Grappa 14 - Grappa im Netz
machen?«, fragte TOP ungerührt weiter.
»Warum? Warum?«, äffte ich ihn nach. »Wenn du's rausgekriegt hast, dann teil's mir mit. Damit ich mir das Arschloch vorknöpfen kann! Und jetzt: Tschüs!« Ich stellte das Handy ab.
Inzwischen hatte sich die Lage etwas beruhigt. Programmchefin Dr. Ada Hecke steuerte auf mich zu, im Schlepptau einen Jungen.
»Das ist mein Sohn Guido«, erklärte sie auf meinen erstaunten Blick. »Er wollte unbedingt mit. Sie wissen ja, wie Kinder sind. Ich muss nach draußen, um ein Statement zu dem Vorfall abzugeben. Bin gleich wieder da.«
»Klar«, log ich. »Ich weiß, wie Kinder sind.«
Sie lächelte, drückte das Kreuz durch, setzte einen geschäftsmäßigen Blick auf und stöckelte Richtung Ausgang – eine Ritterin, weder Tod noch Teufel fürchtend.
Ich wandte mich dem Kind zu. Hoffentlich macht der Kleine keinen Stress, dachte ich. Der Junge hatte sich die Haare in verschiedenen Farben getönt, einen Gardinenring in der Augenbraue, seine Hose hing bis zu den Kniekehlen und die Schuhe waren größer als sein Kopf. Kein Sohn, den ich der Hecke zugetraut hätte!
»Willst du 'ne Cola?«, fragte ich das Kind.
»Nee, lass mal! Trinken sollte man hier ja besser nichts.« Er duzte mich einfach.
Ada, du hast versagt, dachte ich.
»Wer ist denn der Oberbulle hier?«, fragte Guido mäßig interessiert.
»Da kommt er gerade!« Ich deutete auf Hauptkommissar Anton Brinkhoff. »Willst du ihm bei der Aufklärung des Falles helfen?«
»Ich will ihm nur was geben«, antwortete der Junge. »Das klebte an der Tür da drüben. Von außen.«
»Zeig mal!«
Guido kramte einen Zettel aus der Tasche seiner überdimensionierten Hose und reichte ihn mir. Das Blatt war nicht besonders groß und zeigte das Abbild einer großen Heuschrecke.
Ein Blitz schlug mir ins Hirn! Das Tier ähnelte dem Insekt, das Kaligula heute früh beim Frühstück auf die Papierserviette gemalt hatte.
Ich behielt den Zettel und sagte: »Das wird den Hauptkommissar sicher interessieren. Wir gehen gleich zu ihm.«
In meinem Kopf ging alles drunter und drüber. Bevor ich meine Gedanken ordnen konnte, steuerte Anton Brinkhoff schon auf mich zu.
»Das war ja eine tolle Sendung, was?«, flapste er. »Wollten Sie sich Ihren Platz an der Wand im Henker verdienen, Frau Grappa?«
»Ich finde das gar nicht komisch«, meinte ich.
»Entschuldigen Sie! Niemand ist ernsthaft verletzt«, beruhigte mich der Kommissar. »Ich habe gerade im Krankenhaus angerufen. Die Leute müssen sich nur ausschlafen und sind bald wieder fit.«
»Das ist Guido!« Ich schob den Jungen vor mich. »Er ist der Sohn meiner Chefin und er hat das hier an der Tür gefunden.«
Brinkhoff nahm die Zeichnung, sah sie an und stutzte. Nach einigen Sekunden wandte er sich von uns ab und holte sein Handy heraus.
Ich spitzte die Ohren und hörte, was ich hören wollte: »Dr. Kaligula? Gut, dass ich Sie erreiche. Könnten Sie wohl zu TV Fun kommen? Es hat hier einen Anschlag während einer Live-Sendung gegeben. Und – es könnte sich um einen Gruß unserer Mörderin handeln.«
Kopflose Kopulation
»Nun sag schon!«, drängte ich. »Was bedeutet diese Heuschrecke?«
Julius Kaligula und ich hatten uns nach dem vorläufigen Ende der Ermittlungen in eine Bar verzogen.
»Das Tier ist das Markenzeichen der Täterin«, antwortete er. »Sie hinterlässt es bei jedem Mord.«
»Und warum weiß ich das nicht?«, fragte ich.
»Weil das nicht an die Öffentlichkeit soll«, erklärte der Profiler. »Um Trittbrettfahrern keine Chance zu geben.«
»Du hast das Tier bei unserem Frühstück auf die Serviette gemalt.«
»Tatsächlich?« Es schien ihm peinlich zu sein. »Manchmal bin ich so in meine Fälle vertieft, dass ich ... an nichts anderes denken kann.«
»Ich hatte aber nicht den Eindruck, dass du letzte Nacht nur an den Fall gedacht hast!«
»Das stimmt«, nickte er.
»Ist das ein Kompliment?«, fragte ich.
»Vielleicht auch etwas mehr«, lächelte er, nahm meine Hand und küsste sie.
Die Getränke kamen. Sie waren blutrot, am Glasrand klemmte eine Zitronenscheibe und der Geruch von Medizin stieg in meine Nase.
»Zum Wohl!«, sagte mein Lover.
»Zum Wohl!« Ich legte meine Hand an seine Wange.
In diesem Moment klingelte es in Kaligulas Jackett. Er griff nach dem Handy und meldete sich. Es musste beruflich sein, denn seine Körperhaltung änderte sich, wurde aufrechter, die Miene drückte höchste Aufmerksamkeit aus und die Stimme war geschäftsmäßig
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