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Graf Petöfy

Graf Petöfy

Titel: Graf Petöfy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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entzückt und vielleicht über ihr und sein Leben entschieden hatten.
     
Vierundzwanzigstes Kapitel
     
    Franziska hatte nach der unruhigen Nacht länger geschlafen als gewöhnlich, so daß, als sie zu später Stunde erwachte, die Sonne bereits hell ins Zimmer schien. Alles war wie verändert und ihre melancholische Stimmung wie mit dem Regen fortgezogen.
    Auch die beiden Kranken hatten sich erholt und gingen unter dem Einfluß des Wetterumschlags ihrer Genesung ersichtlich entgegen. Der Graf saß aufrecht in seinem Feldbett, und Tür und Fenster waren geöffnet, um dem Licht überall Zutritt zu gönnen. Franziska versäumte nicht, von der so vorteilhaft veränderten Situation auch ihrerseits Nutzen zu ziehen und über das Schiff und das Feuerauge zu berichten, die sie beide bis in ihren Traum hinein verfolgt hätten. Übrigens sei sie sicher, daß ihr das Schiff eine Neuigkeit gebracht habe.
    »Hat es auch, Fränzl, einen Brief von Judith. Sie kommt und Egon auch, und beide warten nur noch auf bessere Tage.«
    Franziska, während der Graf diese Worte sprach, sah vor sich hin und wechselte die Farbe.
    »Du freust dich nicht?«
    »O doch, ich freue mich. Und wie könnt ich auch anders, als mich freuen? Du weißt, wie sehr ich die Gräfin verehre, ja wie sehr ich sie liebe; Wochen und Tage, die sie mir hätte vergällen können, hat sie mir zu den unvergeßlich glücklichsten gemacht. Ich freue mich wirklich und aufrichtig, und wenn ich doch vielleicht einen Augenblick erschrak, so geschah es in dem Gedanken, aus dieser mir liebgewordenen Stille plötzlich und unerwartet herausgerissen zu werden.«
    Er sah sie scharf an, aber sie hatte durchaus die Herrschaft über sich zurückgewonnen und begegnete ruhig seinem Blick.
    »Im übrigen«, nahm der Graf wieder das Wort, während er unter Papieren umhersuchte, die neben ihm auf dem Tisch lagen, »im übrigen hat der Brief an mich auch eine Einlage. Da! Schwester Judith scheint sich wie gewöhnlich nicht ganz kurz gefaßt zu haben. Im Briefeschreiben ist sie noch ganz die Dame des vorigen Jahrhunderts, obschon sie dem unsrigen angehört und sich sogar den Tag von Austerlitz als ihren Geburtstag ausersehen hat. Beiläufig die wenigst patriotische Tat ihres Lebens.«
    Franziska hatte den Brief genommen, augenscheinlich in der Absicht, ihn auf ihrem Zimmer in aller Muße zu lesen, aber Petöfy war andern Sinnes und fuhr fort: »Ich bin neugierig zu hören, was sie dir schreibt. Es werden keine Staatsgeheimnisse sein, überflieg es also und laß mich wissen, was ich wissen darf. Nur die Überschrift möcht ich mit eigenen Augen sehen... ›Liebe Gräfin...‹ Ah, das ist gut; und nun lies.«
    Franziska nahm den Brief zurück und las:
    »Ich bin noch altmodisch genug, meine liebe Franziska, Briefe durch Einlage zu schicken; in meiner Jugend tat man dies oft und gern, jetzt lächelt man darüber. Jede neue Zeit dünkt sich eben klüger als die vorausgegangene. So war es von jeher, und ich entsinne mich, über vieles gelacht zu haben, was meine Mutter, trotzdem sie doch manches Freiere von England her mit herübergebracht hatte, noch als einen Gegenstand von besonderer Wichtigkeit ansah.«
    »Alltagsbetrachtung!« unterbrach der Graf. »Aber laß uns weiter hören.«
    »Ich freue mich, daß Dein Leben auf Schloß Arpa Dich so glücklich macht, und find es klug, daß Du das Ungrische so gleichsam von verschiedenen Seiten her in Angriff nimmst. Aber wenn Du den Rat einer alten Frau nicht verschmähst, so gehe darin nicht zu weit. Es wird das klügste für Dich sein, deutsch zu bleiben und das Ungrische nur so weit gelten zu lassen, soweit es gelten muß. Alles, was in Deinem neuen Leben an Dich herantritt, mußt Du freundlich ansehen und ein Wort der Anerkennung dafür haben, auch selbst gegen besseres Wissen, aber Du darfst nicht selbst ungrisch sein oder werden wollen. Es wird einem ein solches Opfer in den seltensten Fällen gedankt. Und kann auch kaum. Denn so gewiß ein Sichselbstvergessen unser Schönstes ist, so geziemt sich dies Selbstvergessen doch immer nur im Sinn und Dienste des christlichen Ideals. Wir sollen unser Ich opfern um der erlösenden Liebe willen, das ist etwas Großes, aber wir sollen uns, unser Volk und unsere Sprache nicht aufgeben, bloß um einer andern in gleicher Selbstsucht und Selbstgerechtigkeit befangenen Nationalität willen.«
    »Und doch hat
sie's
getan. Aber fahre fort.«
    »All das ist weder nach Gottes Gebot noch nach dem Gesetz der Klugheit,

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