Grappa und die Toten vom See
schnell half.
»Warum glaubt Herr Kleist, dass Sie mir helfen können?«
»Ich weiß Dinge über Holger Bruns.«
»Ach?«, dehnte ich.
»Ja. Er war in Italien. Am Tatort. Und er hatte die gestohlenen Unterlagen.«
»Das weiß ich schon. Aber woher wissen Sie das?«
»Er hat es mir vor ein paar Tagen gesagt«, berichtete sie. »Er wollte die Papiere an Motte verkaufen. Ich hab ihn davor gewarnt. Mit solchen Leuten macht man keine Geschäfte.«
»Er hat es trotzdem versucht«, stellte ich fest. »Erzählen Sie mir etwas, was neu für mich ist. Warum war er am Tatort? Warum hat er immer vehement abgestritten, David Cohn persönlich zu kennen?«
»Vielleicht weil es ihm nicht um Cohn ging, sondern um Schatto.«
»Schatto?« Darauf wäre ich nicht gekommen. Das war neu.
»Er wollte wissen, was Schatto vorhatte und …«
»Moment«, unterbrach ich sie. »Was hat Bruns mit Schatto zu tun?«
»Chantal. Sie ist Bruns’ Tochter.«
Das haute mich um. Im Nebel der Verwirrung tauchte plötzlich ein ganz neues Motiv für den Mord an Schatto auf!
Luisa Licht machte weiter. »Holger war Chantals Freundschaft zu Schatto schon lange ein Dorn im Auge. Und dann hat der Typ sie auch noch geschwängert. Stellen Sie sich das vor: Holgers Tochter bekommt ein Kind von einem bekannten Nazischläger! Doch je mehr Holger Chantal unter Druck setzte, desto stärker hielt sie an Schatto fest.«
»Das war bestimmt hart für Bruns.«
»Ja, aber dann kippte die Sache. Chantal bekam Angst. Sie erzählte ihrem Vater, dass Daniel einen Spezialauftrag in Italien hatte. Einen lukrativen Auftrag. Schatto hatte Chantal schon Geld gezeigt, das er als Anzahlung bekommen hatte. Darum ist Holger ihm dann nach Italien gefolgt.«
»Warum haben Sie nicht gleich gesagt, dass Chantal und Bruns Tochter und Vater sind?«, fragte ich.
»Auch ich unterliege der Schweigepflicht«, antwortete sie. »Chantal ist meine Klientin und kann sich auf meine Loyalität verlassen. Außerdem bin ich mit Holger befreundet und wollte ihn nicht reinreißen.«
»Und warum reden Sie nun doch über diese Dinge?«
»Das alles belastet mich. Ich kann an nichts anderes mehr denken. Die Vorstellung, dass Bruns etwas mit den Morden zu tun haben könnte, lässt mich keine Nacht mehr schlafen.«
»Weiß Chantal Bescheid?«
»Nein. Holger und sie haben sich wieder angenähert – das wollte ich nicht kaputt machen.«
Nachdem Lisa Licht gegangen war, rief ich Kleist an.
»Maria, ich hab wenig Zeit. Wir vernehmen den Bruns gerade.«
»Und?«
»Wir haben ein Geständnis. Er hat Schatto erschossen.«
Der Staatsschutz schlief
Am frühen Morgen tauchte der Hauptkommissar bei mir auf – übernächtigt und mit grauem Teint, aber immerhin mit Brötchen.
»Ich koche Kaffee und dann erzählst du«, schlug ich vor.
Er verschwand im Bad und ich hörte die Dusche rauschen. Nach zehn Minuten saß er mit nassem Haar am Tisch und griff nach der Kaffeekanne.
»Wie ist es gelaufen?«
»Das war eine harte Nacht«, erklärte Kleist. »Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.«
»Am besten mit Bruns’ Festnahme«, schlug ich vor.
»Ich sagte ihm auf den Kopf zu, dass er in Italien war. Zuerst wollte er leugnen. Den DNA-Vergleich konnte ich ja leider nicht verwenden, weil die Proben auf illegalem Weg in meine Hände gelangt sind. Ich erzählte ihm von dem Kaugummi und fragte, was passieren würde, wenn wir einen Gentest durchführen ließen. Daraufhin gab er zu, in Italien gewesen zu sein. Ich hatte das Gefühl, dass er froh war, endlich alles erzählen zu können. David Cohn habe ihm den Ort zeigen wollen, an dem die Nazis seine Familie getötet hatten.«
»Also war der Kontakt doch enger zwischen den beiden, als Bruns behauptet hat. Hatte er die Unterlagen aus dem Safe damals schon?«, fragte ich.
»Er bleibt dabei, dass Cohn ihm die Sachen vorher geschickt hat«, berichtete Kleist. »Dann kam er damit heraus, dass Schattos Freundin seine Tochter ist, und wir konnten noch mal von vorne anfangen.«
»Was ist denn nun genau passiert?«
»Chantal hat zufällig mitbekommen, dass Schatto einen Tötungsauftrag in Italien erhalten hatte. Sie wusste sogar, dass es sich bei dem Opfer um einen Israeli handeln sollte. Also schloss Bruns auf Cohn.«
»Und auf die Idee, die Polizei zu informieren, kam er nicht?«
»Doch. Angeblich hat er eine E-Mail an den Staatsschutz geschickt – doch der reagierte nicht. Wir klären gerade, ob jemand sie geöffnet und unbearbeitet beiseitegelegt
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