Gott´sacker (Krimi-Edition)
seinem eigenen Kind den Weg in den Himmel nicht versperren, seiner Missgeburt.«
Josefs Augen funkelten voller Zorn, als er an den Pfarrer und seine Haushälterin dachte. Er ging mit festen Schritten im Raum auf und ab, die Arme hatte er über seinem Kopf verschränkt. Er überlegte. Plötzlich drehte er sich zum leblosen Kind und wickelte das missgestaltete Baby liebevoll in die karierte Decke, bis nichts mehr zu sehen war.
»Dein Kind wird einen Segen bekommen«, flüsterte er seiner Schwester zu und eilte mit dem Bündel im Arm die wenigen Schritte zum Pfarrhaus.
»Das ist Ihr Kind, ich weiß alles und kann es auch beweisen«, log Josef und öffnete die Wolldecke.
Die Haushälterin schrie auf, der Pfarrer wich entsetzt zurück.
»Das ist vom Teufel!«, flüsterte Margot und bekreuzigte sich.
»Ist das Kind von dir?«, fuhr sie den Pfarrer an.
Der junge Sütterle gab keine Antwort. Er war blass.
»Meine Schwester will, dass es anständig beerdigt wird.«
»Das geht nicht, es ist nicht getauft.«
Margot fauchte: »Die Missgeburt ist vom Teufel, die kommt nicht auf den Gott’sacker, die begräbst du auf dem Schindanger, und wehe, du erzählst jemandem davon. Das bekommen wir schon alles hin, höre nur auf mich.«
»Meine Schwester will aber …«
»Deine Schwester hat gar nichts zu wollen! Du fährst jetzt noch mit dem Herrn Pfarrer zum Schindanger, er hilft dir. Und wenn du deinen Mund hältst, dann können wir dir vielleicht eine gute Arbeit besorgen, bei der Kirche. Irgendwo anders findet so einer wie du doch keine Anstellung!«
Der Pfarrer nickte. Schweigend holten sie das Grabwerkzeug aus der Werkstatt und legten es in den Frontkofferraum des VW -Käfers. Nicht einen Blick warf der Pfarrer auf die junge Frau, mit der er vor knapp einem Jahr ein leidenschaftliches Verhältnis angefangen hatte.
Vom Matratzenlager her rief Josefs Schwester: »Hermann, du Schwein, wenn du unser Kind nicht segnest, bring ich dich um!«
Pfarrer Sütterle und Josef fuhren mit durchdrehenden Hinterrädern durch den Schnee Richtung Hagelloch zum Schindanger. Josef hielt das Bündel, erst jetzt fiel ihm der eigenartige Geruch auf – es roch nach Metzgerei.
Am nächsten Tag mühte sich Josef durch den hohen Schnee zum Schindanger, er trug einen Rucksack. Darin hatte er ein Tannenkränzchen und ein ewiges Licht. Er hatte seiner Schwester versprochen, das Grab zu schmücken. Und im Frühjahr und im Sommer, auch im Herbst würde er immer frische Blumen von den Wiesen hinbringen.
Für immer würde er den unscheinbaren Ort schmücken. Es hat es einfach verdient, dass man es nicht vergisst. Auch eine Missgeburt soll ein schönes Grab haben.
Und dem Pfarrer und seiner Hauserin würde er es noch heimzahlen – sie hatten versprochen, er könne als Mesner bei ihnen anfangen, wenn er das Maul halten würde. Er würde bestimmt einen Weg finden, sie an ihre Sünden zu erinnern. Sein Maul würde er schon halten, aber …
Als er zum Grab kam, hörte er schon von Weitem den Hund. Entsetzt beschleunigte er seine Schritte. Der Köter zerrte knurrend an dem kleinen eingewickelten Leichnam, der im gefrorenen Boden nicht tief genug beerdigt worden war. Gott sei Dank hatten sie ihn gestern fest eingebunden. Josef griff zu einem Stecken und verscheuchte den Hund. Der zog sich in den Wald zurück und beobachtete das Geschehen aus sicherer Entfernung. Kalner ließ den kleinen Tannenkranz und das ewige Licht an Ort und Stelle, packte das Bündel mit dem toten Kind in den Rucksack, stapfte durch die Kälte nach Hause und holte Spitzhacke und Schaufel. Als er wieder am Schindanger ankam, war das Kind noch sicherer in Leinen und Wachstuch eingeschnürt. Er hatte auch eine ganze Flasche Kölnisch Wasser über den Stoff geleert, um den Geruch des toten Körpers zu verfälschen.
Josef schlug ein tiefes Loch in den gefrorenen Boden. Der Hund war immer noch da und beobachtete aus sicherer Distanz, wie die Arbeit beendet wurde.
»Der Drecksköter, der dreckige, wird dir nichts mehr tun!«
Mit seinem Vesperbrot, das er, weil es im Rucksack neben dem Bündel gelegen hatte, nicht mehr essen wollte, lockte er den Hund an, der immer noch auf schnelle Beute hoffte, und erschlug ihn mit der Spitzhacke.
Der junge Pfarrer Sütterle sorgte dafür, dass die Mutter seines toten Kindes im nahen Kloster als Küchengehilfin unterkam. Vom schlechten Gewissen geplagt, trug er, ohne dass Margot es wissen sollte, die Sterbe- und Geburtsdaten des Kindes
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