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Grafeneck

Titel: Grafeneck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Gross
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er hier nichts verloren hat. Waiblinger stellt sich vor Mauser hin, die Daumen in seinen Gürtel eingehakt.
    Mauser schaut ihn an.
    »Ist was?«
    »Ich habe gesagt, ich weite die Absperrung auf das ganze Gelände hier aus«, sagt Waiblinger.
    »Und?«
    »Dann hast du hier nichts mehr verloren.«
    »Spiel dich nicht so auf. Ich darf mich hier umschauen, solang ich will.«
    »Eben nicht. Du hast dich zu entfernen. Los, komm schon.« Waiblinger nimmt ihn an der Schulter und will ihn wegführen. Mauser läßt es sich gefallen.
    »Ist der Kommissar schon da?«
    »Ja, er ist heute morgen eingetroffen. Er hat im ›Pflug‹ Quartier bezogen. Er will den Fundort selber in Augenschein nehmen, bevor er das Spezialkommando anfordert.«
    Mauser nickt.
    »Du sollst dich bereithalten«, sagt Waiblinger.
    »Meinst du, der kann in die Höhle?« fragt Mauser.
    »Ich mein, von der Größe her.«
    »Der ist wohl auch so ein Hänfling wie du«, sagt Waiblinger und grinst. »Aber wart’s ab: Der kommt in die letzte Kammer.«
    »Mal sehen.«
    »Schönen Tag noch«, sagt Waiblinger, als sie unten bei den Fahrzeugen stehen. Mauser zieht seinen Helm auf und weiß, daß er nächstes Mal woanders parken muß. Er muß von hinten kommen, durch den Wald.
    Zu Hause kramt er im Keller sein Suchgerät hervor. Er hat es selbst gebaut. Die Spule ist ein Metallring, den er an einen langen Stab montiert hat. Das Gerät ist ziemlich genau und spürt Metalle noch in dreißig Zentimeter Tiefe auf. Er holt das alte Schreibheft hervor und setzt sich in die Stube. Die Deckenlampe brennt, das Zimmer hat nur kleine Fenster und wenig Licht. Er hat angefangen, seine Ergebnisse und Überlegungen in das Schreibheft einzutragen. Mit einem dicken, weichen Bleistift. Er hat säuberlich die Fragen notiert, die ihm beim Fund der Leiche gekommen sind. Auf der gegenüberliegenden Seite hat er die Beobachtungen eingetragen. Er schreibt das Ergebnis der Erdprobe auf und blättert um. Er braucht noch eine Seite, um seine geologischen Beobachtungen und Erklärungen einzutragen. Weißjura Zeta Drei, schreibt er. Weißjura-Mergel. Lehmverplombung. Man müßte mehr über die Höhle wissen.
    Mauser schreibt in Großbuchstaben den Namen der Höhle auf das Papier. Er macht einen Folgepfeil dahinter. Lehmkammer bereits früher bekannt, schreibt er. Verplombung erst später, und ein Fragezeichen dahinter. Dann überlegt er kurz und schreibt: Hinweis auf Todesdatum. Er steht auf und holt sich aus dem Kühlschrank ein Bier und einen Teller, auf dem Aufschnitt liegt. Aus dem Brotkasten holt er sich den Laib und schneidet zwei dicke Scheiben ab. Wurst darauf. Das Bier schäumt im Glas. Er nimmt einen Schluck, beißt vom Brot. Lehnt sich zufrieden zurück. Heut Abend, wenn’s dämmert, denkt er.
    Plötzlich klingelt es unten an der Tür.
    Mauser schaut zum Flurfenster hinaus. Unten steht ein Mann in einem blauen Anzug und schaut zu ihm herauf.
    »Herr Mauser?« ruft er.
    »Komme«, sagt Mauser.
    Unten an der Tür reicht ihm der Mann gleich die Hand.
    »Guten Tag, Herr Mauser. Mein Name ist Greving. Ich bin der Kommissar aus Reutlingen.«
    »Ach«, sagt Mauser und nimmt die Hand. Ein kräftiger Händedruck. Die Hand des Kommissars ist trocken und kühl.
    »Darf ich einen Augenblick hereinkommen?«
    Mauser führt den Mann hinauf in die Stube. Bietet ihm Platz an und fragt, ob er auch ein Bier möchte. Nein danke, Greving ist im Dienst.
    »Störe ich Sie gerade beim Essen?«
    »Ja. Aber ich ess weiter, wenn’s Ihnen recht ist.«
    Greving sitzt auf der Stuhlkante und hält sich aufrecht. Mauser lehnt sich zurück und kaut sein Wurstbrot.
    »Man hat mir gesagt, daß Sie sich mit der Höhle am besten auskennen«, beginnt Greving.
    »Ja. Stimmt.«
    »Ist der Fundort denn wirklich so unzugänglich? Waiblinger sagte etwas von Engstellen …«
    »Sie werden da vielleicht durchpassen«, sagt Mauser. Er nimmt einen Schluck und schenkt sich Bier nach. »Von Ihrer Größe her, mein ich. Aber das ist nicht alles. Bei der Höhlenbefahrung muß man Geschicklichkeit und Körperbeherrschung haben, wissen Sie.«
    »Tja … um ehrlich zu sein, ich leide an Klaustrophobie. Ich fühle mich in engen Räumen sehr unwohl. Ich weiß nicht, ob die Höhle der rechte Ort für mich ist.«
    »Und dann schicken die in Reutlingen ausgerechnet Sie?« Mauser lacht mit vollem Mund.
    Greving zuckt mit den Schultern. »Man kann es sich nicht immer aussuchen.«
    »Wann wollen Sie in die Höhle?« fragt Mauser.
    »So bald wie

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