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Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Titel: Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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laut. – »Pardon?« fragte Seignac höflich und wandte dem Chef das linke Ohr zu, das klein war und schön geformt: das Läppchen deutlich und der Saum wohlgebildet. »Nichts, nichts«, sagte Narcisse und klopfte Korporal Seignac auf die Schulter, was diesen veranlaßte, leicht erstaunt die Brauen zu heben. Dann ging der Chef. Ohne einen Blick auf das Zimmer zu werfen, setzte sich Seignac wieder, steckte die Zeigefinger in die Ohren und lernte weiter.
    Es war nicht gut für die vielen, die noch die Aufregung des Kampfes in sich fühlten, einen zweiten Tag ohne Arbeit zu verbringen. Aber wie Sitnikoff Lös im Krankenzimmer erklärte, als er ihn um die Mittagsstunde besuchen ging: Der Capitaine sei zu gut. Ganz laut habe er soeben noch mitten im Hofe stehend und vor einer Schar Zuhörer umgeben, dem Adjutanten Cattaneo auseinandergesetzt, seine Leute seien zwar Söldner, aber dieser Beruf sei ebenso ehrlich wie jeder andere. Vielleicht habe Chabert gerade an seine Frau, die Hugenottin, gedacht, meinte Sitnikoff und verzog das Gesicht. Und dann habe der Capitaine noch gesagt: zum Berufe des Söldners gehöre Kampf und Tapferkeit, aber auch der Lohn für die überstandenen Strapazen: trinken, lieben, schlafen, essen, ruhen nach dem Kampf, kartenspielen und was sonst noch der Erholung dienlich sei.
    »Dieser Mangel an Psychologie«, sprach Sitnikoff, »ist kaum zu fassen. Sie als Intellektueller werden dies ohne Zweifel sogleich begreifen. Obwohl ich hinzufügen muß, daß Ihnen eigentlich jede praktische Erfahrung auf diesem Gebiete abgeht. Ich aber habe nicht nur in einer regulären Armee gedient, sondern auch später die Truppen der Gegenrevolution geführt. Als Oberst, jawohl. Und ich kann Ihnen sagen: Idealismus ist schädlich. Wenn Sie den Leuten nur einen einzigen Tag der Zuchtlosigkeit schenken, so haben Sie sich damit jeglicher Autorität begeben. Wie soll der Capitaine dies wissen? Im Kriege hat er scheint's nichts gelernt. Ich gebe ihm kaum zwei Tage, um seine Nachsicht zu bereuen.«
    Dann empfahl sich Sitnikoff und hinterließ auf Lös' Bett »La Garçonne«, unter dem Hinweis, dies sei das bedeutendste Buch, das er seit langem gelesen habe…
    Lös dachte: Oberst? Oberst bei Koltschak oder Denikin oder Wrangel? Wo bleibt da der Advokat aus Odessa, der im Schlafrock über die Straße gegangen ist, um sich rasieren zu lassen? Doch war er zu müde, zu gleichgültig auch, um sich weiter über so nebensächliche Lügen den Kopf zu zerbrechen und schlief ein.
    Die Löhnung wurde nach dem Abendessen ausgeteilt. Der Gruppenführer erhielt das Geld für seine Leute gewöhnlich in großen Scheinen und war gezwungen, die Verteilung selbst vorzunehmen. Wechselgeld war keines aufzutreiben. Da mußten sich drei, manchmal vier zusammentun und auf einander aufpassen, denn zwanzig Franken konnte ein einzelner gar schnell vertrinken, und wer gab den andern dann ihr Geld? So wurden Männer, die sich nicht leiden konnten, gezwungen, den Abend miteinander zu verbringen. Streit flackerte auf, Sergeant Hühnerwald von der Cooperative wurde beschimpft, weil er nicht wechseln konnte… Einige rannten zum Chef; Narcisse schickte die Unzufriedenen zu Mauriot, der immer noch in seinem Zimmer saß und über seiner Rache brütete. Der Leutnant warf die Leute kurzerhand hinaus. Auch Pierrard hatte kein Kleingeld. Die Stimmung wurde gereizt.
    In der Sergeantenmesse ging es laut zu. Cattaneo und Farny, die beide mehr als zehn Jahre Dienstzeit hatten, hielten die übrigen frei. Um neun Uhr hatte Hassa schon zweimal erbrochen, Farnys Augen waren glasig, der Adjutant wieherte unausgesetzt. Baguelin, durch den Wein und durch die Schnäpse angelockt, trug Chansons vor, während Hassa, den das Erbrechen ein wenig ernüchtert hatte, mit lallender Stimme behauptete: Insubordination werde immer bestraft. Beispiel: die Verwundung Todds. Das sei die Strafe für den gemeinen Griff, damals auf dem Marsch. Und Baguelin sang.
    Die Komik dieses Gesanges erschütterte den Adjutanten. Er stand mühsam auf, umarmte Baguelin, fiel mit ihm zu Boden, meinte dann wohl eine Frau vor sich zu haben, denn er begann die Wangen Baguelins mit lauten schmatzenden Küssen zu bedecken. Das Geräusch dieser Küsse übte auf Farny eine unerwartete Wirkung aus.
    Er stemmte sich am Tischrand hoch und sah in den dicken Rauch. Wirre Bilder schienen seine Augen zu belagern. Mit kreischender Stimme versuchte er diese Bilder in einen Sang zu rahmen:
    »Ach nur'n bißchen Liebe
Ach

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