Gottesstreiter
Ostern, genauer gesagt, seit Gründonnerstag, hatten die Böhmen von den Polen nicht die beste Meinung, und sie standen
in Prag in keinem sehr hohen Ansehen. Mit fallender Tendenz.
Mit Zygmunt Korybut, der Einfachheit halber kurz Korybut genannt, Jagiełłos Schwiegersohn und Anwärter auf den böhmischen
Königsthron, waren beim ersten Mal etwa fünftausend, beim zweiten Mal etwa fünfhundert polnische Ritter nach Prag gekommen.
Auf Korybut hatten viele ihre Hoffnung gesetzt und in ihm die Rettung für die böhmischen Hussiten gesehen, und die Polen hatten
tapfer für die Sache des Kelches und das Gesetz Gottes gekämpft und bei Karlstein, Iglau, Rötz und Aussig ihr Blut vergossen.
Trotzdem waren sie nicht einmal bei ihren böhmischen Waffenbrüdern sonderlich beliebt. Wie konnte man denn auch Kerle mögen,
die laut lachten, wenn sie hörten, dass ihre böhmischen Verbündeten Namen wie Picek von Psikous oder Sadlo von Stare Kobzi
trugen? Die mit hemmungslosem Gelächter auf Namen wie Cvok von Chalupy oder Doupa von Zasada reagierten?
Korybuts Verrat hatte der Sache der Polen erheblich geschadet, so viel war klar. Die Hoffnungen der Böhmen waren auf der ganzen
Linie dadurch enttäuscht worden, dass dieser Hussitenkönig
in spe
mit den katholischen Herren paktierte, die Kommunion
sub utraque specie
verriet und den Schwur auf die Vier Prager Artikel brach. Die Verschwörung war entdeckt und zerschlagen worden, statt auf
dem böhmischen Thron landete Jagiełłos Schwiegersohn im Gefängnis, und man begann die Polen als Feinde zu betrachten. Ein
Teil von ihnen |20| hatte Böhmen auf der Stelle verlassen. Ein anderer Teil war aber geblieben. Wohl, um der Verachtung für Korybuts Verrat Ausdruck
zu verleihen, sich für die Sache des Kelches auszusprechen und zu zeigen, dass man weiterhin für die calixtinische Sache kämpfen
wollte. Und was hatte all dies gebracht? Man mochte sie auch weiterhin nicht. Es wurde – nicht ohne Grund – vermutet, dass
die calixtinische Lehre den Polen schlichtweg am Arsch vorbeiging. Man behauptete, sie seien geblieben, weil sie –
primo
– nichts besäßen, zu dem sie hätten zurückkehren können. Nach Böhmen seien sie nur gezogen, weil sie von den Gerichten als
Prasser und Verschwender gesucht würden, und nun lasteten auch noch auf allen, Korybut eingeschlossen, Flüche und Verleumdungen.
Dass sie –
secundo
– nur in Böhmen gekämpft hätten, weil sie ausschließlich auf Bereicherung, auf Beute und Besitz ausgewesen seien. Dass sie
–
tertio
– nicht kämpften, sondern lediglich die Abwesenheit der kämpfenden Böhmen ausnutzten, um deren Frauen zu vögeln.
All diese Behauptungen stimmten.
Ein Prager Bürger, der eben vorüberging, spuckte auf den Boden.
»Oho, irgendwie mögen die uns nicht, nein, sie mögen uns nicht«, bemerkte Jerzy Skirmunt vom Wappen Odrowąż mit komischer
lang gezogener Artikulation. »Warum wohl? Das ist doch seltsam.«
»Sollen sie sich doch sonst wohin scheren!« Żyrowski warf sich Richtung Straße in die mit den silbernen Hufeisen des Czewoja-Wappens
geschmückte Brust. Wie jeder Pole vertrat er die widersinnige Ansicht, dass er als Träger eines Familienwappens, wenn auch
völlig pleite, in Böhmen mindestens den Rožmberks, den Kolowrats, den Sternbergs und allen anderen mächtigen Familien zusammen
ebenbürtig sei.
»Vielleicht tun sie’s ja auch«, pflichtete ihm Skirmunt bei. »Ja, das ist schon seltsam, ihr Lieben.«
»Die Leute wundert es«, Radim Tvrdik sprach mit ruhiger |21| Stimme, aber Reynevan kannte ihn nur zu gut, »die Leute verwundert der Anblick der ritterlichen und kämpferischen Herren,
die sich so sorglos an einem Wirtshaustisch verlustieren. In diesen Tagen! Heutzutage, in solchen Zeiten ...«
Er unterbrach sich, wie dies jetzt Sitte war. Aber die Polen waren es nicht gewohnt, derlei Bräuche zu pflegen.
»Solche Zeiten, dass die Kreuzfahrer gegen euch losziehen, um zu kämpfen, was«, lachte Żyrowski, »dass sie mit großer Macht
nahen, Feuer und Schwert mit sich führend und Erde und Wasser hinter sich lassend? Bald werden sie ...«
»Schweig!«, unterbrach ihn Adam Wejdnar. »Euch aber, Herr aus Böhmen, entgegne ich: Eure Zurechtweisung trifft hier nicht
zu. In der Neustadt träfe sie wohl zu, da ist es leer geworden, da sind die Leute weg. Denn, wie Ihr zu sagen beliebtet, heutzutage,
in solchen Zeiten, sind die Neustädter Kaufleute mit Prokop dem
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