Grappa 14 - Grappa im Netz
ich von früher kenne. Sie heißt Gudrun Ottawa und kommt heute Nachmittag zu einer Besprechung ins Haus. Bitte seien Sie doch auch dabei, Frau Grappa.«
Ja, das würde ich. Der Name Ottawa sagte mir überhaupt nichts. Aber das bedeutete wenig – ich war ja noch nicht lange beim Unterhaltungsfernsehen.
Als ich nach der Konferenz den Raum verließ, lief Peter Jansen direkt hinter mir.
»Dein Kommentar heute ist ja ziemlich scharf«, meinte ich. »Aber Recht hast du! Die SPD scheint fast froh zu sein, dass Nagel von der Bildfläche verschwunden ist. Haben die etwa schon einen Nachfolger ausgeguckt?«
»Allerdings. Das ist ja das Schlimme. Der Planungsdezernent läuft sich ja schon lange warm und der Parteichef ist auch nicht abgeneigt. Beide wollen sich opfern.«
»Diese Pfeifen«, kommentierte ich grob. »Gibt es schon Reaktionen auf deinen Kommentar?«
»Allerdings«, grinste Jansen. »Die wollen jetzt Sammelbüchsen in den Ortsvereinskneipen aufstellen.«
»Super-Idee! In dreihundertfünfzig Jahren haben sie dann genug zusammen, um Nagel auszulösen.«
»Mehr, als den Finger in die Wunde zu legen, kann ich leider nicht tun«, bedauerte Jansen. »Meinst du, sie mag Blumen?«
»Wer?«
»Na, Ada!«
»Bestimmt! Pflück doch die Blümchen in deinen Augen und binde sie zu einem süßen Strauß.«
Schon über vierzig
In meinem Büro rief ich die fünf Männer an, die in der ersten Show von Herzflimmern auftreten sollten, und bestellte sie für das Ende der kommenden Woche zur Produktion der Sendung. Die Aufnahmeleitung hatte sich bereits in Absprache mit mir um die Studiodekoration gekümmert und die Requisite war dabei, die Ecke herzurichten, in der die Moderatorin mit den Gästen sitzen würde. Alles war in Nachthimmelblau und Silber gehalten, nicht gerade mein Geschmack, aber darauf kam es nicht an.
Ich ging mit dem Regisseur der Sendung die Kamerapositionen durch und besprach mit ihm den Programmablauf.
Dann war schon Mittagszeit. In der Kantine des Bierstädter Tageblattes steuerte ich den Tisch an, an dem Barbara Rutzo saß und mit nicht zu überhörender Lust an einem gebratenen Hühnerschenkel knabberte.
Ich winkte ihr zu und holte mir mein Essen. Ebenfalls mit einem Hühnerschenkel, der lasziv auf einer Salatgarnitur ruhte, ging ich zu Barbaras Tisch und setzte mich.
»Alles klar?«, kaute die Kamerafrau.
»Ich hasse diese Sendung schon jetzt«, bekannte ich. » Herzflimmern – der Titel ist das Beste an der Sendung. Kennst du eigentlich diese Gudrun Ottawa?«
»Ja, aber nur flüchtig.« Barbara schälte die letzten Fetzen des weichen Fleisches mit den Zähnen von dem Röhrenknochen. »Sie war vor zehn Jahren ganz groß im Geschäft«, erzählte sie. »Sie hat viele Live-Shows moderiert, Schlagerparade, Verbrauchersendungen und so weiter. Werbung hat sie auch mal gemacht. Ada Hecke war damals bei dem Sender beschäftigt, bei dem die Ottawa der Star war. Daher kennen die beiden sich.«
»Und warum taucht die Ottawa jetzt bei uns auf?«, fragte ich.
Das Hähnchen wollte nicht vom Knochen. Ich versuchte es mit Gewalt und prompt klatschte das Teil in den Salat, der wiederum in einem öligen Dressing lag. Ein paar Spritzer landeten auf meinem T-Shirt. Ich fluchte.
»Sie ist eigentlich zu alt, um vor der Kamera aufzutreten«, beantwortete Barbara meine Frage. »Sie bemüht sich seit Jahren wieder ins Geschäft zu kommen. Aber kein Sender nimmt eine Moderatorin, die jenseits der fünfunddreißig ist. Und die Ottawa ist schon Ü40.«
»Hatten die beiden mal was miteinander?«, wollte ich wissen.
»Keine Ahnung«, hielt sich Barbara bedeckt. »Noch einen Kaffee?«
»Aber immer!«
Ich brachte die Teller weg und Barbara holte den Kaffee.
»Hast du eigentlich inzwischen einen Mann?«, fragte sie.
»Zwei sogar«, antwortete ich wahrheitsgemäß. »Einen kastrierten Kater und einen strammen Hengst.«
Licht und Schatten
Dr. Ada Hecke und Gudrun Ottawa saßen schon – vertraut plaudernd – im Chefzimmer, als ich eintrat.
Der Eiszapfen hatte rote Wangen und schien total locker. »Gudrun, das ist deine Redakteurin, Frau Grappa.«
Wir gaben uns die Hände und musterten uns. Ottawa war blondiert, hatte halblanges Haar und ein telegenes Gesicht. Vernünftig geschminkt und professionell ausgeleuchtet konnte sie gut und gern als Mitte dreißig durchgehen.
Ich ging mit ihr den Ablauf der Show durch und schlug dann vor, ins Studio zu gehen. Dort setzte sich die Blondine in die Dekoration und der
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