Gralszauber
eh
und je und sie sah ganz und gar nicht mehr wie ein Kind
aus. Lancelot fragte sich, wie er auch nur eine Sekunde
lang hatte glauben können, Morgaine le Faye käme ihr
auch nur nahe .
»Das ist jetzt das zweite Mal, dass Ihr uns aus der Gewalt der Barbaren befreit, edler Ritter«, sagte Uther ein
wenig gestelzt. »Mir scheint, ein einfaches Danke reicht
nicht mehr.«
Lancelot drehte sich wieder zu ihm herum. Es war seltsam:
Jetzt, wo alles vorbei war, wusste er nicht, was er sagen
sollte.
»Lasst mich Euer Gesicht sehen, edler Herr«, verlangte
Gwinneth. »Ich möchte wissen, wie der Ritter aussieht,
dem mein Gemahl und ich unsere Leben verdanken.«
Lancelot schüttelte den Kopf. Das Visier öffnen? Unmöglich. Wenn nicht Uther, so musste ihn doch Gwinneth
auf der Stelle erkennen.
Gwinneth wollte enttäuscht widersprechen, aber Uther
brachte sie mit einer raschen Geste zum Schweigen.
»Ganz wie Ihr wünscht«, sagte er. »Aber verratet Ihr uns
wenigstens Euren Namen?«
Lancelot zögerte noch einen Herzschlag, doch dann
antwortete er. »Lancelot. Mein Name ist Lancelot Dulac.«
»Lancelot Dulac.« Uther wiederholte den Namen, als
versuche er in seinem Klang irgendetwas Vertrautes zu
entdecken, und Lancelot behielt Gwinneth dabei scharf im
Auge. Sie sah ihn aufmerksam an, zeigte aber ansonsten
keine Reaktion. Wahrscheinlich hatte der Helm seine
Stimme hinlänglich verzerrt, sodass sie sie nicht erkannte.
»Und woher kommt Ihr, Sir Lancelot?«, wollte Uther
wissen.
»Von weit her«, antwortete Lancelot ausweichend. »Aus
einem Land, dessen Namen Ihr vermutlich noch nicht
einmal gehört habt, Uther.«
Uther lächelte flüchtig. Er hatte verstanden, was Lancelot mit dieser Antwort sagen wollte. »Ich respektiere Eure
Wünsche, Sir Lancelot«, sagte er. »Wie könnte ich auch
nicht, nach allem, was Ihr für mich und meine Gemahlin
getan habt? Was kann ich tun, um mich bei Euch zu bedanken?«
»Nichts«, antwortete Lancelot. »Dass Ihr und Lady
Gwinneth am Leben und unversehrt seid, ist Dank genug.
Aber damit es so bleibt, sollten wir uns auf den Weg zurück nach Camelot machen. Einer der Pikten ist entkommen.«
»Und er wird bald mit Verstärkung zurückkehren«, sagte
Uther nickend. »Ihr habt Recht. Hier ist es nicht sicher.
Obwohl es mich nicht wundern würde, wenn Ihr es mit
dem gesamten piktischen Heer aufnehmen würdet.« Er sah
Lancelot mit unverhohlener Bewunderung an. »Bei Gott,
ich habe schon viele Ritter getroffen, aber niemals habe
ich einen Mann so kämpfen sehen. Ich wusste nicht einmal, dass es möglich ist.«
Um ein Haar hätte Lancelot geantwortet: ich auch nicht.
Aber dann machte er nur eine Bewegung, die Uther als
ein Achselzucken auslegen konnte, und deutete in südliche
Richtung. »Wir sollten wirklich losreiten«, sagte er. »Es
ist ein langer Weg zurück nach Camelot.«
Uther nickte und eine spöttische Stimme hinter Lancelot
sagte: »Ich fürchte, das kann ich nicht zulassen.«
Gwinneth stieß einen kleinen, erschrockenen Schrei aus
und schlug die Hand vor den Mund und Lancelot riss sein
Pferd herum und erstarrte dann vor Schrecken.
Sie waren vielleicht noch zwanzig oder dreißig Schritte
vom Waldrand entfernt. Morgaine le Faye und Mordred
waren lautlos wie Gespenster aus dem Dickicht herausgetreten. Die Hexe trug noch immer das einfache schwarze
Kleid, in dem Lancelot sie in der Höhle gesehen hatte,
hatte aber nun ein Diadem aus schwarzen Diamanten in
ihr Haar gesteckt und Mordred hielt einen riesigen Langbogen in der rechten und zwei schwarz gefiederte Pfeile in
der linken Hand.
»Ich habe dir doch gesagt, dass wir uns wieder sehen
werden, mein Freund«, sagte Morgaine. »Das war wirklich
ein beeindruckender Kampf. Ich muss König Uther beipflichten: Ich habe selten zuvor einen Mann so kämpfen
sehen.
Trotzdem musst du noch eine Menge lernen. Ich könnte
es dir beibringen, wenn du willst.«
Gwinneth sog die Luft zwischen den Zähnen ein und
Uther fragte leise: »Ihr kennt diese Frau, Sir Lancelot?«
Bevor Lancelot antworten konnte, sagte Morgaine lachend: »Nicht so, wie Ihr befürchtet, Uther. Euer tapferer
Retter treibt kein doppeltes Spiel, wenn es das ist, was Ihr
glaubt.« Sie schüttelte den Kopf, trat einen Schritt zur Seite und maß Gwinneth mit einem nachdenklichen Blick.
»Ein schönes Kind«, sagte sie dann. »Eure Gemahlin
wird bald zu einer wunderschönen Frau heranwachsen,
Uther. Ich glaube, ich kann meinen Sohn jetzt besser
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