Grappa 14 - Grappa im Netz
Namen SCUM antwortete Tom noch in derselben Nacht. Sie erklärte sich mit einem Treffen und der Hotelwahl einverstanden. Die Pension, die Kaligula für das Treffen zwischen Tom Piny und SCUM ausgesucht hatte, war ein unauffälliger Kasten am Rand von Bierstadt. Sie gehörte zu einer Hotelkette und lag in der Nähe eines Industriegebietes mit mehreren Autobahnauffahrten. Ich hatte so lange gequengelt, bis Kaligula mir versprach, dass ich die Ergreifung der Mörderin miterleben durfte.
Meinem Vorschlag, dass ich mich als Barfrau verkleiden würde, konnte er allerdings nichts abgewinnen.
»Wir haben unsere Leute für so was«, meinte er, »außerdem würdest du ja überhaupt nichts mitkriegen, denn Barfrauen bleiben hinter der Bar. Ich hab einen Platz für dich in unserem Kommandozentrum neben dem besagten Zimmer reserviert!«
Das war wiederum sehr gut! Ich hatte mich krankgemeldet. Das war glaubhaft, denn nach dem Anschlag auf die Sendung zeigten einige unserer Mitarbeiter ziemlich schwache Nerven.
»Kann Tom auch wirklich nichts passieren?«, vergewisserte ich mich. Kaligula und ich saßen in einem Raum des Hotels, das völlig in der Hand der Kripo war. In dem Hotelzimmer, in dem der ›Liebesakt‹ zwischen TOP und der Mörderin stattfinden sollte, waren zahlreiche Mikrofone und eine kleine Kamera angebracht worden. Außerdem konnten wir durch eine Glasscheibe, die als Spiegel getarnt war, jeden Laut und jede Bewegung mitbekommen.
»Wie habt ihr das denn so schnell hingekriegt?«, fragte ich mit Blick auf den Durchguck.
»War kein Problem. Manchmal arbeiten Handwerker auch zügig, wenn's eilt.«
»Wie werdet ihr vorgehen?«
»Eigentlich haben wir an alles gedacht«, beantwortete Kaligula meine Frage. »Der gefährlichste Punkt ist der Moment, an dem die Täterin die Waffe zieht und sie an den Kopf des Opfers hält, um es zu zwingen, die letzten Worte zu sprechen.«
»Du glaubst nicht, dass sie abdrückt, wenn die Bullen das Zimmer stürmen?«
»Nein. Ich glaube, dass sie sich im Griff hat und sehr schnell die Aussichtslosigkeit ihrer Lage begreift.«
»O Mann, ist das spannend!«, rief ich begeistert aus. »Ich werde einen Krimi schreiben, wenn das hier alles vorbei ist. Mit uns beiden als Helden.«
Kaligulas Miene ließ offen, ob er meinen Vorschlag goutierte. Er nahm sein Handy und gab Instruktionen. Hauptkommissar Anton Brinkhoff war der Mann, der in der Nähe des Hotels auf die Ankunft einer Frau wartete, die SCUM sein könnte. Dann würde er uns sofort informieren.
Der Profiler schaute auf die Uhr. »Gleich müsste Piny auftauchen.«
In dem Moment summte das Handy. Kaligula lauschte hinein und sagte: »Okay, ich verstehe.«
»Piny?«, fragte ich.
Kaligula nickte. »Er betritt gerade das Hotel.«
Ich bemerkte, dass meine Nerven aufs Höchste angespannt waren.
»Komm!«, sagte Kaligula. Er zog mich zur Wand mit der Scheibe. Noch rührte sich in dem Zimmer nebenan nichts.
»Wo bleibt der denn?«, fragte ich ungeduldig.
»Sie treffen sich doch an der Bar. Zu einem Begrüßungsschluck.«
»Ich hätte TOP gar nicht für so romantisch gehalten«, ulkte ich.
»Das war eine Empfehlung von mir. Die Täterin trinkt vorher manchmal was an der Bar. Vielleicht um ein Feeling für ihr Opfer zu entwickeln.«
»Hoffentlich geht alles gut«, murmelte ich. »Und wenn sie es doch nicht ist?«
»Du kannst einen ganz schön nervös machen!«
Wir starrten voller Spannung in das Nachbarzimmer. Die Minuten verrannen.
Plötzlich öffnete sich nebenan die Tür. Kaligula legte den Zeigefinger auf die Lippen.
Gebannt sah ich, wie Tom Piny den Raum betrat, dicht gefolgt von einer Frau. SCUM hatte dickes, gelocktes blondes Haar, war ziemlich klein und mit üppigen Formen gesegnet. Das Gesicht konnte ich nicht richtig erkennen, sie trug eine dunkle Brille und die Haare fielen über ihr Antlitz.
»Willst du noch was trinken?«, fragte SCUM . Tom saß auf dem Bett und wusste wohl nicht, was er machen sollte. Einmal sah er genau zu uns hin, irgendwie hilflos.
Die Frau ging zur Minibar. Die musste direkt unter dem durchsichtigen Spiegel stehen, denn das Gesicht der Frau war plötzlich voll im Bild. Die Augen waren noch immer von der Brille verdeckt, doch sie griff nach ihr, nahm sie ab, als sie sich bückte, und richtete sich wieder auf.
»Nein!«, krächzte ich.
»Leise!«, warnte mich Kaligula.
»Erkennst du sie denn nicht?«, flüsterte ich aufgeregt.
»Was?«
Die Frau hatte inzwischen zwei Gläser in der Hand
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