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Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Titel: Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yang Jisheng
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entfaltet.

Maos Kritik am »Widerstand gegen die Überstürzung«
    Im zweiten Halbjahr 1957 waren der »Polenzwischenfall« und der »Ungarnzwischenfall« für die sozialistische Internationale bereits Geschichte, innenpolitisch war der Kampf gegen Rechtsabweichler beendet, »der erste Fünfjahresplan« war zu einem Ende gebracht, in den ländlichen Gebieten herrschte der Massenenthusiasmus für die Winterernte und die Wasserbauprojekte. Die Zeit war reif, Mao Zedong holte zum Gegenschlag aus.
    Am 9. Oktober 1957 verkündete Mao auf der dritten Vollversammlung der achten Mitgliederversammlung des Zentralkomitees:
»Im vergangenen Jahr sind einige Dinge vom Tisch gewischt worden. Eines davon war das Mehr, Schneller, Besser und Sparsamer. […] Schneller und mehr, das war nicht beliebt, einige Genossen haben von ›Überstürzung‹ gesprochen […] Aber wir wollen noch immer möglichst viel erreichen und das möglichst schnell, man muss sich nur gegen das ›Mehr‹ und ›Schneller‹ des Subjektivismus wenden. Im letzten Halbjahr des vergangenen Jahres hat ein Wind diese Parolen vom Tisch gefegt, aber ich will wieder dorthin zurück. Ich bitte alle, doch einmal darüber nachzudenken.
Außerdem wurde der Grundriss für die vierzig Punkte für die Entwicklung der Landwirtschaft vom Tisch gewischt. Diese vierzig Punkte haben seit letztem Jahr einigen nicht geschmeckt, jetzt kommen sie wieder auf den Tisch.
Des Weiteren kam die Förderung der Komiteeversammlungen vom Tisch. Ich habe bereits die Frage gestellt, ob die Komiteeversammlungen […] auf allen Ebenen des Volkes dem Wesen der Kommunistischen Partei nach gefördert oder zurückgedrängt werden müssen. Sie sollten gefördert werden. Meiner Ansicht nach hat die Guomindang Komiteeversammlungen zurückgedrängt, die Kommunistische Partei fördert sie. Der angesprochene Wind hat das im vergangenen Jahr vom Tisch gefegt, ob man das wohl jetzt wieder auf den Tisch bringen kann? Wenn ihr alle damit nicht einverstanden seid, wenn ihr unbedingt die Komiteeversammlungen zurückdrängen wollt, wenn ihr alle das wollt, dann kann ich auch nichts machen […] es ist die Allianz um Zhang und Luo, die uns zurückdrängen wollen.« [371]  
    Mao Zedong bezeichnete die Kritiker seiner Politik der Überstürzung als solche, die die »Komitees zurückdrängen« und scherte sie mit der Guomindang und der rechtsabweichlerischen »Allianz von Zhang und Luo« über einen Kamm. Das war eine Formulierung von gewaltiger Vernichtungskraft. Nachdem er den Widerstand gegen den überstürzten Aufbau der Wirtschaft kritisiert hatte, wandte sich Mao der Politik zu. Ohne Regung in Stimme und Mimik verneinte er die Einschätzung des wesentlichen inneren Widerspruchs im chinesischen Volk, wie er aus dem Beschluss der »achten Vollversammlung« hervorging. Er sagte:
»Der Widerspruch zwischen der Klasse des Proletariats und der kapitalistischen Klasse, der Widerspruch zwischen dem Weg des Sozialismus und dem Weg des Kapitalismus ist ohne jeden Zweifel der Hauptwiderspruch in unserem Land […] gegenwärtig leben wir in der sozialistischen Revolution, und die Speerspitze dieser Revolution richtet sich gegen die kapitalistische Klasse […] Zusammengefasst heißt das, es ist der Konflikt zwischen dem Weg des Sozialismus und des Kapitalismus. Die »achte Vollversammlung« hat in ihrem Beschluss diese Frage nicht gestellt. In ihrem Beschluss steht ein Abschnitt, demzufolge der Hauptwiderspruch zwischen dem fortschrittlichen Gesellschaftssystem und den rückständigen Produktionskräften liegt. Diese Ansicht ist nicht richtig.« [372]  

    Ein einzelner Mann warf mit einer Handbewegung den Beschluss einer nationalen Parteidelegiertenkonferenz über den Haufen, nicht ein Einziger ist aufgestanden und hat sich dem widersetzt. Vor der Rede Mao Zedongs hatte Zhou Enlai noch an seinem Standpunkt von der »gleichzeitigen Bekämpfung von rechtem Konservativismus und linker Überstürzung« festgehalten. Als Mao Zedong die Stimme senkte, lief es den ehemaligen Gegnern seiner Politik eiskalt den Rücken hinunter. Hier wurde offensichtlich, dass die »Kampfgefährten«, die an Maos Seite arbeiteten, willfährige Vasallen waren, Vasallen, die sich kritiklos jeder seiner Meinungen anschlossen und sie zum ehernen Gesetz erhoben.
    Die überwiegende Mehrheit der Parteikader war auf Klassenkampf spezialisiert, man musste das Wort nur aussprechen und sie gerieten in fanatische Begeisterung, sie brannten darauf, sich

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