Gott´sacker (Krimi-Edition)
und gaben einen eigenartig interessanten Blick auf ihren mächtigen fleischfarbenen BH frei.
»Soll ich gleich noch eins machen?« Sie deutete auf das Glas.
»Ja.«
»Aber mehr gibt’s nicht, du bist mit dem Rädle da.«
Ich mochte Frieda, ich mochte es aber nicht, wenn sie meinen Schatz aus Milwaukee ›Rädle‹ nannte, nicht nur, weil es mich zu sehr an ein schweißtreibendes Fortbewegungsmittel mit Pedalen erinnerte, ich mochte es auch nicht, wenn sie mich ›Danile‹ mit langem ›a‹ nannte und meinem Namen somit eine provinziell schwäbische Note gab, und ich mochte es neuerdings auch nicht, wenn sie meine brasilianischen Pythonschlangenlederstiefel für Imitate hielt.
Als sie mit dem zweiten Bier kam, das mir heller zu leuchten schien als das erste, war die Polizei immer noch nicht da. Sinnierend betrachtete ich die kühlen Kondenswasser-Perlen, die sich langsam an der Außenwand des Glases durch die Schwerkraft des Planeten zur Tischplatte hinbewegten und einen feuchten Abdruck hinterließen. Mein Bier! Es gehörte mir im doppelten Sinne. Seit dem Jahre 2003 war die im nahen Königseggwald angesiedelte Brauerei Aktiengesellschaft und die jährliche Dividende wird in Bier ausgeschüttet. Zärtlich strich ich, meiner Aktionärsverantwortung bewusst, über die glitzernden Tropfen, die wie flüssige Diamanten am Glas hafteten. Jäh unterbrach Frieda meine bierselig, philosophischen Gedanken: »Die kommen halt aus der Bad-Stadt.«
Sie deutete mit dem Kopf in nordöstliche Richtung, wo sie Bad Saulgau vermutete.
»Vielleicht fahren sie auch gleich zur Leiche.«
Noch einmal wollte Frieda die Geschichte von den Fliegen, dem Stiefel, der Leiche und meiner Foto-Aktion in allen Details hören. Bei der Stelle anfangs, wie ich mein Visier von der zerschmetterten Schmeißfliege säuberte, schüttelten sie und ihr fülliger Busen sich voller Ekel.
»Komm, zeig mir die Bilder, die du gemacht hast.«
Ihre Hand kam fordernd über den Tisch.
Da ich den digitalisierten Tod beim Bier nicht sehen wollte, reichte ich ihr die kleine silberne Kamera und zeigte ihr kurz, wo sie drücken musste, um die nächsten Bilder anzeigen zu lassen, und wie man die Zoomfunktion benutzt. Immer wieder kam ein Zischen durch ihre Lippen, als sie ihren fleischigen Daumen nötigte, die winzige Taste zu betätigen, um das nächstfolgende Bild zu sehen.
»Das sieht ja schlimm aus … furchtbar … was ist denn mit dem Kopf, der steht so komisch ab? Da in dem Eck, was ist denn das? … Komisch.«
Plötzlich kreischte sie: »Ja halleluja, was ist auch das?«
Erschrocken schaute ich auf. Was hatte Frieda auf dem winzigen Bildschirm entdeckt?
»Die sieht noch recht lebendig aus, aber scheint ein armes Mädchen zu sein, die hat ja gar nichts anzuziehen. Und die tollen roten Haare! Ja, wo findet man denn heute noch so eine? Aber schlecht gebaut ist die auch nicht, heilige Jungfrau Maria.«
Um ihre Beobachtungen zu belegen, klopfte Frieda sich auf ihren ausladenden Busen.
Ich brauchte einige Sekunden zu lange, um zu begreifen, doch dann schoss meine Hand nach vorn und entriss der plötzlich verlegen lachenden Wirtin die Kamera. Daran hatte ich nicht mehr gedacht, an die anderen Bilder – die von Susi. Mit rotem Kopf stotterte ich: »Die habe ich am Baggersee kennengelernt, ähm …, das ist heutzutage üblich … Ähm, textilfrei und so.«
»Das sah aber schon nach mehr als nur textilfrei aus«, zwinkerte sie mir mit rot geäderten Wangen zu. »Ich wusste gar nicht, dass du so auf drall und rothaarig stehst.«
»Sag den Polizisten zuerst mal nichts von der Kamera, sonst kassieren die sie gleich ein. Das wäre mir und … dem armen Mädchen peinlich … und der Cäci bitte auch nicht.«
»Ich war doch auch mal jung. Bei uns gab’s leider noch keine solchen Kameras. Da musste noch alles im Labor entwickelt werden, schwarz-weiß. Und der Fotografenmeister hätte dich dann vor allen anderen nackt auf den Bildern gesehen. Was meinst du, wie schnell das durchs Dorf gegangen wäre.«
Sie lächelte kurz verschmitzt, zwei Grübchen erschienen neben ihren rot geäderten Wangen: »Sonst wär’ ich bei einigen Kerlen bestimmt auch auf einem Bild. Heute bräuchte man allerdings einen Weitwinkel.«
Die Worte vom Weitwinkel schienen mir zunächst kryptisch. Doch dann musste ich lachen.
Die schnell getrunkenen Hellen und die Hitze zeigten ihre Wirkung. Als die Polizei eintraf, war die äußere Hülle meines Kopfes knallrot und das
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