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Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Titel: Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yang Jisheng
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gestellt wurde. Lin Biao, Zhou Enlai und Chen Boda, die ihm auf der Konferenz der Siebentausend die Stange gehalten hatten, wurden zu seinen Hauptstützen während der Kulturrevolution.

Die Westgebäude- und die Mai-Konferenz
bringen Mao Zedong weiter auf
    Kaum war die Konferenz der Siebentausend beendet, als sich Mao nach Wuhan begab. Liu Shaoqi berief am 21. Februar 1962 im Konferenzraum des Westgebäudes des Regierungsviertels Zhongnanhai eine erweiterte Konferenz des Ständigen Ausschusses des Politbüros ein.
    Die Westgebäude-Konferenz schätzte die Situation als viel ernster ein, als dies die Konferenz der Siebentausend getan hatte. Chen Yun zählte eine Reihe von Problemen auf: Der gigantische Produktionseinbruch der Landwirtschaft, der Basisaufbau überstieg die finanziellen und materiellen Möglichkeiten des Landes, die Inflation, die Banknoten wanderten in großem Stil aus den Städten in die ländlichen Gebiete, der Lebensstandard der Stadtbevölkerung sank. [899]  
    Liu Shaoqi sagte, die Konferenz der Siebentausend »ist der schwierigen Lage nicht ausreichend auf den Grund gegangen, man wollte die Probleme nicht offenlegen, man hatte Angst, das dunkle Kapitel anzusprechen! Aber warum hat man Angst, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen? Wenn man ein dunkles Kapitel ansprechen würde, könnte das die Menschen pessimistisch machen, aber es könnte auch die Menschen dazu anspornen, gegen die Probleme anzukämpfen! […] Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Methoden. Wir müssen die Maßnahmen zur Neuausrichtung der Wirtschaft fortsetzen!« [900]  
    Die Westgebäude-Konferenz, die erweiterte Konferenz des Staatsrats vom 26. Februar und die erweiterte Sitzung des Ständigen Ausschusses des Politbüros vom 13. März schlugen ein ganzes Maßnahmenbündel zur weiteren Neuausrichtung der Wirtschaft und Überwindung der Krise vor. Am 14. März flogen Liu Shaoqi, Zhou Enlai und Deng Xiaoping eigens nach Wuhan, um Mao zu berichten. Mao stimmte der Ansicht der Mehrheit des Ständigen Ausschusses zu, er begrüßte auch die von Liu vorgeschlagene Finanz- und Wirtschaftskommission unter Vorsitz von Chen Yun. Aber er war der Auffassung, man dürfe die Situation nicht »zu schwarz malen«, außerdem fand er, der Haushaltssaldo sei falsch und verlangte eine nochmalige Prüfung.
    Vom 7. bis zum 11. Mai führte Liu Shaoqi den Vorsitz bei einer Arbeitstagung des Zentralkomitees, allgemein als »Mai-Konferenz« bezeichnet. Der zentrale Fragenkomplex bei dieser Tagung war die Disposition zu einer Umsetzung des neuausgerichteten Wirtschaftsplans. Mao Zedong hatte ja bereits verlangt, dass man die Situation nicht zu schwarz malen dürfe, doch Liu verlangte, dass man die Probleme vollständig bewerten solle. Er war der Auffassung, dass »auf das Ganze gesehen, die Lage der Wirtschaft nicht besonders gut ist, die Lage ist eher schwierig«. »Das Fundament ist nicht stabil, wenn es schwierig wird, wird sich womöglich auch die politische Situation verschlechtern.« Er betonte: »Ich habe bei der Einschätzung der Schwierigkeiten ein wenig übertrieben, die Gefahr ist nicht groß […] doch weil wir viele Jahre nicht genug bewertet haben, sind wir in die Defensive geraten. Ein Mitglied der Kommunistischen Partei mit revolutionärem Geist muss sich den Schwierigkeiten in vollem Umfang stellen.« [901]  
    Hat sich hier Liu Shaoqi mit voller Absicht gegen Mao gestellt? Nicht ganz.
    Bei dem hochzentralisierten Wirtschaftssystem, wie es damals in China herrschte, waren bei den Gesamteinnahmen und -ausgaben das Gesamtaufkommen und die Gesamtverteilung von materiellen Gütern wichtig. Einige erste Provinzsekretäre haben einerseits vor Mao die Situation als ausgezeichnet beurteilt, andererseits haben sie in den Arbeitsabteilungen des Zentralkomitees eine Verringerung der Ankaufquoten verlangt. Deshalb hatten die Führungsleute des Zentralkomitees, die für die praktische Arbeit zuständig waren, immer den Eindruck, die Schwierigkeiten seien enorm. [902]  
    Die Westgebäude- und die Mai-Konferenz haben sich nach dem Leitgedanken Liu Shaoqis, dass »der Staat sich weit genug zurückziehen« müsse, und nach Chen Yuns Auffassung von den relativ grundlegenden »ungewöhnlichen« Maßnahmen alle Mühe gegeben, die Volkswirtschaft von dem Kurs des Großen Sprungs der letzten drei bis fünf Jahre auf einen harmonischen, stetigen und stabilen Kurs hin neu auszurichten. Die Stadtbevölkerung ging 1962 noch einmal um zehn

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