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Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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dich selbstverständlich«, sagte nach einer Weile Agustín. Im stillen hatte Goya immer mit dem Gedanken gespielt, Agustín um seine Begleitung zu bitten, aber es wäre ihm schwergefallen; denn es gehörte Mut dazu, den Bedrohten an die Stätte zu begleiten, wo er seine Warnung empfangen sollte. Nun Agustín sich ihm anbot, murmelte er etwas Ablehnendes, war ihm dankbar, nahm seine Begleitung an.
    Der Großinquisitor hatte, nachdem vermutlich die Regierung einem Autodafé in Madrid selber nicht zustimmte, mit gutem Bedacht die Stadt Tarragona gewählt. Der Name dieser Stadt nämlich ließ jeden Spanier an einen der größten Triumphe der Inquisition denken.
    Das war im Jahre 1494 gewesen. Damals wütete in Barcelona die Pest, und der Inquisitor von Barcelona, de Contreras, floh mit seinen Beamten nach Tarragona. Die Behörden erschienen am Stadttor, stellten dem Inquisitor vor, wenn sie ihm den Aufenthalt in der Stadt erlaubten, würden auch Beamte des Königs verlangen, daß sie von der Quarantäne ausgenommen würden. Der Inquisitor erwiderte, er gebe den Herren eine Bedenkzeit von drei Misereres. Wenn sich dann die Tore nicht öffneten, werde er die Stadt mit Exkommunikation und Interdikt belegen. Er betete dreimal das Miserere und hieß den Notar des Heiligen Tribunals ans Stadttor klopfen. Als sich dieses nicht auftat, zog er sich in das nahe gelegene Dominikanerkloster zurück, schrieb dort die Urkunde der Exkommunikation, ließ sie an den Toren von Tarragona anschlagen. Eine Woche später teilte Tarragona dem Inquisitor mit, die Stadt stehe ihm offen. Nun aberverlangte der beleidigte Priester, daß alle Würdenträger und führenden Bürger feierlich Buße tun sollten. Die Stadt mußte sich fügen. In Gegenwart des Vizekönigs von Katalonien fanden sich die Behörden und alle angesehenen Bürger von Tarragona vor dem thronenden Inquisitor in der Kathedrale ein, im Schandkleid, Kerzen in den Händen, auf solche Art sich und ihren Nachkommen untilgbaren Schimpf zufügend.
    Um dieses Geschehnis allen Sündern ins Gedächtnis zurückzurufen, hatte die Inquisition die Stadt Tarragona ausersehen für das Autodafé des Abate.
    Nach langer, umständlicher Reise trafen Goya und Agustín in Tarragona ein, sehr rechtzeitig. Sie stiegen in einer einfachen Posada ab, und Francisco meldete sich im erzbischöflichen Palais, im Palacio del Patriarca. Er wurde aber nur von einem Vikar empfangen. Der erklärte, das Autodafé werde am übernächsten Tage stattfinden, im großen Beratungssaale des erzbischöflichen Palais, und trocken fügte er hinzu, es werde dem Herrn Ersten Maler des Königs sicherlich von Nutzen sein, dem Schauspiel beizuwohnen.
    Francisco war nie in Tarragona gewesen. Er und Agustín besichtigten die Stadt, die ungeheuern Mauern, die Zyklopenwälle, lange vor der Römerzeit errichtet, die zahllosen römischen Altertümer und die Kathedrale, die herrliche, uralte, mit ihren Kreuzgängen und Toren, mit ihren römischen Säulen und heidnischen Skulpturen, die naiv ins Christliche umgemeißelt waren. Goya hatte seine Freude an den Späßen, die sich da und dort ein längst verwester Bildhauer gemacht hatte. Lange und schmunzelnd stand er vor der gemeißelten Geschichte jener Katze, die sich scheintot von den Mäusen zu Grabe tragen läßt, um dann, als sich ihrer genügend viele versammelt haben, über sie herzufallen. Wahrscheinlich hatte die Geschichte seinerzeit, als der alte Künstler sie in den Stein metzte, ihren gar nicht so harmlosen Nebensinn gehabt. Goya zog das Schreibheft hervor und zeichnete auf seine Art die Geschichte von der Katze.
    Er ging mit Agustín zum Hafen, in die Lagerhäuser. Tarragona war weit berühmt für seine Weine, seine Nüsse, sein Marzipan. In einem riesigen Raum sortierten Mädchen Nüsse aus, sonderten die guten von den tauben, warfen die tauben unter den Tisch, die guten in Körbe auf ihrem Schoß. Die Arbeit ging ihnen mechanisch und überaus schnell von der Hand, sie schwatzten dazu, lachten, sangen, ja rauchten. Es waren ihrer wohl an die zweihundert, der große Raum rauschte von Leben, Goya vergaß das Autodafé, zeichnete.
    Am andern Tage dann, des Morgens, stellte er sich im Beratungssaale des Palacio del Patriarca ein. Der Saal war groß, modern, nüchtern. Von den Geladenen schienen die meisten aus Tarragona oder aus der nahe gelegenen Hauptstadt Kataloniens, Barcelona. Daß man Francisco aus dem fernen Madrid herbeizitiert hatte, schien bedrohlich, man betrachtete

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