Grappa 14 - Grappa im Netz
mich aufs Bett, versuchte, die Stelle zu finden, auf die Uli Urban zuletzt in seinem Leben geschaut haben musste: War es die hässliche Deckenlampe, in deren Glashaube die Körper von toten Stubenfliegen langsam zu Staub zerfielen, die mit Farbe mühsam kaschierte Schimmelpilzstelle in der oberen Ecke des Raums oder der voluminöse Gardinenvolant, der mit Rosen bedacht war? Nichts als schäbig. Kein würdevoller Abgang.
Mir reichte es. Ich verließ das Zimmer und ging zurück nach unten zum Portier, der sich wieder seiner Blut-und-Sperma-Lektüre zugewandt hatte.
»Wer hat die Leiche eigentlich gefunden?«
»Das Zimmermädchen. Ich bin dann schnell hoch und hab mir die Bescherung angeschaut.«
»Die Leiche lag auf dem Bett?«
»Ja. So komisch verdreht. Alles war voll gekotzt. Und der Typ hat sich wohl vor Angst in die Hosen gemacht, denn alles war versaut. Wir haben aber nichts angefasst, sondern sofort die Polizei geholt.«
»Haben Sie das Gesicht des Mannes gesehen?«
»Klar. Sah nicht gut aus. Schaum vor dem Mund und irgendwie verkrampft. Soll ja Gift gewesen sein, so schreibt die Zeitung.«
Ich legte den Zimmerschlüssel auf den Tresen. »Danke jedenfalls.«
»Wann kommen Sie mit der Kamera vorbei?«
»Ich ruf Sie an. Muss erst die Termine koordinieren.«
Er legte eine Karte vor mich. »Da stehen die Nummern drauf. Mein Name ist Droste.«
»Danke, Herr Droste. Ich melde mich dann, ja?«, behauptete ich.
»Sagen Sie nur rechtzeitig Bescheid«, grinste er, »damit ich noch zum Friseur kann.« Er griff in sein Haar, das für jeden Coiffeur eine Herausforderung der besonderen Art sein durfte, denn es stand in alle Richtungen ab – nur an der Stelle nicht, an der der kreisrunde Haarausfall zugeschlagen hatte.
Mit einem gequälten Lächeln verabschiedete ich mich.
Im Auto sitzend fiel mir Urbans Motto wieder ein, mit dem er im Internet auf Frauenjagd gegangen war.
Suche meine vollkommene O... eine Frau auf der Suche nach ihrer Bestimmung.
Die Mörderin schien ihre Bestimmung gefunden zu haben. Es war halt alles nur eine Frage der Definition.
Essen bei Ada
Im Sender lief mir Barbara Rutzo über den Weg. »Hallo, Grappa«, sagte sie gut gelaunt. »Wo warst du?«
Ich erzählte ihr von meinen Besuchen bei Frau Urban und im Hotel.
»Du hast hier echt was verpasst«, plapperte sie. »Der Eiszapfen ist mit dem Königspudel Schlitten gefahren, aber frag nicht nach Sonnenschein!«
»Geschieht ihm recht! Worum ging es denn?«
»Er monierte vor allen Leuten, dass du deine Sendung nicht gebacken kriegst. War richtig eklig!«
»Typisch! Er wartet, bis ich nicht da bin und mich nicht wehren kann.«
»Dann mischte sich Jansen ein«, erzählte Barbara weiter, »der dich natürlich verteidigte. Die Hecke sagte da noch nichts. Setzte dieses Pokerface auf. Und dann machte der Pudel einen großen Fehler. Er konstatierte, dass Zeitungsleute nichts von modernem Journalismus verstünden und nicht wüssten, wo der Hammer hinge. Die Hecke sagte immer noch nichts. Dann stand Jansen auf und meinte: Sie lächerlicher kleiner Wichser! Und verließ den Raum.«
Typisch Peter, dachte ich, er ließ sich nur bis zu einem ganz bestimmten Punkt provozieren. »Nun erzähl schon weiter! Was passierte dann?«
»Die Hecke ist Jansen nachgegangen, kam wenig später zurück und faltete den Pudel zusammen. Und wie!«
»Was hat sie denn nun genau gesagt?«
»Sie sind ein Dreckskerl!«
Mir fiel alles aus dem Gesicht. Dreckskerl? Wieso sagte sie ausgerechnet Dreckskerl zu ihm?
»Das hat sie gesagt?«, fragte ich ungläubig.
»Ja. Sie war absolut keine Dame mehr. So habe ich sie noch nie erlebt!«
Barbara schmückte den Vorfall noch ein wenig aus, doch ich hörte nicht mehr richtig zu. Meine Gedanken kreisten unaufhörlich um das Wort Dreckskerl.
Ich ging in mein Zimmer und griff zum Telefonhörer. Jansen war sofort dran. »Was war denn heute Morgen los?«
Er berichtete den Hergang ähnlich wie Barbara.
»Ada hat sich bei mir entschuldigt und gebeten, dass ich wieder an der Konferenz teilnehme«, berichtete Peter Jansen mit weicher Stimme. »Mein Urteil sei wichtig für sie. Ich glaube, Grappa, sie schätzt mich wirklich!«
»Natürlich schätzt sie dich. Tun wir doch alle«, entgegnete ich trocken.
»Ich glaube, sie mag mich.«
»Klar, mag sie dich. Wir alle mögen dich!«
»Wir alle mögen dich ...«, äffte er mich nach. »Wir können gar nicht anders, als diesen alten Trottel zu mögen ... Wolltest du darauf hinaus,
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