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Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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»dürfte es Paris genügen, wenn Sie persönlich versprächen, die gewünschte Allianz zustande zu bringen.«
    Don Manuel sah hoch. »Ich persönlich?« fragte er angenehm überrascht. »Ja, Señor«, bestätigte Don Miguel. »Falls Sie ein eigenhändiges Schreiben mit einer solchen Zusicherung, vertraulich natürlich, an einen der Direktoren richteten, sagen wir an den Abbé Sieyès, dann würde die Republik nicht länger auf den beiden störenden Klauseln bestehen.«
    Die Bedeutung, die man seiner Person in Paris beimaß, schmeichelte Don Manuel. Er getraue sich, sagte er der Königin, einen leidlichen, ja einen ehrenvollen Frieden zustande zu bringen, wenn man ihn ermächtige, in einen nicht offiziellen persönlichen Meinungsaustausch mit den Pariser Herren zu treten. María Luisa war skeptisch. »Ich glaube, du überschätzest dich, Pico, mein Kleiner«, antwortete sie. Don Manuel war gekränkt. »Gut, Doña María Luisa«, sagte er, »dann überlasse ich die Rettung des Reiches Ihnen«, und trotz des Drängens Don Miguels schickte er das Schreiben an den Abbé Sieyès nicht ab.
    Die Franzosen, des langen Feilschens müde, gaben ihrem General Perignon Order vorzurücken. In raschem Siegeszug nahm die republikanische Armee Bilbao, Miranda, Vitoria, drang vor bis an die Grenzen Kastiliens. Panik war in Madrid.Gerüchte gingen, der Hof rüste sich zur Flucht nach Andalusien. »Ich werde Sie retten, Madame«, erklärte Don Manuel, »Sie und Spanien.« Und er schrieb.
    Eine Woche später wurde der vorläufige Friedensvertrag unterzeichnet. Frankreich begnügte sich mit der Abtretung des spanischen Teils der Antillen-Insel San Domingo und verzichtete auf die baskische Provinz. Auch stimmte die Republik dem spanischen Vorschlag bei, daß die Kriegsentschädigung über zehn Jahre verteilt und in Naturallieferungen bezahlt werden solle. Ferner verpflichtete sich die Republik, die Prinzessin Marie-Thérèse, Tochter Louis’ des Sechzehnten, auszuliefern, freilich nach Österreich.
    Ein ungeheures Staunen war im Land und ein großer Jubel, daß man aus dem verlorenen Krieg so gut wie ohne Gebietsabtretung herauskam. Dieser Manuel Godoy! »Du bist mir einer«, sagte Don Carlos und schlug ihm kräftig die Schulter. »Soll ich dir sagen, wie ich es zuwege gebracht habe?« fragte Manuel die Königin. Aber: »Nein, nein«, sagte sie; sie ahnte die Zusammenhänge und wollte sie nicht wissen.
    Da der günstige Friede allein Don Manuel zu verdanken war, wurden ihm Ehrungen zuteil, wie sie seit langem nicht verliehen worden waren. Es wurde ihm als Geschenk eine Staatsdomäne bei Granada überschrieben, er wurde ernannt zum Príncipe de la Paz, zum Fürsten des Friedens, und zum Generalissimus aller Armeen des Reichs.
    In der Uniform des Generalissimus stattete er dem Herrscherpaar seinen Dank ab. Prall um die Schenkel saßen ihm die weißen Hosen, strotzend umschloß der Rock seine Brust; vom Hut, den er unterm Arm trug, wippte üppig die Feder. »Großartig siehst du aus«, sagte Don Carlos, und schnell fügte er hinzu: »Bedecke dich.« Nur die zwölf Ersten Granden des Reichs hatten Anspruch, den Hut aufzusetzen, bevor sie geantwortet hatten. Die Granden der Zweiten Reihe durften sich erst nach der Antwort bedecken, die der Dritten erst, wenn sie zum Sitzen aufgefordert waren.
    Doña María Luisa ahnte, daß nicht Manuel selber diesenFrieden herbeigeführt hatte, sondern seine Ratgeber, die verdächtigen, aufgeklärten, rebellischen Afrancesados, die Französlinge, und daß das scheinbar so glänzende Ergebnis neue Kriege und unabsehbare Folgen, wahrscheinlich schlimme, nach sich ziehen werde. Immerhin, vorläufig war es ein Friede in Glanz und Ehren, und Manuel zeichnete für ihn. Sie selber hatte den jungen Menschen in diese Uniform gesteckt, aber sie konnte sich nicht helfen, er imponierte ihr in seiner neuen, männlichen Pracht, ihr Herz schlug ihm entgegen.
    Zwölf Granden der Ersten Reihe gab es noch, Abkömmlinge solcher Geschlechter, die seit Sancho dem Großen, seit neunhundert Jahren also und mehr, auf der Halbinsel herrschten; sie redeten einander mit dem brüderlichen Du an. Jetzt, da die Gnade des Königs ihn, den Príncipe de la Paz, diesen Höchst-Adeligen als dreizehnten beigesellt hatte, überwand Manuel die angestammte Ehrfurcht und sagte du zu den Herzögen von Arcos, Béjar, Medina Sidonia, Infantado und wie sie sonst hießen. Ein winziges Erstaunen zeigten sie, dann gaben sie ihm das Du zurück; er war

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