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Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Siedlungen zu errichten, »nuevas poblaciones«. Mit Hilfe des bayrischen Obersten Thürriegl siedelte er dort an die zehntausend Bauern an, zumeist Deutsche, auch Seidenwurmzüchter und Seidenweber aus Lyon. Er selber wurde zum Gouverneur der Landschaft ernannt, und er erhielt weitgehende Vollmachten. Es wurde ihm erlaubt, seiner Kolonie eine liberale Verfassung zu geben. Es wurde ihm zugestanden, daß die neuen Siedler Pfarrer aus ihrer früheren Heimat mitbringen durften; selbst Protestanten wurden zugelassen. In wenigen Jahren machte Olavide die Wüste zu einer blühenden Landschaft mit Weilern, Dörfern, kleinen Städten, Gasthöfen, Werkstätten, Fabriken.
    Nun hatten pfälzische Siedler einen Kapuziner mitgebracht, auf daß er ihre Seelen betreue, den Bruder Romuald von Freiburg. Dieser vertrug sich nicht mit dem liberalen Olavide. Als sich die Streitigkeiten mehrten, bezichtigte ihn Romuald bei dem Heiligen Tribunal als einen Atheisten und Materialisten. Im geheimen und, wie es Vorschrift war, ohne daß Olavide darum wußte, verhörte die Inquisition Zeugen und sammelte Material. Doch wagte man nicht, formelle Anklage gegen den hoch angesehenen Mann zu erheben. Allein die Mesta hatte einen mächtigen Protektor in dem Erzbischof Despuig von Granada. Er und der Beichtvater des Königs, der Bischof von Osma, wirkten dahin, daß Carlos eine zögernde Erklärung abgab, er werde der Inquisition nicht imWege stehen, wenn sie, um die Verdunklung des Tatbestandes zu hindern, Olavide verhafte.
    Das alles war geschehen, bevor Don Manuel zur Macht kam. Ein strenger Großinquisitor war abgelöst worden von einem liberalen, dieser von dem noch liberaleren Sierra, und alle die Zeit hindurch war Olavide in den Kerkern der Inquisition geblieben. Man hatte das Heilige Offizium nicht diskreditieren wollen durch seine Freilassung, hatte ihn aber auch nicht verurteilt.
    Der dreiundvierzigste Großinquisitor, eben Don Francisco Lorenzana, war ein Mann anderen Schlages als seine Vorgänger. Er beschloß, dem Ketzer Olavide das Urteil sprechen zu lassen. Das wird den Spöttern auch in den höchsten Ämtern eine Warnung sein, daß die Inquisition noch lebte und waltete.
    Lorenzana hatte die Unschlüssigkeit Don Manuels erkannt. Trotzdem wollte er sich decken durch Beistand des Vatikans; er war gewiß, bei dem energischen Pius dem Sechsten Verständnis zu finden. Er halte es für seine Pflicht, schrieb er dem Papst, die Verbrechen des Olavide in einem Autodafé zu sühnen. Andernteils werde bei dem gottlosen Zustand der Welt die öffentliche Verurteilung eines von den Philosophastern so geschätzten und geschützten Ketzers Angriffe hervorrufen sicherlich auf die spanische Inquisition und vermutlich auf die Kirche der ganzen bewohnten Welt. Er bitte den Heiligen Vater um Weisung.
    Der Abate, einer der Sekretäre des Heiligen Offiziums, erfuhr von dem Plane des Großinquisitors. Er und Don Miguel bestürmten den Príncipe de la Paz, er solle Vorsorge treffen und dem Lorenzana rechtzeitig erklären, die Regierung werde ein solches Autodafé nicht dulden.
    Für einen Augenblick war Manuel bestürzt. Aber noch immer wollte er dem offenen Kampf mit Lorenzana aus dem Wege gehen. Pablo Olavide, erklärte er, sei verhaftet worden unter dem fortschrittlichen Ersten Minister Aranda, und der König habe das Vorgehen der Inquisition gebilligt. Unterdiesen Umständen sei es nicht seines Amtes, die Verurteilung zu verhindern. Im übrigen glaube er, Lorenzana wolle die Regierung nur einschüchtern, er werde, wenn überhaupt, das Urteil hinter verschlossenen Türen verkünden lassen, nicht in einem Autodafé. Er dachte an Pepa, blieb taub vor den Beschwörungen Miguels, verharrte in lässiger Selbstsicherheit.
    Don Miguel und Don Gaspar und
    Don Diego, der Abate,
    Saßen kummervoll, voll Unmut,
    Und berieten. Sie beschlossen,
    Ihre Zuflucht zu dem Maler
    Don Francisco, ihrem Freund, zu
    Nehmen; denn in diesen Wochen
    Malte er an einem Bild des
    Fürsten de la Paz für Pepa
    Tudó.

4
    Goya war tief verstrickt in seine Passion für Cayetana. Er hatte gefürchtet und gehofft, seine Leidenschaft, so unbegreiflich schnell gekommen, werde ebenso rasch verwehen; mehrmals war es geschehen, daß er sich in eine Frau maßlos verliebt glaubte, um nach zwei oder drei Wochen zu staunen, was er an ihr hatte finden können. Aber Cayetana war ihm jedesmal ein Neues, er lernte sie nicht aus. Er hatte mit seinem genauen Malerauge alle Winzigkeiten ihres äußern

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