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Grappa und die Toten vom See

Grappa und die Toten vom See

Titel: Grappa und die Toten vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Wollenhaupt
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Wayne. »Er hat Motte ja nicht mit irgendwas gedroht, sondern ihm nur etwas verkauft. Und er hat noch nicht einmal Geld dafür bekommen, wenn das stimmt, was er sagt.«
    »Ich trau Bruns genauso wenig wie Motte. Hast du die Haare aus dem Bad?«
    »Klaro, Grappa. Haare und ein Papiertaschentuch mit Blut. War zwar ein bisschen eklig, das aufzupicken, aber ich hab eine Pinzette genommen, die da rumlag.«
    Der Willkürstaat wehrt sich
    In den Straßen rund um das Gefängnis war kein Durchkommen mehr. Die Gegendemonstranten der Initiative Gesicht zeigen gegen Rechts waren zahlreich erschienen. Auch die Jungs und Mädels von der Antifa waren aufgetaucht, um ordentlich mitzumischen.
    Die Staatsmacht hatte alles aufgefahren, was für Stimmung sorgte: Wasserwerfer, die Einsatzhundertschaft der Spezialkräfte, berittene Polizisten und Scharfschützen auf dem Dach der Justizvollzugsanstalt. Es konnte losgehen.
    Drei Rechte entrollten ein Transparent: Freiheit für Eddi – gegen den Willkürstaat!
    Die Antifas stießen ein infernalisches Geheul aus, einige der Vermummten wollten den Rechten das Transparent entreißen, doch die Polizisten hinderten sie daran.
    Nationaler Sozialismus jetzt! Direkt vor meiner Nase hielt eine Glatze das Plakat in die Kameras der Fernsehteams. Prompt wurde ihm ein Mikrofon unter die Nase gehalten.
    Ich ging zur Seite, bekam aber noch folgenden Satz mit: »Die Rechte ist die Partei des Volkes. Wir vertreten keine Konzerne, fremde Minderheiten oder Interessengruppen, sondern einzig und allein die Menschen in unserer Stadt.«
    Das war nicht ungeschickt und schlichte Gemüter dürften für diese Aussagen anfällig sein. Leider hatten die etablierten Parteien ja in den letzten Jahrzehnten an Volksnähe eingebüßt. Ich versuchte, den eben gehörten Satz einer der demokratischen Parteien zuzuordnen. Das misslang. War zum Beispiel die SPD noch die Partei des Volkes, wenn ihr Kanzlerkandidat 25.000 Euro für einen Vortrag erhielt und das in Ordnung fand, während Sozialhilfeempfänger sich und ihre Familien mit ein paar hundert Euro ernähren mussten? War die CDU noch eine Partei des Volkes, wenn der aus ihren Reihen stammende Exbundespräsident sich jahrelang von Industrie und Wirtschaft »verwöhnen« ließ und nach seinem Rücktritt lebenslang mehr als zweihunderttausend Euro im Jahr aus Steuergeldern bekommt?
    Mir fielen die Lobbyisten ein, die ihr Quartier im Berliner Bundestag bezogen hatten. Hunderte Mitarbeiter, bezahlt von privaten Unternehmen, waren in Ministerien beschäftigt und arbeiteten sogar an Gesetzentwürfen mit. So nahmen Unternehmen und Verbänden erheblichen Einfluss auf die Politik in unserem Land.
    »Guten Tag, Frau Grappa«, unterbrach eine Frauenstimme meine Gedanken. Sie gehörte Luisa Licht von der Opferberatungsstelle.
    Wayne zog den Bauch ein und lächelte debil.
    »Was halten Sie von der neuen Partei, Frau Licht?«, versuchte er ein Gespräch.
    »Ein neues Sammelbecken für die Anhänger der verbotenen Gruppierungen«, antwortete sie. »Leider wird man es nicht verbieten können. Die Rechte genießt das Parteienprivileg.«
    Das Spezialkommando drängte die Gegendemonstranten zurück. Das war ein hartes Stück Arbeit und prompt flogen Steine. Die Polizisten schützten sich mit Schilden, die Wasserwerfer richteten ihre Läufe auf die Menschen. Nazis-raus -Rufe konkurrierten mit vereinzelten Sieg-Heil -Rufen. Per Megafon erklärte die Polizei die Demo für beendet und forderte die Demonstranten auf, den Ort zügig zu verlassen. Doch niemand folgte dem Befehl.
    »Die kesseln gleich ein«, wusste Wayne aufgrund langjähriger Erfahrung. »Haut besser ab, sonst seid ihr mitten im Kessel. Da hilft dann auch kein Presseausweis.«
    Licht und ich drückten uns in einen Hauseingang. Wayne stürzte sich ins Gewühl und ward nicht mehr gesehen.
    Zehn Minuten später war der Spuk vorbei. Die Polizei hatte die Gegendemonstranten, die zahlreicher waren als die Rechten, auf einen Platz geführt. Die Neonazis wurden in zwei Polizeibussen festgehalten – zur Überprüfung der Personalien.
    Wayne stieß wieder zu uns. »Das war’s wohl«, meinte er. »SS-Eddi sitzt noch immer im Knast und Die Rechte hat ein bisschen auf sich aufmerksam gemacht. Darf ich die Damen auf einen schnellen Kaffee einladen?« Er zeigte auf eine Bäckerei mit Stehtischen im Inneren.
    »Aber gerne«, meinte ich. »Aber nur zehn Minuten. Ich muss meinen Artikel noch schreiben.«
    »Ich hab auch nicht viel Zeit, aber für

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