Grace - Die Biographie
empfangen, hat für uns gekocht und war für uns da, aber sie legte auch großen Wert auf Disziplin.
Hat Ihre Mutter Ihnen viel von ihren Eltern erzählt, Ihren Großeltern?
Ja, allerdings vor allem von meinem Großvater John B. Kelly, weil ich ihn ja praktisch gar nicht kannte. Er starb, als ich zwei war. Leider – ich habe das immer sehr bedauert, dass ich ihn nie richtig kennengelernt habe, mich nicht mit ihm unterhalten konnte. Er ist ja eine Legende, nicht nur in unserer Familie, sondern überall in den USA. Und er war auch ein sehr großherziger Mann, er besaß echten Unternehmergeist. Er hat es ganz allein zu etwas gebracht, in einem Land, in dem er nicht geboren war, er hat ziemlich schnell Karriere gemacht. Außerdem glaube ich, dass diese Seite der Familie, die irische Seite, ganz wichtig ist. Wir sind alle sehr stolz auf dieses Erbe, so wie wir auch auf die deutsche Seite stolz sind. Das hat auch viel zum Wesenszug der Großzügigkeit beigetragen, denn die Iren sind ja oft sehr großzügig im Geist und im Herzen – das wäre also ein weiterer Aspekt. Sprach Ihre Mutter auch ein bisschen Deutsch?
Ja, ein bisschen schon. Wissen Sie, sie hat uns das erklärt: Meine Großmutter hat natürlich versucht, ihnen Deutsch beizubringen. Aber damals gab es großen Widerstand gegen den Krieg. Und vor allem in den Kriegsjahren herrschte einfach eine ganz andere Haltung. Wahrscheinlich hat sie uns Kinder – Stéphanie nicht mehr so sehr, obwohl sie auch ein bisschen Deutsch versteht, aber Caroline und mich – dann doch ermuntert, Deutsch zu sprechen, weil sie es selbst so früh wieder aufgeben musste. Ich habe also hin und wieder ein paar Worte auf Deutsch zu meiner Großmutter gesagt. Aber sie wollte das eigentlich nicht mehr sprechen, kein einziges Gespräch wollte sie führen. Sicher auch, weil sie mit den Jahren selber etwas aus der Übung gekommen war. Aber manchmal hat sie es eben uns zuliebe noch getan.«
Hat Ihre Mutter mit Ihnen darüber gesprochen, dass sie schon sehr früh unbedingt Schauspielerin werden wollte?
Manchmal, ja. Anfangs erzählte sie immer, dass sie vor allem ein großes Interesse am Theater hatte. Und das war ja erst einmal auch, wie für die meisten Schauspieler, eine wunderbare Übung, wie sie jeder Schauspieler braucht, live vor Publikum zu spielen. Diese Phase hat ihr wirklich großen Spaß gemacht, das Spielen, die Jahre am Theater. Und natürlich war sie auch auf der American Academy of Dramatic Arts. In dieser bewegten Zeit bekam sie viele verschiedene Angebote, sammelte großartige und unterschiedliche Erfahrungen am Theater. Ich glaube, sie hat es richtig genossen, Rollen zu lernen, Stücke zu lernen, zu spielen, und sowohl die Regisseure als auch die anderen Schauspieler wollten, dass sie weitermacht. Aber es stimmt schon, dass sie anfangs … – Als ich meine Großmutter einmal danach gefragt habe, hat sie mir erzählt, dass keiner in der Familie ernsthaft daran geglaubt hat, sie würde wirklich Schauspielerin werden. Sie war ziemlich schüchtern, und sie war zwar sehr begabt, hatte aber eigentlich nicht die typischen Eigenschaften einer Schauspielerin. Ich glaube aber, es hat ihr geholfen, ihre Schüchternheit zu überwinden.
Würden Sie es als eine Art Berufung bezeichnen?
Nun, in gewisser Weise schon. Es war dann doch sehr schnellziemlich offensichtlich, dass sie diese Laufbahn einschlagen würde. Und ich glaube auch nicht, dass sie irgendetwas anderes aus ihrem Leben hätte machen wollen.
Hat sie Ihnen von den Filmen erzählt, die sie gedreht hat?
Ja, dazu habe ich sie auch viel gefragt. Ich glaube, ich war von uns drei Kindern derjenige, der am meisten darüber wissen wollte. Wie war das alles? Wie war Clark Gable? Wie war James Stewart? Und Cary Grant? Cary Grant habe ich natürlich auch kennengelernt – und Alfred Hitchcock. Das war schon alles sehr spannend. Und es hat mich einfach interessiert, sogar noch mehr, als ich dann am Amherst (College in Massachusetts) Filmkritik-Seminare hatte, ich habe dort neben Politik auch Film- und Literaturwissenschaft studiert. Sie hat sich gefreut, dass ich mich dafür interessiere. Aber wahrscheinlich habe ich danach nur noch mehr Fragen gehabt, als ich diese Seminare belegt habe. Sie wollte uns vor allem nicht damit langweilen. Obwohl sie natürlich sehr stolz darauf war, was sie geleistet hatte, wollte sie doch mehr ihre aktuellen Tätigkeiten in den Vordergrund stellen und nicht die Geschichten aus der Vergangenheit. Aber
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