Grace - Die Biographie
praktisch klinisch tot. Es besteht keinerlei Hoffnung mehr.
Die Familie kommt, um Abschied zu nehmen. Nachdem sich Sohn Albert und Tochter Caroline von ihrer Mutter verabschiedet haben, bleibt Rainier allein bei seiner Frau zurück. Sie haben sechsundzwanzig gemeinsame Jahre hinter sich. Am Mittag schließlich erteilt Rainier den Ärzten die Erlaubnis, die Geräte abzustellen, die seine Frau bisher künstlich am Leben hielten. Es ist eine schwere Entscheidung in einer einsamen Stunde.
Am 14. September 1982 um 22.35 Uhr stirbt die Schauspielerin Grace Kelly, die Fürstin von Monaco, Gracia Patricia, viel zu jung, im Alter von nur zweiundfünfzig Jahren.
Nun erfährt es die Weltöffentlichkeit.
Eine Legende ist geboren.
Der offene Sarg von Gracia Patricia wird in der Schlosskapelle des auf dem Felsen gelegenen Fürstenpalastes von unzähligen Menschen aufgesucht, um einen letzten Blick auf sie werfen zu können. Um Abschied zu nehmen von ihrer Fürstin, ihrer Landesmutter. Abschied auch von der legendären Schauspiel- und Stilikone. Drei Tage wird sie dort aufgebahrt sein. Am 18. September wird der Sarg von der Schlosskapelle in einer Zeremonie mehrere hundert Meter hinüber zur Kathedrale Notre-Dame-Immaculée, Saint Nicholas, getragen, und in regelmäßigem Abstand ist eine Glocke zu hören, die jeweils nur einmal schlägt. Es ist ein Glockenschlag, der durch Mark und Bein geht und sich über den nur langsam vorankommenden Trauerzug legt.
Etwa einhundert Millionen Menschen sitzen weltweit vor den Fernsehbildschirmen – es ist ein in dieser Größenordnung nie dagewesenes mediales Massenereignis.
Unter den achthundert Trauergästen befinden sich Würdenträger aus aller Welt, langjährige Freunde und Teile ihrer Familie aus Philadelphia. Am 21. September schließlich wird FürstinGracia Patricia von Monaco im Chor in der Kathedrale beigesetzt. In jener Kathedrale, in der sich Grace Kelly und Fürst Rainier III. sechsundzwanzig Jahre zuvor am 19. April 1956 das Jawort gaben.
Die Monegassen stehen unter Schock, das kleine Fürstentum versinkt geradezu in Trauer. Eine globale Empathie setzt ein, eine phänomenale Welle der Trauer, vergleichbar etwa nur mit jener um John F. Kennedy im November 1963 oder jener um die im August 1997 in Paris bei einem tragischen Autounfall ums Leben gekommene Lady Diana. Und so wie Kennedy und Diana zu Ikonen der Moderne wurden, so wurden es ein James Dean und ein Elvis Presley, eine Marilyn Monroe und eine Romy Schneider. Oder, später, ein Michael Jackson, eine Amy Winehouse, eine Whitney Houston. Ihnen allen ist der allzu frühe Tod gemein. Ihre Legendenwerdung, ihre Ikonisierung ist allein schon dem Umstand geschuldet, nicht alt geworden zu sein, mitten im Leben gestanden zu haben, als es abrupt endete. Ihnen allen ist eine Singularität zu eigen, die sie ausmacht und abhebt von anderen ihrer Generation: Ihr Leben an sich ist ein Ausnahme-Phänomen. So wie das von Grace Kelly.
Für die Millionen anteilnehmenden Menschen ist Grace Kelly wie nur wenige andere »wie eine vollkommene Leinwand gewesen, auf die jeder seinen persönlichen Traum malen konnte« 6 , wie es einmal ihr langjähriger Freund Don Richardson formuliert.
Die Weltpresse überschlägt sich mit realen und vermeintlichen Neuigkeiten. Wie konnte die Fürstin durch einen schlichten Autounfall ums Leben kommen? Dieses scheinbar so banale, dunkle Ende scheint zu diesem scheinbar so glamourösen, hellen Leben nicht recht zu passen. Und dann musste sie just auf jener Serpentinenroute verunglücken, auf der sie einst, im Jahr 1954, mit gerade einmal vierundzwanzig Jahren, zusammen mit Cary Grant in Alfred Hitchcocks To Catch a Thief ( Über den Dächern von Nizza, 1955 ) entlangfuhr, ebenfalls mit viel zu hoher Geschwindigkeit.
Erste Spekulationen und Gerüchte um den Tod Grace Kellys und die eigentliche Todesursache kommen auf. Gerüchte, die besagen, die noch nicht volljährige siebzehn Jahre junge Stéphanie habe am Steuer gesessen. Gerüchte, die Mutter und ihre aufmüpfigeTochter hätten, wie so oft in letzter Zeit, auch bei der Autofahrt heftigst miteinander gestritten. Gerüchte, Grace habe gar keinen Schlaganfall gehabt, wie es seitens des Fürstenpalastes offiziell hieß, sie sei vielmehr unglücklich gewesen und daher absichtlich über die Klippe der Haarnadelkurve gerast. Gerüchte sogar, ihr Tod sei durch politische Intrigen herbeigeführt worden. Vom hoch spekulativen Charakter all dieser Theorien
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