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Graf Petöfy

Graf Petöfy

Titel: Graf Petöfy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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inzwischen eine Reihe neuer Zimmer eingerichtet hatte, nach dem Rechten sehen zu wollen, in Wahrheit aber lag ihm nur daran, ein Zusammensein mit Egon in demselben Coupé zu vermeiden. Er fühlte deutlich, daß er den rechten Ton nicht treffen, auch vielleicht der ihm eigenen Neigung zu Sarkasmen nicht immer widerstehen werde, was, wenn unberechtigt, einfach beleidigen und, wenn berechtigt, als ein Auskunftsmittel in Altweibermanier erscheinen mußte. Dem einen aber wie dem andern wollt er sich entziehen. In Wien ließen sich dann die Begegnungen einschränken, wenn sich dies, was doch immer noch in Zweifel lag, überhaupt als wünschenswert herausstellen sollte. Die Zerstreuungen der großen Stadt waren jedenfalls das beste Mittel, ihm einen freieren Blick und ein eigenes, selbständiges Urteil zurückzugeben.
    Wirklich, diese Zerstreuungen übten auch ihre Wirkung auf ihn, und sie konnten es um so leichter, als sich seinem anscheinend nur oberflächlich, in Wahrheit aber scharf beobachtenden Auge nichts zeigte, was dem in seiner Seele wachgerufenen Argwohn irgendwelche Nahrung hätte bieten können. Egon, wenn er abends im Salon der alten Gräfin erschien, war ernster und schweigsamer als gewöhnlich, aber in seinem Benehmen gegen Franziska ließ sich weder eine besondere Zurückhaltung noch auch eine besondere Vertraulichkeit entdecken. Und so durft es denn nicht wundernehmen, daß dem alten Oheim, wenn nicht ein volles Vertrauen, so doch ein gewisser seelischer Mittelzustand zurückkehrte, der gerade hoffnungsreich genug war, ihn zur Eröffnung der Saison eine musikalische Soiree mit sich anschließender Ballfestlichkeit veranstalten zu lassen, eine Reunion, zu der außer der Künstler- und Gelehrtenwelt auch alle diejenigen Personen der Aristokratie geladen worden waren, auf deren Erscheinen man mit Sicherheit rechnen durfte.
    Man hatte nur noch drei Tage. Da jedoch alle Vorbereitungen längst getroffen worden, so waren gerade diese Tage freie Tage, die denn der Graf auch vorhatte so gut altwienerisch wie möglich zu verbringen. Im Theater also. Das Gastspiel eines ausgezeichneten norddeutschen Künstlers, der zugleich ein besonderer Liebling des Grafen war, forderte noch besonders dazu auf.
    »Ich habe für heute abend zu der Vorstellung unseres alten Freundes eine Loge genommen«, sagte der Graf, als er Franziska beim zweiten Frühstück begrüßte. »Wir werden ihn, nachdem wir die ›Partie Piquet‹ und leider auch die ›Beiden Klingsberge‹ versäumt haben, wenigstens in einer neuen Rolle sehen.«
    »Und in welcher?« fragte Franziska.
    »Als Herzog von Chevreuse; ein Scribesches oder Dumassches Stück mit gleichgültigem Titel und gerade schon wieder alt genug, um als neu gelten zu können. Ich entsinne mich, es in den letzten Louis-Philipp-Tagen in Paris gesehen zu haben, habe jedoch keine Ahnung mehr, was es ist.«
    »Seinem Titel nach sehr wahrscheinlich eines jener französischen Memoirenstücke, die nie schlecht und nie gut sind und mir immer ein Horreur waren. In meiner Erinnerung haben sie nicht bloß alle dieselbe Physiognomie, sondern auch dieselben Personen: einen König und eine Königin, eine merkwürdig naive Prinzessin, ein paar Herzoge mit pomphaften Namen einschließlich irgendeiner Maintenon oder Pompadour und dazwischen einen Perin oder Figaro, der alles einfädelt oder nasführt, oder wohl gar einen Narziß, der der ganzen Grandseigneurschaft die haarsträubendsten Sottisen sagt.«
    »Schau, Fränzl«, entgegnete der Graf, der diesen Ton liebte, »du hast ja deine gute Laune wieder. Ich sehe nun, daß es Zeit war, aus unserem alten Dohlennest aufzubrechen; die Wiener Luft atmet sich doch besser und legt sich dir weicher ums Herz, nicht wahr? Ich hab übrigens die Loge links genommen, die größere, denn ich rechne nicht bloß auf Egon, der sich angesagt hat, sondern auch auf Judith. Sie muß durchaus einmal heraus und nicht immer nur Feßler sehen und von der heiligen Genoveva hören.«
    Und wirklich, die gute Gräfin, in der sich aller Frömmigkeit unerachtet doch dann und wann noch die Wienerin alter Tage regte, hatte sich bestimmen lassen, der Vorstellung beizuwohnen, und eine kleine Zeit nach Beginn derselben erschien man allerseits und nahm die Plätze: Gräfin Judith und Franziska vorn, dahinter der alte Graf samt Egon und Graf Pejevics, welcher letztere sich ihnen im Foyer erst angeschlossen und den eigenen Platz im Stiche gelassen hatte. Zu Beginn des Stückes wandte sich

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