Grappas Gespuer Fuer Schnee
Handynummer. Wir bleiben in Verbindung.«
Draußen hatte sich der Himmel dunkelblau verfärbt. Die Luft war kühler geworden und es ging ein leichter Wind. Ob es vor der Wende auch schon so hübsche Straßencafés gegeben hatte? Pärchen flanierten an uns vorbei – heiter und verliebt. Kleine Jungs lieferten sich auf Skateboards waghalsige Rennen. Ein Betrunkener torkelte an den Schaufenstern entlang. Aus Kneipen drang amerikanische Oldie-Musik zu uns herüber.
»Sollen wir jetzt noch zu Madigs Datscha fahren?«, fragte ich.
Kleist verneinte. »Das machen wir morgen früh. Ich möchte erst das Kennzeichen von Brinkhoffs Mietwagen wissen. Die Vermietungen telefoniert mein Büro in Bierstadt ab. Außerdem steht die Hütte mitten im Wald. Nachts laufe ich in so einer Umgebung ungern ohne die Schupos auf.«
»Ist auch für die Fotos schlecht. Zu wenig Licht«, stimmte Pöppelbaum zu. »Ich hab außerdem Hunger.«
»Der eine hat Angst, der andere denkt ans Essen«, grummelte ich. »Ihr seid mir ja Helden!«
»Du siehst das falsch, Maria.« Kleists Ton war leicht verärgert. »Elberberg ist gefährlich und hat keinerlei Hemmungen abzudrücken. Ich würde mich strafbar machen, wenn ich euer beider Leben leichtfertig aufs Spiel setzte.«
»Sorry, Herr Hauptkommissar. Ich bin zutiefst gerührt.«
Er wandte sich ab. Irgendwie kam mein flapsiger Ton nicht gut an.
»Sven hat uns ein Hotel besorgt«, wechselte ich das Thema. »Den Fährkrug. Liegt direkt am See. Am Fährsee. Wir müssen durch ein paar Wälder durch, vorbei an Seeadlern, Schwarzstörchen, Reihern und Kranichen. Die erste menschliche Behausung, auf die wir treffen, soll dann dieser Fährkrug sein.«
»Hattest du mir nicht ein Date mit der Großtrappe versprochen?«, fragte Wayne.
Kleist schaute uns an, als hätten wir sie nicht alle. Wir grinsten ihn an.
»Wenn du mir die Adresse sagst, fahre ich vor«, sagte der Hauptkommissar. »Ich habe ein Global Positioning System im Wagen – auch GPS genannt.«
»Aye, aye, Sir!« Ich salutierte.
Kleist tippe sich an die Stirn und ging zu seinem Wagen.
»Ist der immer so humorlos?«, fragte Wayne, als Kleist in sicherer Entfernung war.
»Humor hat er«, stellte ich klar. »Nur mit sinnfreiem Blödeln hat er manchmal Schwierigkeiten. Aber das kommt noch.«
Die Fahrt ging wirklich durch Wälder, doch die Straßen waren gut ausgebaut und die Hinweisschilder zum Fährkrug gut beleuchtet. Ab und zu führten kleine Wege rechts und links ab – zu privaten Ferienhäusern, die sich gut Betuchte hier errichtet hatten.
Das Hotel war ein moderner Klotz. Von dem See sah man leider nicht viel – etwas Wasser glitzerte im Schein der Laternen, die einen Spazierweg am Ufer erleuchteten.
Wir packten das wenige aus, was wir mitgenommen hatten, und gingen zur Rezeption.
»Sie sind für ein Doppelzimmer und ein Einzelzimmer avisiert«, sagte die Blondine hinter dem Tresen. »Das Einzel liegt im zweiten Stock zum See hinaus und das Doppel im ersten zum Park. Wie wollen Sie die Aufteilung vornehmen?«
Wir sahen uns an.
»Wenn ihr beide das Doppel wollt, nehm ich das Einzel«, schlug ich vor, brav wie immer.
»Ich schlaf nicht mit einem Mann im selben Zimmer«, sagte Pöppelbaum. »Und mit Grappa auch nicht. Die schnarcht, und das muss ich mir nicht antun. Also will ich das Einzel.«
»Dass Frau Grappa schnarcht, passt gut«, sagte Kleist mit todernster Stimme. »Ich schnarche nämlich auch. Nehmen wir also das Doppel.«
»Ich hab mich nachts noch nie schnarchen gehört!«, protestierte ich.
»Ich dich schon!«
Pöppelbaum grinste fett.
»Dann wäre das ja geklärt.« Die Hotelblondine verteilte die Schlüssel. »Unsere Restaurants haben noch bis 23 Uhr geöffnet. Zum Wintergarten geht es nach rechts. Wenn Sie lieber rustikale Küche mögen, besuchen Sie den Fährmann. Die Wege sind ausgeschildert.«
»Ich will mich erst noch frisch machen«, kündigte ich an. »In einer Viertelstunde im Fährmann? «
Kleist und ich nahmen unser Doppelzimmer in Besitz. Seine Reisetasche kannte ich ja schon, er hatte sie beim ersten Besuch in meinem Haus dabeigehabt: ein abgewetztes Teil, das wohl noch aus der Zeit seiner Ausbildung auf der Polizeihochschule stammte.
Das Zimmer war geräumig und mit den Dingen ausgestattet, die ein Gast angeblich erwartet: Fernseher mit Bezahlporno, Briefpapier mit Hotellogo, eine Minibar mit überteuerten Alkoholika sowie Haarfön und Bademantel im Bad.
Ich räumte den Kulturbeutel aus und
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