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Grau - ein Eddie Russett-Roman

Grau - ein Eddie Russett-Roman

Titel: Grau - ein Eddie Russett-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eichborn-Verlag
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fragen, ob sie nicht mitkommen wolle. Stattdessen hatte ich eine andere Idee.
    »Würdest du mich in die Zone begleiten?«
    »Warum?«
    »Ich möchte mir gerne den Vermeer ansehen.«
    Ich hatte bisher erst ein paarmal die Graue Zone in Jade-unter-der-Limone besucht, damals war ich noch sehr klein. Im Allgemeinen hielten sich Chromatiker dort nicht auf. Zum einen hatten wir dort eigentlich nichts verloren, zum anderen waren die Regeln, was die Privatsphäre der Grauen betraf, sehr streng, und natürlich waren wir dort auch nicht gerade willkommen.
    Neugierig sah ich mich um, als wir die Zone betraten. Sie bestand aus einigen Reihen Doppelhaushälften aus Stein, zwischen den Gebäuden verlief eine einspurige Fahrbahn. Die Hauseingänge lagen sich gegenüber, was ungewöhnlich war. Die Straßen waren gefegt, überhaupt war alles picobello sauber. Da Graue in fast jeder Stadt beinahe ein Drittel der Einwohnerschaft bildeten, machte die Zone einen großen Teil des Wohngebiets aus, doch immer lag sie etwas abseits von den Chromatischen Vierteln – getrennt waren wir vereint .
    Ich hatte damit gerechnet, dass man mich wie einen Fremdling anstarren würde, doch niemand nahm auch nur die geringste Notiz von mir.
    »Macht alles einen sehr friedlichen Eindruck«, stellte ich fest.
    »Du bist in meiner Begleitung«, sagte Jane. »Hier alleine entlangzugehen, würde ich dir nicht empfehlen. Du glaubst mir nicht? Dann pass mal auf.«
    Sie sagte, ich solle auf sie warten, und huschte in den nächsten Hauseingang.
    Plötzlich fühlte ich mich allein, schutzlos ausgeliefert. Schon nach sehr kurzer Zeit sahen mich alle groß an, und keine Minute war vergangen, da kam ein junger Mann auf mich zu und sprach mich an. Er war nicht unfreundlich, aber in seiner Stimme schwang eine schlecht verhohlene Drohung mit.
    »Haben Sie sich verlaufen, Sir?«
    »Ich warte auf … «
    »Er gehört zu mir, Clifton«, sagte Jane, die mit einem Teller Kuchen aus dem Haus kam. »Das ist der Sohn des Mustermanns. Roter, das ist mein Bruder Clifton.«
    »Freut mich«, sagte er, und sein Verhalten war wie ausgetauscht. »Jane sagt, du seist ›hauptsächlich bedauernswert‹, was aus ihrem Mund fast ein Kompliment ist.«
    Ich sah zu Jane, die mich warnte: »Hör nicht auf ihn. Es war genau so beleidigend gemeint, wie es klingt.«
    Clifton machte Janes Kratzbürstigkeit durch Kontaktfreudigkeit wieder gut. »Du stellst dich wohl gerne vor schwierige Entscheidungen, oder?«, sagte er. »Tod oder Ehe mit Violetta.«
    »Violetta wäre die Letzte, die ich heiraten würde, falls ich überhaupt zurückkomme.«
    Er lachte.
    »Das sagst du so. Violetta kann sehr überzeugend sein. Sie und ich haben vor Jahren eine Abmachunggetroffen.«
    Er riss dabei die Augen weit auf, sodass die Bedeutung klar war. »Du wirst nicht enttäuscht sein«, sagte er. »Wohlgemerkt, ich habe die Zahl der Feedbackpunkte etwas übertrieben, um mir Folgeaufträge zu sichern.« Er zwinkerte und fügte noch hinzu: »Solange du das Wörtchen ›nein‹ ihr gegenüber nicht benutzt, fährst du gut mit ihr.«
    »Danke für den Tipp«, erwiderte ich trocken.
    Er lachte, sagte ›gern geschehen‹ und verließ uns.
    »Clifton versorgt uns regelmäßig mit dem neuesten Violetta-Klatsch«, sagte Jane, während wir weitergingen. »Seine Position in der Hierarchie ist also nicht nur nachteilig. In Wahrheit wird uns deine Ehe mit Violetta sogar von einem ganz nützlichen Strom an Nachrichten abschneiden.«
    »Schon vergessen?«, sagte ich. »Ich komme nicht mehr zurück aus Hoch-Safran.«
    »Na dann sind wir ja vielleicht doch gerettet. Das Geld ist auch nicht zu verachten. Da wären wir.«
    Wir standen vor einer schlichten Haustür am Ende der Reihe, und Jane klopfte zweimal. Der Mann, der uns aufmachte, war Graham, der ältere Herr mit dem Schnupfen.
    »Genießen Sie Ihr Rentnerdasein?«, erkundigte ich mich.
    »Rentnerdasein? Mrs Schwefel hat mich auf Teilzeitarbeit gesetzt.«
    Ich fragte ihn, wie das möglich sei, und er antwortete, Sally Schwefel verstehe es meisterhaft, auch noch den letzten Tropfen Schweiß aus der Grauen Arbeiterschaft herauszupressen.
    »Wir wollen uns den Vermeer ansehen«, sagte Jane. »Ich habe dir auch ein Stück Kuchen mitgebracht.«
    Mr G67 bedankte sich und bat uns nach oben, wo das Gemälde in einem Zimmer ganz für sich allein hing. In der Decke war eine stoffverhängte Dachluke, und vor dem Bild stand eine Sitzbank.
    »Es ist wunderschön«, sagte ich nach einem

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