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Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Titel: Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yang Jisheng
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verlassen.
    Die Produktionsbrigade organisierte eine aus zwölf Leuten bestehende Untersuchungstruppe, die die Häuser der Mitglieder der Volkskommune alle drei Tage inspizierten. Unter den 25 Parteimitgliedern der Produktionsbrigade haben 21 an Misshandlungen teilgenommen. Die Leute von der Volkskommune bezeichneten das Büro der Produktionsbrigade als »Tempel des Höllenfürsten«. Die Produktionsbrigade bestand aus ingesamt 346 Haushalten, davon sind 39 ausgestorben, von den ursprünglich 1496 Menschen sind 555 ums Leben gekommen, davon sind 490 verhungert, 55 totgeschlagen und 10 in den Tod getrieben worden, 438 wurden zusammengeschlagen. [32]  
    Das Provinzkomitee der KPCh für Henan berichtete daraufhin: »In diesem Gebiet gibt es 50000 Kader auf Produktionsbrigadenebene und höher, davon haben sich nicht weniger als 50 Prozent illegale Handlungen und Disziplinarvergehen zuschulden kommen lassen. Eine Zeitlang war es regelrecht Mode, Menschen zu schlagen, die Zahl der Erschlagenen, in den Tod Getriebenen, zu Krüppeln Geschlagenen geht in die Zehntausende, die überwiegende Mehrheit der Volkskommune und Brigaden hat Gefängnisse und Umerziehungsbrigaden eingerichtet, wo willkürliche Verhaftungen und Inhaftierungen an der Tagesordnung waren.« [33]  
    Der Terror von Hunger und Tod
    Durch die Zwangseintreibung des Getreides kam es im September 1959 zu ersten Getreideengpässen bei den Volksküchen. Daraufhin aß man mehr Gemüse und weniger Getreide; Arbeitskräfte bekamen Getreide, wer nicht arbeitete, bekam Gemüse. Es gab eine oder zwei Mahlzeiten am Tag, später gab es in manchen Volksküchen eine Mahlzeit alle paar Tage. Im Oktober und November stellten die Volksküchen überall den Betrieb ein. Mitte November lag bei den 291 Volksküchen der 122 Produktionsgruppen der zwölf Produktionsbrigaden der Volkskommune Taolin im Kreis Huangchuan der Mangel an Getreide bei 100 Prozent, über 80 Tage lang gab es nichts. Mitte September (nach dem Bauernkalender am 13. Tag des achten Monats, zwei Tage vor dem Mittherbstfest) wurden in der Produktionsbrigade Wuji die Getreidezuteilungen an die Volksküchen ganz eingestellt, Mitte Oktober hatten sämtliche Volksküchen der Brigade den Betrieb eingestellt. In der ganzen Volkskommune stand keine lebende Ulme mehr, es war alles kahlgefressen.
    Die Volkskommune von Taolin bestand im September 1959 aus 7645 Haushalten mit 34897 Menschen. Im Mai 1960 waren davon noch 6953 Haushalte mit 29438 Menschen übrig. 5459 Menschen hatten den Tod gefunden, das macht eine Sterblichkeitsrate von 15,64 Prozent. 692 Haushalte verschwanden ganz.
    In der Produktionsbrigade von Hepi lag die Sterblichkeit bei 24,9 Prozent, bei den Arbeitskräften lag sie sogar bei 49 Prozent. Über 80 Tage ohne etwas zu essen: Die Mitglieder der Volkskommune magerten zunächst ab, dann bekamen sie Ödeme, magerten weiter ab, bis sie schließlich starben. Die geschwächten Menschen erbrachen Wasser, wenn sie dem Tode nahe waren. Zwei Charakteristika gab es für diese Todesart: Die Sterbenden hatten kein Fieber, im Gegenteil, ihre Körpertemperatur sank, und sie konnten kurz vor dem Tod etwas essen, manch einer schrie sogar nach etwas Essbarem.
    Als Yang Chunshan vom Straßenbauteam der Produktionsbrigade Wuji den Tod nahen fühlte, warf er aus Angst, niemand werde sich um sie kümmern, seine beiden drei und vier Jahre alten Kinder in einen Graben, wo sie ertranken, dann starb er selbst. [34]  
    Nach Einstellung der Getreidelieferungen haben die Volksküchen alle möglichen Ersatznahrungsmittel ausprobiert:
    Man aß Reisstroh. Reisstroh ist ein Material, mit dem man Häuser deckt, aus dem man Seile dreht, das als Futter für Rinder und Pferde dient. Jetzt zerhackten sie das Reisstroh zunächst mit dem Häckselmesser, packten es in große Töpfe und rösteten es, bis es ganz trocken war, dann kam es wieder auf eine Mahlwalze aus Stein, wo man es zu Pulver zermahlte und das Pulver noch einmal durch ein Sieb laufen ließ, bis es aussah wie Mehl, dem man schließlich noch 30 Prozent getrocknete Süßkartoffeln untermischte und daraus Brötchen machte.
    Man aß die Stängel von Maispflanzen. Diese Stängel waren eigentlich das Brennmaterial, mit dem die Bauern kochten. In normalen Jahren hat nicht einmal das Vieh diese Stängel gefressen, jetzt wurden sie zu Nahrungsmitteln. Gegessen wurden sie folgendermaßen: Man schälte die äußere Haut ab, tat sie in einen Topf, röstete sie trocken, schnitt

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