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Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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wir«, schloß er, beiläufig, doch die Worte artikulierend, »demnächst mehr Authentisches über Monsieur David erfahren. Doña Lucías Mission in Paris ist erfüllt. Ich erwarte Doña Lucía in zwei Wochen zurück.«
    Goya sah, wie es im Gesicht Agustíns arbeitete. Er hatte also recht verstanden. Er selber war aufgerührt. Da kehrte sie zu Miguel zurück, als wäre nichts geschehen, und er nahm sie auf, als wäre nichts geschehen. Und was wurde aus dem Abate? Erst verließ sie den einen, dann den andern. So waren sie, die Cayetanas und die Lucías.
    In der Tat war zwei Wochen später Doña Lucía in Madrid.
    Sie lud ihre nächsten Freunde zu einer Tertulia. Es war die gleiche Gesellschaft wie an jenem Abend, da Manuel zum ersten Male Pepa gesehen hatte; nur der Abate fehlte.
    Lucía war so unbefangen, als käme sie von einem kurzen Landaufenthalt heim. Goya beobachtete sie aufmerksam. Sein Porträt war gut, es stimmte zu der Lucía von heute vielleicht noch besser als zu der früheren. Sie saß da, ein wenig maskenhaft, sonderbar verschmitzt, in beunruhigender Gelassenheit. Sie war eine untadelige große Dame, und dabei war die Luft des Abenteuers um sie noch dichter geworden. Etwas Gemeinsames war zwischen ihm, Francisco, und dieser Lucía.Beide gehörten sie unbestreitbar zu denen oben, doch lebte in ihnen beiden das Unten weiter, aus dem sie kamen.
    Lucía erzählte von Paris, aber sie sprach nicht von dem, was zu hören alle begierig waren, von dem Schicksal des Abate. Und ihre damenhaft liebenswürdige Kühle hielt vertrauliche Fragen ab.
    Später dann saßen Lucía und Pepa zusammen, enge Freundinnen wie früher, voll eines Einverständnisses, welches andere ausschloß. Man sah ihnen an, wie sie sich auf leise, vertrackte Art über die Unterlegenheit der Männer amüsierten. Soviel stand fest: wenn Lucía irgendwen wissen ließ, was zwischen ihr und dem Abate vorgefallen war, dann Pepa.
    Mit Francisco redete Lucía wenig. Sie pflegte nicht sehr deutlich zu sprechen, vielleicht war ihr die Unterhaltung mit dem Tauben zu mühselig. Vielleicht auch spürte sie, daß er sie besser kannte als die andern, und war vorsichtig. Er verargte ihr’s nicht.
    Er war angenehm erstaunt, als sie in der Folge häufig zu ihm kam, in seine Quinta. Da saß sie bei ihm und Agustín im Atelier. Sie nahm nach wie vor wenig Rücksicht auf seine Taubheit, sie sprach nicht deutlich und machte sich, wenn er was nicht verstanden hatte, nicht die Mühe, es ihm aufzuschreiben. Aber sie war sichtlich gerne bei ihm und schaute zu, wie er arbeitete.
    Manchmal auch kamen beide, Lucía und Pepa. Dann schwatzten sie miteinander oder saßen auch da, stumm und lässig.
    Agustín, trotz seiner Freundschaft und Verehrung für Francisco, spürte beim Anblick der beiden schönen Frauen die alte, neidische Erbitterung. Da war dieser Francisco, alt und taub, und immer noch liefen die Frauen ihm nach. Für ihn selber hatten sie keinen Blick. Dabei verstand er von Kunst mehr als irgendwer sonst in Spanien, und ohne ihn wäre Goya niemals Goya geworden. Überdies zeigte Francisco deutlich, wie wenig er sich aus den beiden Frauen machte. Im Grunde dachte er noch immer nur an jene Vornehme, die ihn ins Unglück gestürzthatte; sie, die Alba, deren Porträt er sich als einziges von all seinen Bildern zurückbehalten hatte, schaute herunter auf die beiden Frauen, und sie ließen es sich gefallen.
    Agustín, wenn er Lucía so unter dem Bild der Alba sitzen sah, begriff nicht, wie einer, der eine Lucía haben konnte, sich mit einer Alba begnügte. Die Alba wird immer und in jeder Verkleidung eine lächerliche Herzogin bleiben, selbst die Kunst eines Goya hat sie zu keiner Maja umschaffen können; sicherlich hat sie oft genug vor dem armen Francisco die Grandin herausgekehrt, ihn die sternenweite Distanz merken lassen von einem niedrigen Maler zur Herzogin von Alba und ihn in schwarze Wut getrieben. Diese Lucía aber ist eine wirklich große Dame geworden und dabei eine wirkliche Maja geblieben. Sie ist in Wahrheit unabhängig von der Meinung der Welt. Sie geht mit ihrem Abate nach Paris, wenn es ihr so beliebt, und wenn sie wieder Lust auf Madrid verspürt, kehrt sie ebenso unbekümmert zurück zu ihrem gelehrten Esel von Gemahl.
    Einmal, als Lucía ohne Pepa mit den beiden im Atelier war, sagte sie unvermutet: »Ich dachte, Sie seien mit unserm Abate befreundet. Ich finde es unfreundschaftlich, daß Sie sich nicht ein einziges Mal nach ihm erkundigt haben.«

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