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Grappa dreht durch

Grappa dreht durch

Titel: Grappa dreht durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Wollenhaupt
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Ein bißchen Macho-Touch, aber zivilisatorisch gebremst.
    »Ich bin nicht böse auf dich«, sagte ich zu Bertha, »es ist sowieso zu spät. Es ist, wie es ist. Wir alle hängen dick in der Sache drin, und ich weiß nicht, was uns noch alles erwartet. Aber leg mich bitte nicht nochmal aufs Kreuz, liebe Tante!«
    Die Waldmenschen mischen mit
    Das »Chez Chérie« war noch abgetakelter, als ich es in Erinnerung hatte. Zur Zeit feierten die Kneipiers in der Nähe des »Platzes« die Erweiterung der ordnungsamtlich verpaßten Sperrstunde um sechzig Minuten. Die Getränke kosteten nur
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die Hälfte des üblichen Preises - und das war noch überbezahlt.
    Mike Zech hatte mich hierher geschleppt. Er hatte sich mit Feuereifer an die Arbeit gemacht und den Möchtegern-Mafioso Alfons Brokkoli observiert. Angeblich hatte sein Opfer nichts gemerkt.
    Nun war ich also wieder im »Chez Chérie« gelandet, dieser lahmen Kopie einer richtig verruchten Bar. Hier hatten wir damals mit unserer Suche nach Carola begonnen.
    Heute abend verkehrte in dem Laden der gesamte Sauerländer Landadel. Junge Bauernburschen oder Forellenzüchter mit dem Geruch von Harz und Heu in den Klamotten. Die Waldmenschen konnten es mit den Leberwerten eines durchschnittlichen Bierstädters durchaus aufnehmen.
    Die Mädels in der Bar hatten dem ländlichen Tornado Rechnung getragen. Alfons Brokkoli hatte seine Reservebank mobilisiert und sie hierher geschickt.
    Jede Menge Mädchen, manche von ihnen absolut nicht mehr taufrisch, lümmelten sich erwartungsvoll auf den Barhockern. Ich sah Strumpfhosen mit Laufmaschen, Rockbündchen mit Sicherheitsnadeln und auf den Gesichtern rosige Spachtelmasse.
    Zech und ich drückten uns in einer verborgenen Ecke herum. Die rotbezogenen Sessel harten jede Menge Flecken, die Biergläserspuren vieler Besuchergenerationen vor uns waren wie Jahresringe von Bäumen auf den mit Messing beschlagenen Tischen zu sehen.
    Ich nippte an einer Cola, Mike Zech hatte sich ein Bier bestellt. Es hatte das Schäumen genervt aufgegeben, als es endlich auf dem Tisch stand.
    »Hoffentlich kommt er auch!« flüsterte ich.
    Zech nickte. Es sah beschwörend aus.
    Die Minuten vergingen. Die Sauerländer eroberten die Bar. Sektkorken flogen, die ersten Waldmenschen griffen an die Knie der Mädels aus Brokkolis Reserveschrank. Manch einer,
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enthemmt durch zehn Glas Bierstädter Blondsaft, schob die schwielige Hand schenkelaufwärts.
    Dann kam Brokkoli. Er sah italienischer aus als jeder sizilianische Olivenpflücker. Das tiefschwarze Haar glänzte sogar im schlappen Licht der rotstichigen Funzeln. Der Schnurrbart mußte mit schwarzer Schuhcreme auf Vordermann gebracht worden sein. Der gedrungene Körper steckte in einem gut sitzenden Anzug in Pepitamuster für Kurzsichtige. Der Haifischkragen des Hemdes legte Zeugnis von Alfons Brokkolis Geisteshaltung ab, die zu breite Krawatte schrie gelbe und violette Farben in die Welt hinaus. In seinen Augen war niemand zu Hause. Gerüchte sagten, daß dies an jahrelangem Kokaingenuß läge, der seinen Intelligenzquotienten hartnäckig hinunter in den roten Bereich drückte.
    Zur Zeit hatte er ein Verhältnis mit der Tochter eines Bierstädter Bauunternehmers. Es war die Tussi, die ich in der Nacht in seiner Falle gesichtet hatte. Damals hatte sie nur eine Schlafanzughose getragen, heute mimte sie die Femme fatale. Auch sie schien nicht mehr frischen Geistes zu sein, denn sie hatte sich in Brokkolis starken Arm eingeklinkt wie ein Karabinerhaken. Dafür hatte sie ein teures Kleid an, das mit seinem Gefunkel den Sternenhimmel in den Schatten stellen konnte.
    Hinter dem Pärchen Brokkolis Garde. Der dünne Junge, der mich so furchtbar vermöbelt hatte, war auch dabei. Ich spürte, wie mir das Messer in der Tasche aufsprang.
    »Das ist der Typ, dem ich meine Prügel zu verdanken habe!« zischte ich Mike Zech zu. »Der Dünne mit den Lackschuhen und dem hellen Mantel.«
    »Dieses Würstchen?« entrüstete er sich. Dann warf er sich in die Brust und ballte die Fäuste.
    Ich war gerührt. »Gut gemeint ist doch auch schon was«, flüsterte ich, »aber denken Sie gar nicht erst dran. Der Typ ist im Training. Trotzdem danke!«
    Brokkoli und seine Begleitung setzten sich an einen reservierten Tisch. Die Bedienung wieselte mit schwingenden Hüften heran, nahm die Befehle entgegen und verschwand wieder.
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»Die warten auf jemanden«, erklärte Mike Zech, »ein Treffen in Sachen Masul.«
    »Und woher

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