Gralszauber
Ein Teil von
ihm, Dulac, der immer schwächer wurde, schrie lautlos
vor Entsetzen über das auf, was er getan hatte, aber der
weitaus größere Teil genoss das Gefühl des Sieges, den er
davongetragen hatte, in vollen Zügen. Er fühlte sich stark.
Sein Atem ging ruhig und die furchtbaren Hiebe, die er
geführt hatte, schienen ihn keine Kraft gekostet, sondern
ihm neue Kraft gegeben zu haben, als hätte das Runenschwert die Lebenskraft der Männer getrunken. Sein Pferd
scharrte unruhig mit den Hufen, aber nicht vor Furcht oder
Nervosität, sondern vor Ungeduld, sich in den Kampf zu
stürzen. Ganz plötzlich war es ihm, als könne er in die
Zukunft blicken, als er in die Gesichter der Pikten sah. Er
wusste mit unerschütterlicher Sicherheit, dass er diese
Männer töten würde, jeden Einzelnen von ihnen.
Trotzdem hob er noch einmal das Schwert und deutete
auf Uther. »Gebt sie frei!«
Statt zu antworten sprengten die Pikten los. Sechs der
noch lebenden neun Männer trieben ihre Pferde mit trotzigen Kampfschreien direkt auf ihn zu, während ihre drei
Kameraden Uthers und Gwinneths Pferde am Zaumzeug
packten und in entgegengesetzter Richtung mit ihnen davonsprengten.
Lancelot fluchte lautlos in sich hinein. Hatte er gedacht,
dass es so einfach sein würde? Offensichtlich hatte er den
Mut der Barbarenkrieger unterschätzt. Das halbe Dutzend
Reiter musste wissen, wie schlecht ihre Aussichten standen ihn zu überwältigen, aber die Männer schienen entschlossen ihr Leben zu opfern, damit ihre Kameraden die
Gefangenen in Sicherheit bringen und somit Mordreds
Befehl ausführen konnten.
Lancelot war es recht. Die Krieger würden ihn nicht
aufhalten; wenigstens nicht lange genug, damit die anderen entkommen konnten.
Er sprengte den Pikten entgegen, hob Schild und
Schwert und schwenkte im letzten Moment nach links, um
die Front der Pikten nicht in ihrer Mitte zu treffen, sondern
an der Flanke. Seine Rechnung ging auf. Ein weiterer Pikte sank tödlich getroffen aus dem Sattel, ehe seine Kameraden auch nur ihre Waffen heben konnten, aber im nächsten Moment waren die fünf überlebenden Pikten über
ihm.
Ohne die magische Rüstung hätte er nicht einmal den ersten Zusammenprall überlebt. Die Pikten kreisten ihn ein
und überschütteten ihn aus allen Richtungen mit einem
Hagel von Hieben und Stichen.
Nicht einer davon durchbrach seine magische Rüstung.
Lancelot spürte die Treffer, aber es war nur die bloße
Berührung, die er fühlte, kein Schmerz, nicht einmal die
Kraft, mit der die Hiebe geführt wurden. Noch während
der Krieger, den er im ersten Ansturm niedergestreckt hatte, mit durchschnittener Kehle rücklings aus dem Sattel
kippte, riss er sein Schwert herum und verschaffte sich mit
einem wuchtigen Hieb Luft. Er traf niemanden, trieb aber
zumindest drei seiner Gegner weit genug zurück, um sich
den verbliebenen beiden zuwenden zu können. Lancelots
Schild kam hoch und traf den einen mit solcher Gewalt,
dass er nach hinten kippte und halb bewusstlos aus dem
Sattel gestürzt wäre, hätten ihn nicht die Steigbügel gehalten. Der andere beging den Fehler, seine vermeintliche
Schwäche ausnutzen und einen Schwertstreich in seinen
ungeschützten Rücken anbringen zu wollen. Die Klinge
fuhr Funken sprühend und mit einem kreischenden Laut
über das silberfarbene Metall, ohne auch nur einen Kratzer
auf seiner Oberfläche zu hinterlassen, und der Pikte bezahlte den Angriff mit seinem Leben. Lancelots Schwert
drang mit einem knirschenden Laut durch seinen Brustharnisch. Der Mann kippte mit einem seufzenden Laut
seitwärts aus dem Sattel und Lancelot wandte sich den
verbliebenen Barbarenkriegern zu.
Er wurde noch zwei- oder dreimal hart getroffen, aber
die Gralsrüstung schützte ihn zuverlässig, während seine
eigenen Hiebe von grässlichem Erfolg gekrönt waren.
Schließlich war nur noch der Mann übrig, mit dem Lancelot am Anfang gesprochen hatte. Er blickte in dessen Augen und er erkannte darin Furcht und Hoffnungslosigkeit.
Sosehr er davon überzeugt war, diesen Zweikampf zu gewinnen, so gewiss war sich der Pikte, unterliegen zu müssen. Trotzdem griff er sein Schwert fester und attackierte
Lancelot ohne das geringste Zögern. Warum tat er das?
Während Lancelot mit seinen Begleitern beschäftigt gewesen war, hätte er Zeit genug gehabt, um zu fliehen, aber er
versuchte es nicht einmal, sondern zog es vor, seine Waffe
zu ergreifen und in den sicheren Tod zu gehen.
Lancelot
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