Grappa 14 - Grappa im Netz
machte es eine schreckliche Entdeckung. Albert K. (42), Vertreter für Oberhemden, lag leblos im Bett. Der Hotelarzt konnte nur noch den Tod feststellen, nach ersten Ermittlungen der Polizei ist der 42-Jährige jedoch keines natürlichen Todes gestorben. In einem Glas wurden Spuren eines Pulvers gefunden, bei dem es sich um Gift handeln könnte. Der Zustand des Zimmers lässt außerdem darauf schließen, dass Albert K. zum Zeitpunkt seines Todes nicht allein war.
Nach Recherchen unserer Zeitung hatte der Mann zuletzt Besuch von einer unbekannten Frau, die er wohl in der Hotelbar kennen gelernt hatte. Nach Aussagen von Zeugen folgte die Frau Albert K. aufs Zimmer.
Die Staatsanwaltschaft hat eine Obduktion der Leiche angeordnet, die Ermittlungen laufen auf Hochtouren, nach der Frau wird gefahndet.
Danke für den Artikel , schrieb ich dem Hengst. Aber wie kommst du darauf, dass ich mit der Sache was zu tun habe?
Meine Frage ging ins Leere, denn der Hengst war wohl schon wieder in den Weiten des World Wide Web verschwunden.
Merkwürdig war das schon! Schlüpferstürmer war einer meiner ersten Bekanntschaften im Chat gewesen, ein Typ, der immer gut drauf war und eine Zote nach der anderen parat hatte. Er wäre die Idealbesetzung für meine Show gewesen: nicht auf den Mund gefallen, mit allen Wassern gewaschen und einigermaßen telegen – nach seinem Foto zu urteilen. Und er hatte keine Skrupel gezeigt, über sich und seine erotischen Vorstellungen zu reden.
Aber – was ging es mich an? Albert K. hatte es wohl einfach ein bisschen zu toll getrieben und eine Frau zu viel mit seinen erotischen Attacken genervt. Wie hatte einer seiner Lieblingssätze gelautet? Ein biskchen Schwund is imma! Wie Recht er hatte!
Lolli-Tour
Das Verschwinden von Oberbürgermeister Jakob Nagel ließ die Stadt und ihre Menschen fast unbeeindruckt. Niemand schien den Mann zu vermissen. Das enttäuschte mich ziemlich und ich überlegte, woran das wohl liegen könnte.
Es musste die Herzlosigkeit unserer Gesellschaft sein, in der jeder nur den eigenen Vorteil sucht und in der das Wertesystem langsam zusammenbricht. Nein, das durfte ich nicht zulassen. Immerhin hatte ich einen Teil meiner Schulzeit in einem Nonnenkloster verbracht, und das sollte nicht ganz vergeblich gewesen sein!
Heroische Gefühle beseelten mich, während ich in meinem Büro saß und mich in die Lektüre der wichtigsten Tageszeitungen vertiefte.
Tom Piny hatte ordentlich zugeschlagen. In seinem Kommentar zu Nagels vermuteter Entführung hatte er zwei Gründe angeführt, warum es für die Stadt und ihre Menschen besser sei, wenn der Oberbürgermeister seinen Urlaub im Jemen noch einige Monate ausdehnen würde:
Die Abwesenheit von Jakob Nagel bringt für die Stadt und ihre Menschen auch Vorteile: Der SPD-Fraktionsvorsitzende bekommt das Gefühl, er habe wirklich etwas zu sagen, und die Wand zwischen Nagels Büro und dem Büro seines Vorgängers, Gregor Gottwald, kann endlich eingerissen werden.
Fairerweise hatte Piny aber auch zwei Gründe genannt, die für Nagels Rückkehr sprachen: nämlich dass der durchschnittliche Intelligenzquotient im Rathaus seit des Oberbürgermeisters Verschwinden auf eine kaum messbare Größe geschrumpft war und dass die verwaltungsinterne Autistenselbsthilfegruppe sich einen neuen Trainer suchen musste.
Aber ich hatte ja noch andere Sorgen. Ich musste mich dringend um meine Sendung kümmern. Heute war der Astrologe dran. Ich hatte mich mit ihm bei ihm zu Hause verabredet. Der Termin war in drei Stunden.
Die Suchmaschine im Internet spuckte zahlreiche Dokumente aus, nachdem ich den Namen des Sterndeuters eingegeben hatte. Doch bevor ich mir eins davon ansehen konnte, klingelte mein Handy.
»Bist du im Büro, Grappa?«, fragte Peter Jansen ein wenig atemlos.
»Ja, klar. Was ist los?«
»Es soll ein Bekennerschreiben aus dem Jemen geben«, berichtete mein früherer Chef, »ich habe mit der deutschen Botschaft in Sanaa gesprochen. Ein Stamm mit einem unaussprechlichen Namen hat zugegeben, Jakob Nagel in seiner Gewalt zu haben.«
»Also doch!«, rief ich aus. »Was steht genau drin?«
»Weiß ich nicht«, antwortete er. »Sie wollen den Text erst an das Auswärtige Amt mailen. Und ob die den Inhalt des Schreibens ohne weiteres den Medien zugänglich machen, ist ja mehr als fraglich.«
»Gibt es Forderungen? Lösegeld? Die Freilassung irgendwelcher politischer Gefangener?«
»Grappa! Ich habe keine Ahnung. Kannst du nicht mal diesen Rumi
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