Grappa 02 - Grappas Treibjagd
ein paar Bündel Geldscheine. Ein Beamter saß vor ihm am Schreibtisch.
»Guten Abend, ich bin Hauptkommissar Zahlmann, hier ist meine Legitimation.« Er zeigte seinen Ausweis. »Ich habe einen Haftbefehl gegen diesen Herrn hier.«
»Ja, das sagten Sie uns ja bereits am Telefon, Herr Kollege.«
»Telefon?« Zahlmann grübelte. Jansen guckte mich an, und ich deutete mit den Augen auf Naider, der sich ein Lächeln nicht verkneifen konnte.
Jansen kapierte. Er kannte den Trick mit den fingierten Anrufen ja schließlich aus eigener Erfahrung.
Bevor jedoch Zahlmann weitergrübeln und der Sache auf den Grund gehen konnte, nahm eine andere Person die Sache in die Hand. Niemand hatte bemerkt, wie Frau Ellenbogen sich aus der Gruppe gelöst und an einen Tisch getreten war. Ich sah in meinen Augenwinkeln, wie sie in ihrer Tasche nach einem Taschentuch kramte. Dachte ich. Doch das Taschentuch war schwarz und hatte verdammte Ähnlichkeit mit einem Schießeisen. Sie hob es kurz hoch, zielte und drückte ab.
Einmal, und zur Sicherheit noch ein zweites Mal. Sie sagte nach dem ersten Schuss: »Viele Grüße von Mascha!« und nach dem zweiten: »Das war für Violetta.« Dann schlugen ihr die Beamten die Waffe aus der Hand.
Ellenbogens Hemdbrust färbte sich rot an zwei Stellen in der Nähe des Herzens. Er blickte seine Frau mit erstaunten Augen an und wollte noch etwas sagen. Doch außer einem unverständlichen Gurgeln brachte er nichts heraus. Schließlich fiel sein Kopf auf die Seite.
Verena Ellenbogen starrte ihn an, mit diesem merkwürdig unbewegten Gesichtsausdruck. Es war furchtbar.
Das war glatter Mord, genau geplant und eiskalt durchgeführt. Doch die Tat war auch Rache für ein unerträgliches Leben in Angst und Erniedrigung, war Vergeltung für zerstörte Kinderleben. Meine Knie wurden weich, und ich setzte mich auf einen großen Blumenkübel.
»Der ist tot«, meinte Zahlmann und bat dann trotzdem um einen Notarzt. Niemand kümmerte sich um die Täterin, deren Hände zitterten. Ich stand auf, trat zu ihr, legte ihr die Hand auf die Schulter und sagte: »Ich kann Sie verstehen.«
Das war eigentlich alles. Zahlmann erledigte irgendwelche Formalitäten, und Männer kamen mit einem Blechsarg und hievten die Leiche hinein.
Ich hätte noch so viele Fragen an den Toten gehabt. Warum er Laura umgebracht hatte, wie er Bettina Engler in den Selbstmord getrieben hatte und vieles mehr. Doch ich hatte wenigstens mein Versprechen gehalten und Lauras Mörder gefunden.
Frau Ellenbogen wurde in den Polizeiwagen gebracht, und ich fuhr mit Jansen und Naider zurück.
»Wird ihr viel passieren?«, fragte ich in die Runde.
»Wohl kaum«, meinte Jansen, »wenn die ihre Geschichte so erzählt wie bei der Polizei, dann kommt sie mit Bewährung davon. Die eigenen Kinder! Diese Frau schickt kein Richter in den Bau, das kannst du mir glauben.«
Die nächsten Kilometer sprach niemand von uns.
»Setzt du mich zu Hause ab?«, fragte ich Jansen. »Du kannst mir den Wagen morgen wiedergeben.«
»Wieso absetzen?«, empörte er sich. »Jetzt wird gearbeitet. In der Bezirksredaktion wartet alles auf deine Geschichte. Ich habe auf der Ersten 100 Zeilen freigelassen, und die wirst du jetzt schreiben!«
»Du bist ein verdammter Sklaventreiber!«, gab ich zurück. »Ich bin fix und fertig!«
»Das gibt sich schon, wenn du am Computer sitzt«, tröstete er mich. »Ich habe im Feinkostladen eine kalte Platte mit exquisiten Leckereien bestellt, deine Lieblings-Kalorienbomben. Kaffee kriegst du auch. Und wenn du fertig bist, wartet ein schönes Fläschchen Champagne extra brut auf uns im Redaktionskühlschrank. Das war die heißeste und komplizierteste Story, die wir jemals in unserem Blatt hatten. Mit einem Super-Ende, das uns einfach so in den Schoß gefallen ist. Und noch im Bild!«
»Wieso im Bild?«
Jansen hielt triumphierend eine kleine, aber teure Kamera hoch. Er hatte schon wieder heimlich Fotos geschossen!
»Extra klein, extra leise und mit einem extra empfindlichen Film. Alles drauf, hoffe ich. Ellenbogen am Tisch, wie seine Frau auf ihn schießt und dann seine Leiche. Sogar die Blechkiste müsste ich noch erwischt haben!«
»Du bist völlig skrupellos! Du willst die Bilder tatsächlich veröffentlichen?«
»Na klar. Mit den berühmten schwarzen Balken über den Augen, was die Sache noch spannender macht. Der Verlag hat sein okay gegeben und die Rechtsabteilung auch. Ich habe das vorher abgeklärt. Wir werden unsere Auflage heute
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