Grappa Und Die Seelenfaenger
Bussmann gestehen und eine lebenslange Haftstrafe riskieren, wenn er unschuldig war?
Ich packte den Inhalt aus. Die Fotos zeigten Monika Weber. Oder ihre Schwester Bettina? Immer mit demselben Mann. Robert Fuchs.
Er hatte gelogen, als er mir erzählt hatte, Monika Weber nur flüchtig zu kennen. Wieso war Weber so sicher, dass die Frau auf den Fotos Monika und nicht Bettina war?
Viele Situationen, in denen die beiden fotografiert worden waren, strahlten Intimität aus. Händchenhalten im Café, Umarmungen in einem Park und mehrere Bettszenen, die durch ein Fenster geknipst worden waren: Robert Fuchs und Monika beim Sex.
Ich wandte mich den Briefen zu. Es waren insgesamt fünf. Auf den Umschlägen stand Monika Webers Adresse.
Ich überflog das Geschriebene. Der Unterzeichner war ein R., was auf Fuchs hindeutete. Ich hatte Liebesbriefe erwartet, wurde jedoch enttäuscht. Es ging hauptsächlich um Geld und darum, dass die Beziehung zwischen Fuchs und Monika vor den Mitgliedern der Kirche der Erleuchteten geheim gehalten werden müsse.
Wir müssen darüber schweigen, um den Weg zur völligen inneren Freiheit nicht ungangbar zu machen. Das Wichtigste ist: Mach Geld. Mach mehr Geld. Mach, dass andere Leute produzieren, um mehr Geld zu machen.
Den Briefen lagen noch lose Zettel bei, auf denen Sprüche Ronny Hovarts zu lesen waren – zum Beispiel dies:
Wenn ein Thetan merkt, dass sein Körper stirbt, muss er sich eine neue Hülle suchen. Die Übernahme geschieht in den meisten Fällen wenige Minuten nach der Geburt. Ein Thetan übernimmt einen Babykörper dann, wenn dieser seinen ersten Atemzug macht.
Gruselig und verwirrend. Ich dachte an Monika Webers Schwangerschaft. Sollte ihr Baby als Hülle für einen alternden Thetan dienen? Hatte Bernd Bussmann diese Pläne zunichte gemacht?
Ich rief im Polizeipräsidium an.
Kleist war in seinem Büro.
»Habt ihr eigentlich die Wohnung von Monika Weber durchsucht?«, fragte ich.
Lieber hätte ich gefragt, ob er die Nacht trotz Clara ungestört verbracht hatte.
»Ja, aber wir haben nichts Auffälliges gefunden.«
»Arnold Weber war bei mir. In Monikas Sekretär gibt es ein Geheimfach. Briefe und Fotos. Weber glaubt nicht, dass ihr den richtigen Mörder habt.«
»Und wer soll es seiner Meinung nach gewesen sein?«, fragte Kleist.
»Robert Fuchs.«
»Geht das aus den Briefen hervor?«
Ich verneinte. »Die beiden hatten aber eine Beziehung und Fuchs wollte das geheim halten. Das Kind könnte von ihm sein. Habt ihr die DNA des Fötus gesichert?«
»Ja, das ist Standard. Aber verglichen haben wir die Proben nicht. Warum sollten wir auch? Wir haben ein Geständnis«, erinnerte Kleist.
»Vielleicht wollte Monika auspacken und hat sich mit Fuchs angelegt. Und er hat sie erwürgt.«
»Und Bussmann zu einem Geständnis gebracht?« Kleist lachte. »Ich bewundere deine Fantasie, Maria.«
»Und wenn Monika tatsächlich von Fuchs schwanger war?«
»Auch dann«, meinte er. »Ein bisschen wenig Motiv für einen Mord, findest du nicht?«
Da musste ich ihm leider recht geben. Trotzdem scannte ich die Fotos und Briefe und sandte sie ihm.
Zu schwach, den Irrweg zu erkennen
Die Staatsanwaltschaft hatte Monika Webers Leiche freigegeben und heute war der Tag ihrer Beerdigung. Es war ein schöner Sommertag, der alles andere verhieß als die Grablegung eines 32-jährigen Mordopfers. Ich war mit Pöppelbaum verabredet und gespannt, mit welchen Ritualen die Kirche der Erleuchteten ihre Mitglieder unter die Erde brachte.
Wayne wartete am Eingang des Friedhofs. »Hallo, Grappa. Wir haben volles Haus. Die sind alle schon an mir vorbei zur Trauerhalle.«
»Auch der Vater?«
»Nee, der noch nicht.«
»Dann warten wir noch«, beschloss ich. »Ich muss ihm noch etwas sagen.«
Wie aufs Stichwort hielt ein Taxi. Arnold Weber stieg aus – in der Hand einen Strauß gelber Rosen.
»Hallo, Herr Weber. Ich habe die Briefe gelesen und mir die Fotos angeschaut.«
»Dann wissen Sie ja jetzt auch, wer Monika in Wahrheit umgebracht hat.«
»Das geht aus dem Material nicht hervor«, widersprach ich. »Ich kann gut verstehen, dass Sie Fuchs nicht leiden können. Aber Sie verrennen sich da.«
Ein weiteres Taxi stoppte. Eine junge Frau mit kurzem blondem Haar stieg aus. Sie trug einen schwarzen Hosenanzug und hatte die Augen hinter einer riesigen Sonnenbrille verborgen.
»Bettina!«, rief Arnold Weber. »Bettina!«
Die Frau verharrte und schaute zu uns herüber. Weber lief auf
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