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Grant County 05 - Gottlos

Grant County 05 - Gottlos

Titel: Grant County 05 - Gottlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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damit Carlos die Tinte für die Fingerabdrücke auftragen konnte. «Sechs bis zwölf Stunden nach Eintritt des Todes ist die Totenstarre vollständig. Nach dem jetzigen Stadium zu urteilen, ist sie vielleicht ein, zwei Tage tot, länger nicht.» Sie zeigte auf die violetten Verfärbungen an ihrem Rücken und drückte mit dem Finger darauf. «Es sind bereits Leichenflecken entstanden. DieVerwesung hat eingesetzt. Aber es muss kalt gewesen sein da unten. Der Körper wurde konserviert.»
    «Was ist mit dem Schimmel an ihrem Mund?»
    Sara sah auf die Karteikarte, die Carlos ihr reichte, um zu prüfen, ob die Abdrücke dessen, was von den Fingerspitzen des Mädchens übrig geblieben war, sie zufriedenstellten. Nickend gab sie Carlos die Karte zurück und sagte zu Jeffrey: «Es gibt Schimmelarten, die sehr schnell wuchern, vor allem in einer solchen Umgebung. Vielleicht hat sie sich übergeben, und darauf hat sich der Schimmel gebildet.» Dann fiel ihr noch etwas ein. «Manche Schimmelarten verringern in geschlossenen Räumen den Sauerstoffgehalt der Luft.»
    «Das Zeug war auch an der Innenseite der Kiste», erinnerte sich Jeffrey, während er sich das Polaroidfoto ansah. Er zeigte es Sara. «Nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte.»
    Sara nickte, auch wenn sie sich nicht vorstellen mochte, wie das Foto auf jemanden wirkte, der das Mädchen gekannt hatte. Trotz all ihrer Bemühungen, den Gesichtsausdruck zu verändern, ließ er keinen Zweifel daran, dass sie einen grausamen Tod gestorben war.
    Jeffrey hielt das Foto auch Lena hin, aber die schüttelte nur den Kopf. Dann fragte er Sara: «Glaubst du, sie wurde missbraucht?»
    «Das überprüfen wir gleich.» Sara merkte, dass sie die Untersuchung hinausgezögert hatte.
    Carlos gab ihr das Spekulum und rollte eine Lampe herüber. Während sie die Beckenuntersuchung durchführte, spürte Sara, wie die anderen die Luft anhielten. «Keine Anzeichen von sexuellem Missbrauch», verkündete sie schließlich, und alle atmeten auf. Sara konnte nicht genau sagen, warum eine Vergewaltigung Fälle wie diesen so viel grauenhafter machte, aber ihre Erleichterung, dass der jungen Frau vor ihrem Tod eine weitere Erniedrigung erspart geblieben war, war groß.
    Als Nächstes untersuchte Sara die Augen und das feine Netz der geplatzten Äderchen. Die Lippen der Toten waren blau und die Zunge leicht geschwollen und dunkelviolett. «Normalerwei se treten bei dieser Art des Erstickungstods keine Blutungen in der Bindehaut auf», stellte Sara fest.
    Jeffrey fragte: «Du meinst, es könnte eine andere Todesursache dahinterstecken?»
    Wahrheitsgemäß sagte Sara: «Ich weiß es nicht.»
    Sie stach mit einer 18- G-Nadel ins Innere des Auges, um dem Augapfel Kammerflüssigkeit zu entnehmen. Carlos zog eine Spritze mit Salzlösung auf, mit der sie den Augapfel wieder auffüllte, damit das Auge nicht kollabierte.
    Als Sara mit der äußeren Besichtigung so weit durch war, fragte sie: «Fertig?»
    Jeffrey und Lena nickten. Sara betätigte mit dem Pedal unter dem Tisch das Diktiergerät. «Gerichtsmedizin, Fall Nummer acht-vier-zweiundsiebzig. Jane Doe, weiblich, weiß, braunes Haar, braune Augen. Alter unbekannt, schätzungsweise achtzehn bis zwanzig Jahre. Gewicht 51,3 Kilogramm, Körpergröße einhundertsechzig Zentimeter. Die Oberfläche der Haut ist kühl, kompatibel mit dem Fundort in einer Kiste unter der Erde, in der sie unbestimmte Zeit gelegen hat.» Sie stellte das Aufnahmegerät ab und sagte zu Carlos: «Wir brauchen die Außentemperaturen der letzten zwei Wochen.»
    Carlos machte sich eine Notiz an der Tafel.
    Jeffrey fragte: «Glaubst du, sie lag länger als eine Woche da unten?»
    «Am Montag hat es zu frieren begonnen», erinnerte sie ihn. «Der Nachttopf war relativ leer, aber vielleicht hat sie das Wasser vorsichtshalber rationiert. Außerdem war sie wahrscheinlich durch den Schock dehydriert.» Sie stellte das Diktiergerät wieder ein und griff nach einem Skalpell. «Die innere Besichtigung wird mit dem hierfür üblichen Y-Schnitt eingeleitet.»
    Bei ihrer ersten Obduktion hatten Sara die Hände gezittert. Als Ärztin hatte man ihr beigebracht, behutsam zu sein. Als Chirurgin hatte sie gelernt, dass jeder Schnitt an einem Körper wohlüberlegt sein und kontrolliert ausgeführt werden musste; alles, was sie mit ihren Händen tat, sollte heilen, keinen Schaden anrichten. Doch die ersten Schnitte einer Obduktion – bei der die Leiche wie ein Stück rohes Fleisch behandelt wird –

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