Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grappa und die keusche Braut

Grappa und die keusche Braut

Titel: Grappa und die keusche Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
Vom Netzwerk:
echt fehlen, wenn du Oberbürgermeister geworden bist.«
    »Du kannst mich jederzeit anrufen und dir deinen Spruch abholen«, lachte er. »Und jetzt erhol dich. Morgen ist Großkampftag.«
    »Wieso das?«
    »Für mich, Grappa«, erklärte mein Noch-Chef. »Ich werde mein Wahlprogramm den SPD-Delegierten vorstellen. Na, die werden Augen machen.«
    »Dann kann es also sein, dass sie dich danach nicht mehr wollen?«, schöpfte ich Hoffnung.
    »Davon gehe ich aus. Mein Programm ist entschieden sozial. Mehr Kohle für die armen Leute, Personalabbau in der Verwaltung.«
    »Und wovon willst du das bezahlen?«, fragte ich.
    »Ganz einfach. Verkauf der städtischen Immobilien und der Aktienpakete und Beteiligungen.«
    »Damit kommst du bei den Sozis nicht durch«, atmete ich auf. »Die sitzen mit ihren Ärschen doch fest in den Vorständen und Aufsichtsräten und streichen die Sitzungsgelder ein.«
    »Abwarten. Vielleicht hat ja der eine oder andere kapiert, dass es nicht so weitergehen kann«, entgegnete Jansen. »Ich habe jedenfalls nicht vor, den ausgetrampelten Pfaden meiner Vorgänger zu folgen.«

     
    Ausgetrampelte Pfade. Wieder ein Begriff, der mir nicht aus dem Kopf gehen wollte. Mein Weg sah so ähnlich aus, nur hatte ich den Pfad selbst getrampelt und nicht gemerkt, dass es ein Rundpfad war. Immerzu im Kreis. Das war mein aktuelles Problem. Ich stand am Fenster und blickte in den Garten.
    Bevor ich mich der Depression ganz hingeben konnte, hörte ich ein Klopfen. Wer konnte das sein? Ich lief zur Eingangsseite, konnte aber niemanden entdecken. Also runter die Treppe und zum Hinterausgang der Küche. Eins der Probleme mit meinem Erdhügelhaus war, dass man nicht hören konnte, aus welcher Richtung Geräusche kamen. Für meine geliebte klassische Musik war das wunderbar, denn die umhüllte mich wie ein allgegenwärtiger Schleier aus Tönen.
    Woher kam das Klopfen? Wollte mich jemand überfallen oder gar ermorden?
    Mutig öffnete ich die Tür zum Balkon. Der Jemand kauerte hinter dem Geländer und spähte in den Garten. Es war Caro. Sie stürzte an mir vorbei ins Haus.
    »Was machst du denn hier?« Etwas Besseres fiel mir nicht ein.
    »Ich bin übers Feld gekommen und durch die Seitenpforte in den Garten geschlüpft.«
    Wir setzten uns in die Küche und sie berichtete von ihrer Flucht aus dem Gästehaus der Polizei. Ich hatte Kaffee zubereitet und ein originelles Frühstück zusammengestellt: altes Brot, Tomatenmark, Gewürzgurken und Frischkäse.
    »Das war so«, erzählte sie. »Auch Bullen müssen mal pinkeln. Und da bin ich raus.«
    »Wie hast du das geschafft bei doppelt gesicherten Türen?« Die Sache kam mir merkwürdig vor.
    »Ich hab sie einfach aufgedrückt.«
    »Einfach so?«
    »Genau. Dann hab ich mich in den erstbesten Bus gesetzt, der bei der erstbesten Haltestelle anhielt. Ich landete am Hauptbahnhof. Von dort habe ich mir ein Taxi genommen. Und nun bin ich hier.«
    »Dann hast du deine Spuren ja genial verwischt«, lobte ich sie. »Ein Anruf der Polizei bei der Taxizentrale und sie haben dich. Dem beugen wir mal vor.«
    Ich nahm mein Handy und wählte Kleist an. »Ich muss dir etwas sagen …«
    »Ich weiß. Ich bin auf dem Weg zu euch«, erklärte er. »Brötchen?«

     
    »Was verschafft uns die Ehre deines Besuches?«, fragte ich. »Willst du Caro wieder zurückbringen?«
    »Ich komme nicht mit!«, sagte sie trotzig.
    »Sie haben recht, Sie sind hier besser aufgehoben.« Kleist lächelte Caro an. »Auch wenn Frau Grappa nicht immer wie eine fürsorgliche Mutter agiert. Aber Sie sind ja schon groß.«
    »Steh ich denn noch unter Verdacht, Lerche vergiftet zu haben?«
    »Ein dringender Tatverdacht besteht nicht. An der Pralinenschachtel, die wir in Lerchenmüllers Wohnung gefunden haben, gibt es keine Fingerabdrücke. Ebenso an den Utensilien in Ihrem Zimmer.«
    »Und wer hat Lerche nun gekillt? Lara?«, fragte Caro.
    »Ein dringender Verdacht besteht auch gegen Frau Lindenthal nicht. Wir können ihr gar nichts beweisen. In ihrem Appartement gab es keinerlei Spuren von Rizin. Sie besitzt noch nicht einmal einen Rizinus als Topfpflanze. Aber es gibt dennoch eine neue Entwicklung.«
    Ich horchte auf. Kleist plauderte über dienstliche Dinge – und das im Beisein einer neugierigen Reporterin und einer halbwüchsigen ehemaligen Hauptverdächtigen. Hatte ihm jemand Quasselwasser zu trinken gegeben?
    Mein Hauptkommissar schob sich eine Gewürzgurke in den Mund und kaute sie bedächtig. Dann spülte er

Weitere Kostenlose Bücher