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Grappa 14 - Grappa im Netz

Grappa 14 - Grappa im Netz

Titel: Grappa 14 - Grappa im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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Ahnung. Ich las zwar immer gern die Aufdrucke auf den Zuckerstückchen, die den Kaffeekännchen in Cafés beigelegt werden, vergaß sie aber auch schnell wieder. Bei mir stand meist unter ›positiven Eigenschaften‹: ehrlich und kämpferisch, und als negative Merkmale: ungeduldig und jähzornig.
    Ehrlich und kämpferisch war ich ja, aber ungeduldig und jähzornig – das würde ich niemals zugeben.
    Die Autobahn war fast leer. Im Spätsommer war diese hügelige Landschaft am schönsten, niedrige Apfelbäume säumten die sauberen Straßen und auf den Wiesen vor den Fichtenwäldern äste auch schon mal ein Reh.
    Die Sommerluft fegte durch meine Haare, ich hatte den Deckel meines Cabrios versenkt und genoss die Sonne.
    Lamborghinis Hütte war nicht zu übersehen. Wie ein gestrandetes Schiff lag die Villa auf einem parkähnlichen Grundstück: unnahbar, blendend weiß und von einem silberfarbenen Zaun umschlossen, der in der Nachmittagssonne glänzte, als habe Saturn persönlich hier sein Domizil gewählt.
    Als ich mich näherte, bemerkte ich, dass überall kleine Kameras angebracht waren, die sich unmerklich drehten und Bilder der Umgebung einfingen. Ich hatte nichts zu verbergen, denn meine Mission war ja hochoffiziell. Trotzdem überlegte ich instinktiv angesichts solcher bewachten Häuser, wie ich notfalls die elektronischen Wächter überlisten oder ausschalten könnte, falls es nötig werden sollte.
    Ich drückte den Klingelknopf am Tor, dessen Gitter mich überragte. Über mir sah ich kleine Speere mit aggressiven Spitzen.
    Eine Stimme plärrte aus der Sprechanlage und fragte nach meinem Begehr. Ich antwortete brav und das Tor sprang auf.
    Eine große Blondine trat aus der zweiflügeligen Tür. Sie trug zwar die Dienstmädchen-Farben, doch der Rock war zu kurz, die Bluse zu eng und um einen Knopf zu viel aufgeknöpft, als dass sie als Expertin für grobe Hausarbeit durchgehen konnte.
    »Herr Lamborghini erwartet Sie!«, schnurrte sie.
    Ich trottete hinter ihr her, verglich meine Kleidung mit der ihren und schnitt nicht besonders gut ab. Das nächste Gehalt geht für Klamotten drauf, beschloss ich.
    In der Halle des Hauses hatte der Sternenfritze die Decke dunkelblau gehalten und mit Sternzeichen bemalen lassen. Widder, Löwe, Zwilling erkannte ich auf Anhieb, aber auch die Planeten Saturn, Venus, Mars und der Mond waren kunstvoll mit silberner oder goldener Farbe markiert. Sphärische Klänge waberten durch den Raum, sie waren gerade so laut, dass sie wahrgenommen wurden, und leise genug, dass man sich nicht von ihnen belästigt fühlte.
    »Einen Augenblick, bitte!« Die Blondine entschwand.
    Da war noch etwas. Ich schnüffelte. Es roch leicht nach Moschus. Der Mann weiß, wie er die Leute einlullt, dachte ich, er bedient Auge, Ohr und Geruchssinn. Mal sehen, was er für den Intellekt auf der Pfanne hat.
    Ich blickte möglichst unauffällig zu dem gemalten Himmelszelt hoch. Auch dort waren Kameras angebracht, die waren aber in der Decke versenkt und fest installiert, konnten also nicht schwenken. Weil sie aber in allen vier Ecken Bilder aufzeichneten, war der Raum für einen heimlichen Beobachter vollständig einsehbar.
    Ich überlegte, ob Lamborghini mich abcheckte, um ein Gefühl für mich zu bekommen. Nichts anderes tat ich ja auch. Die Plakate an der Wand, die von seinen Auftritten als Medium zeugten, waren in Gold gerahmt, überall hingen Fotos von Prominenten, die sich handschriftlich für Lamborghinis Dienste bedankten. Was fehlte, waren Fotos des Meisters selbst, auch im Internet hatte ich kein einziges Bild des Astrologen gefunden.
    Merkwürdig, dachte ich, das scheint System zu haben. Meine Spannung stieg, ohne dass ich es wollte, und es hielt mich nicht auf dem voluminösen Fauteuil, in das ich mich fallen gelassen hatte.
    Mich überfiel das dumpfe Gefühl, dass mich jede Menge Augen begafften, und ich begann meine Haare zu ordnen, in meiner Tasche zu kramen und im Raum auf und ab zu gehen. Was würde ich wohl von mir denken, wenn ich mich so sähe?
    Nervös, zappelig, wenig souverän. Nein, das durfte nicht sein.
    Energischen Schrittes ging ich wieder zum Sessel zurück, ließ mich nieder, griff in meine Tasche und holte ein paar Papiere heraus. Es waren meine Kontoauszüge, doch ich las sie, als seien sie überaus spannend. Was auch irgendwie stimmte, denn ich war ja wirklich gespannt, ob ich das Minus in der nächsten Zeit würde ausgleichen können.
    Ich bemühte mich um eine ruhige, reduzierte

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