Grappa 14 - Grappa im Netz
Grappa?«
»Peter! Jetzt sei nicht so sensibel! Hast du sie denn nun endlich zum Essen eingeladen?«
»Ja.«
»Was?«
»Ja. Wir sind morgen Abend verabredet.«
»Oh, Mann! Das hätte ich dir gar nicht zugetraut.« In meiner Stimmen war Staunen. »Wo geht ihr hin?«
»Zu ihr.«
»In ihre Wohnung?« Ich fasste es nicht.
»Ja. Sie sagte, dass sie lange nicht mehr gekocht hat. Und dass es eine schöne Gelegenheit sei.«
»Mensch, Peter!«, sagte ich anerkennend. »Du bringst den Eiszapfen tatsächlich zum Schmelzen.«
»Ja. Hättest du nicht für möglich gehalten, nicht wahr.«
»Und was sagst du Gerda?«
»Dass ich einen dienstlichen Termin habe.«
»Verstehe! Der Klassiker.«
»Wir essen doch nur zusammen«, meinte Peter. »Außerdem sagst du doch, dass sie lesbisch ist.«
»Ja, aber manche Frauen tanzen auch auf zwei Hochzeiten.«
»Abwarten.«
»Peter?« Mir war noch etwas eingefallen.
»Was ist?«
»Wenn du bei der Hecke in der Wohnung bist, könntest du dann ...«, druckste ich.
»Was könnte ich?«
»Mal unauffällig in ihr Bücherregal gucken.«
»Und wonach?«, fragte er.
»Nach einem Buch, das eine Frau namens Valerie Solanas geschrieben hat.«
»Kenne ich nicht, die Frau!«
»Das glaube ich gerne«, lachte ich, »niemand kennt sie heutzutage noch. Ich will ja auch nur wissen, ob die Hecke das Buch besitzt.«
»Und warum musst du das wissen?«
»Frag nicht, Peter«, seufzte ich. »Hab Vertrauen zu mir, ja?«
Bananensuppe
Zur Sendung steuerte ich an diesem Tag nichts bei. Ich musste unbedingt weiter an der Single-Show arbeiten. Ich schrieb gerade am vorläufigen Laufplan, als mein Handy klingelte. Unwirsch über die Störung schaute ich auf das Display. Tom Piny.
»Hast du heute schon in den Agenturen gestöbert?«
Ich gab zu, nicht auf dem Laufenden zu sein.
»Guck mal bei der Deutschen Presse-Agentur. Ist gerade was eingegangen, das dich interessieren wird. Es geht ums Internet. Da bist du doch auch gern unterwegs.«
TOP nannte mir die Uhrzeit, zu der die Meldung verbreitet worden war, und ich holte sie auf den Schirm.
»Das ist wirklich ein Ding«, gab ich zu, als ich die Überschrift gelesen hatte: 41-JÄHRIGER SOLL INTERNETBEKANNTSCHAFT AUFGEGESSEN HABEN. »Glaubst du, ich knabbere auch an meinen Internetbekanntschaften herum?«
»Du doch nicht, Grappa«, entgegnete er. »Du vernaschst sie höchstens.«
»Wenn du wüsstest, was da so rumläuft«, klagte ich. »Da vergeht einem der Appetit. Und jetzt ciao, ich muss weiter darüber nachdenken, wie ich unsere Zuschauer bei Laune halten kann. Was Neues zu Nagel?«
»Nein. Aber du kannst morgen Stellungnahmen des Gaststättenverbandes und der Vereinigten Bierstädter Frauenverbände in meiner Zeitung lesen. Ich habe die nämlich heute zu den Forderungen der Entführer befragt.«
»Und?«
»Die Gastwirte werden weiter Alkohol ausschenken und keine Frau in Bierstadt wird sich verschleiern. Hast du etwas anderes erwartet?«
»Nicht wirklich.«
»Natürlich will Burger King aus dem Rathaus auch keine Moschee machen. Sie alle wollen dem internationalen Terrorismus entschlossen die Stirn bieten!« TOP lachte sich schlapp.
»Und als Nächstes hacken sie Nagel einen Finger ab ... und dann noch einen«, prophezeite ich. »Und so weiter und so weiter.«
»Er hat ja immerhin zehn davon. Passt übrigens zu der Meldung von eben. Und jetzt bye-bye, Grappa-Baby!«
»Mach's gut.«
Nun hatte er mich wieder von der Arbeit abgelenkt. Ich las die dpa-Meldung zu Ende:
Weil er eine Internetbekanntschaft ermordet und anschließend portionsweise aufgegessen haben soll, ist in Rotenburg ein 41-jähriger Mann festgenommen worden. Wie die Staatsanwaltschaft Kassel weiter mitteilt, hat der Mann gestanden, einen 42-Jährigen mit dessen angeblichem Einverständnis vor laufender Videokamera durch Stiche und Schnitte in den Hals umgebracht zu haben.
Daraufhin soll der 41-Jährige den Leichnam portionsweise tiefgefroren und den Rest vergraben haben. Später hat er das Fleisch zum größten Teil verzehrt. Besonders makaber: Der mutmaßliche Täter gab zu, das Geschlechtsteil des Opfers mit dessen Zustimmung abgeschnitten zu haben. Beide hätten es daraufhin gemeinsam gegessen. Die Anklagebehörde sprach von homosexuellen und kannibalistischen Neigungen beider Männer.
Die Polizei ist dem 41-Jährigen über eine Internetanzeige auf die Schliche gekommen. Hier suchte ein Mann Kontakt zu jemandem, der bereit wäre, sich von ihm töten und essen zu
Weitere Kostenlose Bücher