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Grant County 05 - Gottlos

Grant County 05 - Gottlos

Titel: Grant County 05 - Gottlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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schon seit halb sechs auf dem Revier, nachdem erum vier Uhr morgens die Hoffnung auf erholsamen Schlaf aufgegeben hatte. Normalerweise ging er vor der Arbeit eine halbe Stunde joggen, aber heute hatte er beschlossen, stattdessen früher ins Büro zu gehen. Er hatte einen Berg von Papierkram zu erledigen. Unter anderem die Aufstellung des Etats, gegen den der Bürgermeister später sein Veto einlegen würde, bevor er sich zur jährlichen Bürgermeisterkonferenz in Miami davonmachte. Jeffrey vermutete, dass allein die Rechnung für die Minibar die Kosten für zwei kugelsichere Westen überstieg, aber Politiker hielten nicht viel von solchen Vergleichen.
    Heartsdale war ein College-Städtchen, und auf der Straße begegnete Jeffrey mehreren Studenten auf dem Weg zu ihren Kursen. Die Erstsemester wurden in den Mehrbettzimmern der Wohnheime auf dem Campus untergebracht, und sobald sie sich im zweiten Studienjahr selbst eine Bleibe suchen durften, war die erste Amtshandlung jedes einigermaßen vernünftigen Studenten, schleunigst das Weite zu suchen. Jeffrey hatte sein Häuschen gerade an ein paar solcher Studentinnen vermietet, die hoffentlich so vertrauenswürdig waren, wie sie aussahen. Grant Tech war an und für sich ein College für Streber, wo es weder Studentenverbindungen noch Football-Spiele gab, doch auch hier gab es Youngsters, die wussten, wie man es krachen ließ. Seine zukünftigen Mieter hatte sich Jeffrey genau angesehen. Er war lange genug bei der Polizei, um zu wissen, dass er sein Haus niemals in einem Stück zurückbekommen würde, wenn er an eine Männer-WG vermietete. In diesem Alter stimmte irgendwas mit den Synapsen nicht, und wenn Sex oder Bier im Spiel waren – oder beides, wenn man Glück hatte –, stellte das Gehirn alle höheren Funktionen ein. Die Mädchen, die einzogen, hatten beide Lesen als ihr einziges Hobby angegeben. Doch bei dem Glück, das er in letzter Zeit hatte, würden sie das Haus wahrscheinlich in eine Drogenhölle verwandeln.
    Das College befand sich am Ende der Main Street, und Jeffreyging hinter einer Gruppe von Studentinnen her, die auf dem Weg zum Institut waren. Sie waren ausnahmslos jung und hübsch, und keine nahm in irgendeiner Weise Notiz von ihm. Es hatte eine Zeit gegeben, als Jeffreys Ego darunter gelitten hätte, doch jetzt beunruhigte es ihn aus einem ganz anderen Grund. Er könnte ein Stalker sein, ihre Gespräche ausspionieren, um rauszukriegen, wo er sie später finden könnte. Er hätte sonst wer sein können.
    Hinter ihm hupte ein Wagen, und Jeffrey stellte fest, dass er auf die Fahrbahn gelaufen war. Er winkte dem Mann am Steuer zu, als er die Straße überquerte. Es war Bill Burgess von der chemischen Reinigung. Im Stillen dankte er Gott, dass der alte Mann mit den trüben Augen ihn überhaupt gesehen und gebremst hatte.
    Jeffrey erinnerte sich selten an seine Träume, was wahrscheinlich eine Gnade war, doch letzte Nacht war ihm immer wieder die junge Frau in der Kiste erschienen. Manchmal veränderte sich ihr Gesicht, und er sah wieder das Mädchen vor sich, das er vor über einem Jahr hatte erschießen müssen. Sie war noch ein Kind gewesen, aber in dreizehn Jahren hatte sie bereits Schlimmeres erlebt als die meisten Erwachsenen in ihrem ganzen Leben. Sie hatte so verzweifelt Hilfe gebraucht, dass sie eine Waffe auf einen gleichaltrigen Jungen gerichtet hatte, weil sie hoffte, dass er ihrem eigenen Leiden ein Ende setzen würde. Jeffrey hatte auf sie schießen müssen, um den Jungen zu retten. Oder nicht? Vielleicht wäre alles anders gekommen. Vielleicht hätte sie den Jungen nicht getötet. Dann wären die beiden jetzt noch am Leben, und das Mädchen in der Kiste wäre nur ein weiterer Fall und kein Albtraum.
    Seufzend ging Jeffrey die Straße hinunter. In seinem Leben gab es eindeutig zu viele Vielleicht.
    Die Kinderklinik befand sich auf der anderen Straßenseite, direkt vor den Toren des Colleges. Er warf einen Blick auf dieUhr, als er die Eingangstür öffnete. Um kurz nach sieben war Sara wahrscheinlich schon da. Obwohl sie montags erst ab acht Uhr Sprechstunde hatte, ging im Wartezimmer bereits eine junge Frau mit einem weinenden Baby auf dem Arm auf und ab.
    «Guten Morgen», sagte Jeffrey.
    «Guten Morgen, Chief», antwortete die Mutter, und er bemerkte die dunklen Ringe unter ihren Augen. Das Baby war mindestens zwei und hatte ein Organ, das die Fensterscheiben zum Klirren brachte.
    Die Frau verlagerte das Kind auf den anderen Arm, wobei sie

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