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Graf Petöfy

Graf Petöfy

Titel: Graf Petöfy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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protestantisch und immer protestantischer, je mehr er sich dem freien Meere nähert.«
    »Um endlich darin unterzugehen«, schloß Feßler mit übrigens verbindlicher Handbewegung.
    »O nur keine Neckereien auf diesem Gebiet«, beschwor der Graf. »Ich plädiere für Schluß dieser Kriegsführung und will lieber von dem Ostseestädtchen hören, darin unsere Freundin das Licht der Welt erblickte. Das interessiert mich mehr. Ich denk es mir wie Vineta, poetisch, gruselig und ewig gefährdet. Hab ich recht?«
    »Je nach der Jahreszeit, wo Sie den Fuß auf unsere Schwelle setzen. Kommen Sie zur Sommerzeit, so sieht es aus wie dies Öslau, nur noch bunter und aparter und eigentlich auch noch hübscher und heiterer.«
    »Das ist unmöglich.«
    »Oh, Sie sollen selbst entscheiden. Da haben wir zunächst unsern Strom, dessen breite Wasserfülle schon die Nähe des Meeres ahnen läßt. Und keine tausend Schritte vor seiner Mündung, da wächst die Stadt auf und zieht sich einreihig an einem Pfahlwerk entlang, an dessen steil abfallender Wasserseite die Schiffe liegen, groß und klein, mit ihren vergoldeten Namen am Spiegel und einer überlebensgroßen, in Holz geschnittenen Figur am Bug. Auf dem breiten Damm aber, der dem Schlängellaufe des Flusses folgt, bewegen sich Handel und Verkehr wie unter einem Walde spalierbildender Maste. Denn zu beiden Seiten erheben sich diese Maste, sowohl auf den Schiffen wie vor den Häusern gegenüber.«
    »Und wie sind diese Häuser?«
    »Oft so niedrig, daß man die Hand aufs Dach legen kann. Aber immer frisch geweißt. Und auf dem hohen Dache, das meist dreimal höher ist als das eigentliche Haus, auf diesem Dach erhebt sich ein Giebel und auf dem Giebel eine Flaggenstange, daran ein langes schmales Band oder auch eine sich bauschende Flagge weht. Und keine Flagge dieselbe; denn in jedem dieser Häuser hat ein anderes Land seinen Sitz und seinen Schutz, und während über dem einen der österreichische Doppeladler flattert, flattert über dem andern der türkische Halbmond oder der chinesische Drache. Es gibt nichts Bunteres und Lachenderes als das Flaggen einer solchen Hafen und Handelsstadt. Und je kleiner, desto mehr. Denn gerade diese Kleinheit unterstützt den Effekt. Überall da, wo hohe gotische Giebel in ihrem finstern historischen Ernst aufragen, da verschwindet der heitere Flaggenschmuck in dem umherliegenden Dunkel; in den kleinen und kaum hundert Jahre alten Städten aber, die keine Geschichte haben und in ihrer Kleinheit und Sauberkeit fast aussehen, als wären sie gestern erst aus der Spielschachtel genommen, in ihnen ist die Flagge die Hauptsache, das flatternde Band am Hut, das dem Ganzen erst Ansehen und Charakter gibt.«
    »Und wie geht nun das Leben in solcher Flaggenstadt?«
    »So heiter wie die Flaggen, die drüber wehen. Ach, mir schlägt das Herz, wenn ich an die Tage zurückdenke, wo wir, Hannah und ich, mit unseren Mappen unterm Arm von der Schule her den Weg nach Hause machten. Es war immer ein weiter Weg und ging am Strom entlang, an dem die Schiffe schräg oder auch wohl mit ihrem Rumpfe nach oben lagen, um sie desto bequemer mit Werg ausstopfen und die Fugen mit Schiffsteer ausgießen zu können. Am Bollwerk hin aber und um geschwärzte, dreibeinige Grapen herum hockten Arbeiter und alte Matrosen und unterhielten das Feuer oder rührten in dem brodelnden Pech, dessen Qualm die Luft erfüllte.«
    »Hätte mir's appetitlicher gewünscht.«
    »Auch derlei gab es. Denn nicht überall wurde kalfatert, und viele Schiffe waren da, darauf außer dem Schiffshund nur noch ein Koch und ein Junge die lange Winterwache hielten. Und auch die hantierten um die Mittagsstunde, nach Art der anderen, um ein Uferfeuer her. Aber statt des Grapen waren nur zwei Ziegelsteine da mit einer Bratpfanne darauf, in die jedesmal, wenn wir vorübergingen, eben Kartoffeln und Speck und große Zwiebelstücke hineingeschnitten wurden. Und nun zog der Wrasen davon durch die Luft. Ach, welche Wonne! Vor nichts in meinem Leben hab ich je wieder mit soviel Begehrlichkeit gestanden, und die beste Mahlzeit hätt ich drum hingegeben, wenn ich mich auf der Stelle bei diesem primitiven Gerichte hätte mit niederhocken und zu Gaste laden können.«
    »Glaub's«, lachte der alte Graf. »Kommt mir doch bei der bloßen Beschreibung ein kleines Gelüst darnach. Aber das ist alles Idyll und Genre; wo bleibt Vineta? Wo bleibt der Schrecken der Elemente?«
    »Auch der kam gelegentlich, aber immer erst um die

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