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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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vergessen.«
     
    Die Sonne brannte fürchterlich, glühende Hitze ergoss sich vom Himmel herab. Die Sicht war ihnen vollständig genommen. Die
     Staubwolken, welche die Pferdehufe der angreifenden Ritter hatten aufsteigen lassen, mischten sich mit dem dichten Pulverdampf,
     der nach jeder Salve das ganze Karree der Wagenburg überzog. Über dem Geschrei der Kämpfenden und dem Gewieher der Pferde
     erhoben sich plötzlich das Geräusch von brechendem Holz und Triumphgeheul. Reynevan sah, wie die Fliehenden aus dem Dunst
     hervorbrachen.
    |24| »Sie sind durchgedrungen«, seufzte Diviš Bořek von Miletínek laut. »Sie haben die Wagenkette gesprengt   ...«
    Hynek von Kolštejn fluchte. Roháč z Dubé versuchte sein heftig schnaubendes Pferd zu zügeln. Das Antlitz Prokops des Kahlen
     war wie versteinert. Zygmunt Korybut war leichenblass.
    Aus dem Dunst brachen mit lautem Geheul die Panzerreiter, die eisenbewehrten Herren drangen auf die fliehenden Hussiten ein,
     ritten sie um und metzelten all jene nieder, denen es nicht gelungen war, sich in das Innere der Wagenburg zu retten. Schon
     gelangten weitere Schwerbewaffnete in großer Anzahl durch die Bresche.
    In diese dicht gedrängte Menge hinein, direkt in die Pferdemäuler und in die Gesichter der Reiter, blitzten plötzlich die
     Haubitzen und Tarrasbüchsen mit Feuer und Blei, krachten die Hakenbüchsen und donnerten die Faustrohre, prasselte ein dichter
     Hagel von Bolzen aus den Armbrüsten. Reiter stürzten aus den Sätteln, Pferde stürzten, Menschen stürzten zusammen mit ihren
     Tieren, die Reiterei verkeilte sich ineinander und ballte sich zu einem Knäuel zusammen; in dieses Gewirr hinein schlug die
     zweite Salve mit noch mörderischerer Wirkung. Nur wenige von den Panzerreitern waren bis ins innere Geviert der Wagen eingedrungen,
     sie wurden sogleich mit Hellebarden und Dreschflegeln niedergemacht. Gleich darauf brachen die Böhmen mit wildem Geschrei
     hinter den Wagen hervor, überraschten die Deutschen mit einem gewaltigen Gegenangriff und hatten sie im Handumdrehen aus der
     Bresche verdrängt. Unverzüglich wurde die Bresche wieder mit Wagen geschlossen, Armbrustschützen und Krieger mit Dreschflegeln
     besetzten sie. Wieder grollten die Haubitzen, rauchten die Läufe der Hakenbüchsen. Über den Wagenschanzen erglänzte mit blendend
     goldenem Schein die Monstranz, blitzte das Weiß der Standarte mit dem Kelch auf.
    |25|
Kto
ž
jsú Boží bojovníci
    a zákona jeho,
    proste
ž
od Boha pomoci
    a úfajte v něho,
    že konečnĕ vždycky s ním svítĕzítĕ.
    Gesang erklang, schwoll an und erhob sich triumphierend über der Wagenburg. Hinter den auf dem Rückzug befindlichen Panzerreitern
     legte sich allmählich der Dunst.
    Roháč z Dubé wusste schon Bescheid, er wandte sich zu den in Formation wartenden berittenen Hussiten um und hob seinen Streitkolben.
     Dobko Puchała tat es ihm auf Seiten der polnischen Reiterei kurz darauf gleich. Die mährischen Reiter versetzte eine Geste
     Jan Tovačovskyś in Kampfbereitschaft. Hynek von Kolštejn senkte das Visier seines Helmes.
    Vom Felde her hörte man die Rufe der sächsischen Anführer, die die Panzerreiter zu einem neuerlichen Angriff auf die Wagen
     aufriefen. Aber die Panzerreiter zogen sich zurück und wendeten die Pferde.
    »Fliiieeehhht, fliieehht, ihr Deutschen!«
    »Auf siiieee!«
    Prokop der Kahle atmete tief durch und hob den Kopf.
    »Jetzt   ...«, keuchte er laut, »jetzt gehören ihre Ärsche uns.«
     
    Reynevan verließ die Polen und Radim Tvrdik ziemlich unverhofft – er stand ganz einfach plötzlich auf, verabschiedete sich
     und ging. Mit einem kurzen, bedeutsamen Blick signalisierte er Tvrdik den Grund für sein Verhalten. Der Magier blinzelte.
     Er hatte verstanden.
    Die Gegend stank wieder nach Blut. Das kommt gewiss von den nahen Schlachthöfen, von den Hühnerschlachtereien oder vom Fleischmarkt.
     Aber vielleicht auch nicht? Vielleicht ist das ein ganz anderes Blut?
    Vielleicht jenes, das im September 1422 die umliegenden Rinnsteine gefüllt hatte, als die Eisengasse und die daran angrenzenden |26| Gässchen zum Schauplatz brudermörderischer Kämpfe geworden waren, als der Gegensatz zwischen der Altstadt und Tábor erneut
     in einem bewaffneten Konflikt gipfelte? Viel böhmisches Blut war damals die Eisengasse entlanggeflossen. Genug, um immer noch
     zu stinken.
    Eben dieser Blutgeruch hatte seine Wachsamkeit verstärkt. Seine Verfolger konnte er nicht

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