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Grappa dreht durch

Grappa dreht durch

Titel: Grappa dreht durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Wollenhaupt
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und seine Mannen.
    »Die da?« nuschelte er.
    »Genau!« bestätigte ich. »Besonders der Dünne. Der behauptet sogar, daß ihr keinen mehr hochkriegt. Noch nie hochgekriegt habt. Höchstens bei euren Kühen.«
    Inzwischen hatte sich um mich ein Hochsauerlandkreis gebildet. Gierig weideten sich rund zehn Wilde an der Demontage ihrer Männlichkeit, um sie als nackten, unverfälschten Aggressionsschub wieder von sich zu geben. So hoffte ich und wartete.
    Sie brauchten eine Weile, um die Informationen zu verdauen. Ich trat beiseite. Langsam schritten die Sauerländer auf den Vierertisch zu. Brokkoli schäkerte gerade mit seiner Tussi. Ich verdrückte mich aufs Damenklo.
    Dort blieb ich ein paar Minuten länger als nötig. Die Laute, die zu mir drangen, verwandelten das stille Örtchen in eine brodelnde Sache. Sie erinnerte mich an die CD in unserem Geräuschearchiv: Splitterndes Glas, brechendes Holz, spitze Schreie und tiefes Wutgegröhle - alles vom Allerfeinsten. Hof-
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fentlich hat sich Mike rechtzeitig in Sicherheit gebracht, dachte ich.
    Ich puderte meine Nase, erneuerte den verrutschten Lidschatten, legte Lippenrouge nach und schüttelte die Frisur in Form. Dann trat ich durch die Tür in den Barinnenraum.
    Nichts war mehr so wie vorher. Der Sauerländer Wirbelsturm hatte seine Sache gut gemacht. Die Möbel waren hinüber oder mußten zumindest neu bezogen werden. Der Boden war ein klebriger Cocktail aus allen Alkoholika, die es im »Chérie« jemals gegeben hatte.
    Blaulicht erschütterte die Szenerie. Emsige Samariter mit Malteserkreuz auf den Uniformen sprangen leicht geduckt aus den Rettungswagen und hievten menschenähnliche Reste auf Bahren. Die Gesichtszüge der Retter verrieten heiligen Ernst und den festen Willen, den Bierstädter Kliniken bei der Belegung ihrer Betten behilflich zu sein. Sie beherrschten ihre Arbeit mit präzisen Handgriffen.
    Zufrieden und glücklich ging ich durch den Raum ins Freie. Die nächtliche Kühle füllte meine Lungenflügel. Mein Blick fiel auf zwei Notarztwagen und mehrere grüne Minnas. Ich sah, wie ein langer dünner Mann, leise wimmernd, in den Rettungswagen geschoben wurde.
    Die paar Schritte zur Bahre legte ich leichtfüßig zurück. »Mein armer Bruder«, stammelte ich, »kann ich mit ihm sprechen?«
    Die Malteser wichen zurück.
    »Könnten Sie etwas beiseite treten?« bat ich. »Ich habe meinem Bruder etwas Vertrauliches mitzuteilen.«
    Stumm gingen die Retter ein paar Meter weiter.
    »Hallo, du Dreckstück!« jubelte ich. »Erinnerst du dich an mich? Wie hat dir der Sauerländer Cocktail gefallen? Wenn du mir noch mal in die Quere kommst, werde ich den Sauerländer Tornado für dich einfliegen lassen. Meine Empfehlung an den falschen Italiener!«
    Der Verletzte stöhnte und schloß vor Entsetzen die Augen.
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Auf meinen Wink trabten die Malteser wieder an, schoben ihr Opfer in den Kombi und klappten die Flügeltüren zu.
    »Diese Schlägerei war das Schärfste, was ich je in dieser Richtung gesehen habe!« sprach Mike Zech mit Hochachtung in der Stimme. Er stand wieder neben mir. »Die Jungs haben sie überrollt, als hätten sie einen Trecker unterm Hintern. Brokkoli und seine Gorillas hatten nicht die geringste Chance. Die waren völlig perplex. Was haben Sie den Jungs erzählt?«
    »Daß Brokkoli ein hoher EG-Kommissar ist, der ihnen die Milchsubventionen streichen will«, grinste ich.
    »Ich glaube Ihnen kein Wort!« Er prustete los. »Los, gehen wir! Jetzt feiern wir richtig.«
    »Und das Diktiergerät?«
    Er tippte auf seine Hosentasche. »Alles in Sicherheit. Hören wir das Band bei Ihnen oder bei mir ab?«
    »Bei Ihnen«, meinte ich kühler als beabsichtigt, »ich bin auf Besuch nicht vorbereitet.«
    Er lächelte in sich hinein und schwieg.
    Flirt für Anfänger und die Mann-Frau-Rituale
    Er hatte mit Besuch gerechnet. Die Wohnung war aufgeräumt, im Kühlschrank lagen italienische Weißtröpfchen, der Imbiß war bereits hergerichtet und mit Alu-Folie abgedeckt.
    »Klasse!« sagte ich. »Als Hausmann würden Sie sich gut machen. Wie niedlich Sie diese kleinen Häppchen dekoriert haben! Sogar Radieschen und Petersilie liegen an der richtigen Stelle.«
    Er lächelte und meinte: »Ich will mich nicht mit fremden Federn schmücken. Ich habe die Sachen beim Partyservice bestellt. Das Programm hieß >Abendessen zu Zweit< Alles im Preis drin, sogar das Geschirr.«
    »Teuer?«
    »Gerade so teuer, daß ich es mir als vom Dienst

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