hat mich gebeten zu bestätigen, dass dies die Kopie des Schutzbriefs ist, die Sultan Selim dem Kloster als Ersatz für das Original gestiftet hat. Das ist alles.«
Es war eine Antwort, bei der ihm irgendwie unbehaglich zumute wurde. Als würde der gute Ruf des Klosters infrage gestellt. Eine merkwürdige Situation, die eine angeblich proorthodoxe Gruppe da geschaffen hatte. Doch dann schweiften seine Gedanken ab, denn als Dr. Kelsey ihre Jacke über die Stuhllehne hängte und sich setzte, konnte er nicht umhin zu bemerken, wie die eng sitzende Bluse, die sie trug, ihren üppigen Busen betonte. Er konnte sogar das Muster ihres BH s durch den Stoff sehen. Er hatte nicht die Absicht, sich auf längere Diskussionen mit ihr einzulassen.
»Ich überlasse Sie dann mal Ihrer Arbeit«, sagte er. »Wenn Sie mich brauchen, ich bin in dem ehemaligen Ikonenraum auf der anderen Seite des Gangs.« Er nickte in Richtung Tür. Bruder Petros war ein Mann, der sich seinen heiligen Pflichten hingebungsvoll widmete. Und den ganzen Tag dazusitzen und eine so attraktive Frau wie Dr. Kelsey zu beobachten würde ihn nur ablenken.
Ein paar Stunden später klopfte sie an die Tür des Raums, der früher die Ikonensammlung des Katharinenklosters beherbergt hatte. Die Sammlung war in einen anderen Teil des Klosters verlegt worden, man hatte nur einige Bilder zurückgelassen, um den in der Bibliothek tätigen Mönchen eine Gelegenheit zu stiller Kontemplation zu geben.
Der Abt hatte angeordnet, ihr ein Mittagessen zu bringen, wann immer sie es wünschte, deshalb nahm Bruder Petros an, dass sie jetzt ihre Pause machen wollte.
»Ich bin fertig mit dem, was ich hier zu erledigen hatte«, sagte sie, als sie die Tür aufmachte. Sie hatte ihre Jacke wieder an und die Tasche über der Schulter hängen.
Das überraschte Bruder Petros. Er hatte erwartet, sie würde den ganzen Tag hier sein, und er müsste sich ewig in ihrer Nähe herumdrücken, bis sie endlich fertig war. »Äh … und?«, sagte er.
»Ich werde mir meine Notizen und Fotos noch genauer ansehen müssen. Und mein Bericht wird natürlich vertraulich sein.« Sie lächelte. »Aber es besteht kein Grund zur Sorge für Sie.« Sie sagte es auf eine Weise, dass er sich vorkam wie ein Schulkind, dessen Lehrer gerade die Hausaufgabe korrigiert hatte.
Kein Grund zur Sorge , hatte sie gesagt. Doch jetzt hatte er wahrhaftig einen Grund zur Sorge. Bruder Petros hatte nämlich gerade Dr. Kelseys Zeichenblock in einem der Regale gefunden.
Es war in dem Bereich, der dem Fund von 1975 gewidmet war. Er hatte ihr diese Sammlung bei seiner Führung durch die Bibliothek gezeigt und erklärt, dass einige der Werke immer noch studiert würden, während andere zur Digitalisierung eingeplant seien. Das Studio war ein Stück von ihrem Arbeitsplatz entfernt, der Zeichenblock konnte also nicht versehentlich dort abgelegt worden sein.
Er stand aufrecht zwischen zwei Handschriften in Schutzhüllen, die man vorübergehend auf dem Rücken mit einem Code etikettiert hatte, der ihren Platz im Studienprogramm anzeigte. Das hatte ihn zuerst verwirrt, denn der Block war ähnlich etikettiert, offenbar, um vorbeigehende Bibliothekare zu täuschen, die zufällig einen Blick darauf warfen. Als er ihn zwischen den beiden anderen Bänden herauszog, war ihm klar, dass Dr. Kelsey ihn dorthin gestellt hatte, um einen dritten zu ersetzen, den sie gestohlen hatte. Es war von Anfang an geplant gewesen, ihre bauchige Tasche hatte den Austausch ermöglicht, ohne dass es beim Hinausgehen auffiel, und sie hatte das falsche Buch zurückgelassen, damit der Tausch nicht sofort auffiel.
Wenigstens befand sich der prächtige Behälter, in dem man das Buch gefunden hatte, noch wohlverwahrt in einem anderen Teil der Bibliothek. Manuskripte, die studiert
Weitere Kostenlose Bücher