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Graf Petöfy

Graf Petöfy

Titel: Graf Petöfy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Franziska mehrfach um und schien, während sie Petöfy freundlich zunickte, fragen zu wollen: »Ist es nicht genau das, was ich dir im voraus erzählt habe?« Bald aber wurde sie befangen und unruhig, und als die große Szene kam, in der der alte Herzog in altfranzösischer Ritterlichkeit immer noch Worte des Vertrauens an den Galan seiner jungen und bereits in Schuld verstrickten Herzogin richtete, stieg ihr das Blut derart zu Kopf, daß es sie momentan wie Schwindel und Ohnmacht überkam. Aber es schwand wieder, und die tiefe Bewegung ihres Herzens war zuletzt doch größer als alle Furcht und Verlegenheit, und eine Träne fiel auf den Handschuh ihrer auf der Brüstung ruhenden linken Hand. Der alte Graf, in dessen Herzen der Inhalt des Stückes alle Zweifel und Bitternisse der letzten Wochen wieder lebendig werden ließ, war in kaum geringerer Erregung, aber er bezwang sich und bewahrte gute Haltung bis zuletzt.
    »Es erscheint mir outriert«, sagte Judith, die nach dem Fallen des Vorhangs noch wie herkömmlich in der Loge blieb, um sich die großen Wasser draußen erst verlaufen zu lassen. »Wirklich, Adam, ich find es übertrieben.«
    »Ich auch«, lachte dieser in einer ihm plötzlich und beinah ungezwungen zurückkehrenden guten Laune. Von Grand aus nervös und allem Komischen zugänglich, entsproß ihm aus der Alltagsbetrachtung seiner Schwester eine Fülle wirklicher Heiterkeit. Im übrigen aber enthielt er sich jedes Eingehens auf das Stück und begnügte sich damit, das Spiel des Gastes, den er in anderen Rollen so hoch stellte, ziemlich scharf zu kritisieren. »Er ist doch nur groß im Genre. Das Tragische versagt ihm. Auch hätt ich ihn seiner Maske nach eher für einen portugiesischen Granden aus der Pombalzeit als für einen französischen Grandseigneur gehalten.«
    Einen Augenblick später erhob man sich und kehrte gemeinschaftlich in das Petöfysche Palais zurück, wo der Tee wie gewöhnlich im Zimmer der alten Gräfin genommen werden sollte. Feßler wartete schon der Heimkehrenden und empfing die Gräfin mit einem Scherzworte.
    »Rückfall in alte Torheiten«, erwiderte diese nicht ganz frei von Verlegenheit. »Und wissen Sie, Feßler, womit mein Bruder mein Gewissen zu beschwichtigen gesucht hat? Mit dem sakrilegischen Satz: ein Komödiant könnt einen Pfarrer lehren.«
    »Es kommt auf den Pfarrer an«, entgegnete der Liguorianer und nahm gut gelaunt und unter Verneigung gegen Graf Adam seinen Platz am Tisch, auf den eben die Couverts gelegt und die Gläser gestellt wurden.
    Das sich entspinnende Gespräch behandelte natürlich den Herzog von Chevreuse, und Egon kam in die peinliche Lage, den Inhalt des Stücks vor Feßler skizzieren zu müssen. Er tat es aber in guter Haltung, und auch Franziska, die sich wieder zurechtgefunden hatte, blieb anscheinend unbefangen.
    Es war nur Claret aufgestellt worden, und Egon, seit lange daran gewöhnt, im Salon der Tante den Wirt zu machen, nahm eben eine der Flaschen, um selber den Kork zu ziehen. Es gelang ihm aber, wie der Zufall eben sein Spiel treibt, nicht ohne Kraftanstrengung, und als er die Flasche wieder niedersetzte, sah die Tante, daß er an dem Ringfinger der linken Hand blutete.
    »Was hast du?« fragte die Gräfin.
    Und es stellte sich nun heraus, daß ein kleines, dünnes Ringelchen, das er halb versteckt unter einem großen Türkisringe trug, in Folge der Anstrengung zerbrochen und mit einer seiner Spitzen ihm in das Fleisch eingedrungen war. Er zog das Ringelchen ab und schob es, so gut es ging, auf den Ringfinger der andern Hand, der Oheim aber erkannte sofort, daß es der kleine Ring mit dem Emaillevergißmeinnicht war, der damals in Franziskas Zimmer an dem Schmuckständerchen gehangen und ihn um seiner Einfachheit willen so sehr frappiert hatte.
    »Wie du nur blutest«, sagte er, während er noch immer auf den Ring sah. »Und solch Ringelchen! Man sollte nicht glauben, daß es so tief verletzen könne. Wo stammt es nur her? Alles in allem kann es weder aus den Kronjuwelen der Petöfys noch aus denen der Aspergs kommen.«
    »Ich trag ihn noch von der École militaire her«, stotterte Egon. »Es war unser Verbindungszeichen.«
    »Ah, Verbindungszeichen. Wohl, wohl: das gewöhnliche Los der Ringe. Nun, hoffentlich nichts Hochverräterisches. Unter allen Umständen aber nehmt euch in acht, ihr jungen Leute. Wir sind noch nicht so heraus aus der alten Zeit, als manche glauben; es findet sich immer noch mal ein Spitzel, der uns auf die Finger

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