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Grau - ein Eddie Russett-Roman

Grau - ein Eddie Russett-Roman

Titel: Grau - ein Eddie Russett-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eichborn-Verlag
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Antwort, und Sie landen im … «
    Er unterbrach sich und überlegte, was er mir noch Schlimmeres antun könne in meinem Leben, aber es gab nichts Schlimmeres. Er holte eine Holzschachtel, öffnete sie und zeigte mir den Kompass darin.
    »Kann ich den mitnehmen?«
    »Auf gar keinen Fall!«, sagte Amaranth. »Ich wollte Ihnen den Kompass nur zeigen. Es ist der einzige in unserem Dorf. Er ist wunderschön, nicht? Ich mag besonders dieses Lederstück.«
    »Sehr schön, Sir. Aber was erwartet mich denn nun in Hoch-Safran?«
    »So genau wissen wir das nicht. Eine Lektüre der Ratsprotokolle legt nahe, dass die Gründer von Ost-Karmin vor dreihundert Jahren zum ersten Mal versucht haben sollen, es auszugraben. Es wird als etwa hundert Quadratkilometer groß beschrieben, und es fanden sich Spuren einer Umgehungsstraße, eines Hafens, eines Bahnhofs, Tausender Wohnhäuser, städtischer Gebäude, eines vage als »Verteidigungsanlage« bezeichneten Areals und zweier Konsumkathedralen. Aber das trifft, ehrlich gesagt, auf Hunderte anderer prä-Epiphanischer Städte auch zu, und bei ihrer ersten Besichtigung lag das Große Ereignis gerade zwei Jahrhunderte zurück.«
    »Was genau soll ich dort eigentlich tun?«
    »Skizzieren, beobachten, beschreiben. Sammeln Sie alle Stücke mit Altfarbresten ein, die Sie finden, zur späteren Begutachtung hier, und halten Sie Ausschau nach einer Route, die der Ford befahren kann. Aber vor allem wollen wir wissen, ob es dort sicher ist. Gibt es Schwäne, Gesindel, solche Sachen – und natürlich, was mit den anderen passiert ist.«
    »Und falls es dort nicht sicher ist, Sir, wie soll ich Ihnen das melden?«
    »Hm«, sagte er und rieb sich nachdenklich das Kinn. »Jetzt haben Sie mich kalt erwischt. Ich denke mal, das geht nur, wenn Sie zurückkehren.«
    Er überlegte einen Moment, dann zeigte er mir seine Berechnungen für die Ausnutzung des Tageslichts.
    »Morgen haben Sie etwas über sechzehn Stunden Tageslicht zur Verfügung. Leider kann ich keine genauen Angaben darüber machen, wie lange Sie für den ganzen Weg brauchen, da das Terrain und die Entfernungen nicht bekannt sind. Von der Kahlen Spitze bis zum Flakturm und vom Flakturm bis Hoch-Safran sollten Sie jeweils die benötigte Zeit messen. Was immer passiert – planen Sie genug Zeit ein, um rechtzeitig eine Stunde vor Sonnenuntergang wieder bei Fandango zu sein, sonst fährt er nämlich los.«
    »Wunderbar«, sagte ich, einigermaßen durcheinander. Vier Stunden Fußmarsch jenseits der Außenmarkierungen von Jade-unter-der-Limone, weiter hatte ich mich von der Zivilisation bisher noch nicht entfernt. Selbst an den langen Tagen im Hochsommer war bei Hamstertouren zum Wertgutsammeln ein Spielraum von mindestens zwei Stunden Rückkehrzeit absolut notwendig, schon zur eigenen Sicherheit – obwohl einige Verrückte es auch in nur zwanzig Minuten Restlichtzeit zurückgeschafft haben sollen. Ich hatte allerdings immer den Verdacht, dass sie dabei geschummelt hatten – in Wahrheit Stunden vorher zurückgekehrt waren, sich dann versteckt und abgewartet hatten, um als Helden dazustehen.
    »Also«, sagte Amaranth, »wir wollen, dass Sie diesen Auftrag erfüllen, aber nicht unnötig Ihr Leben aufs Spiel setzen.«
    »Ganz Ihrer Meinung, Sir.«
    »Dann haben wir uns ja verstanden. Sitzen Sie immer noch unbequem?«
    »Es ist beinahe unerträglich, Sir.«
    »Ausgezeichnet. Achten Sie auf Eruptionen in der Gipfelregion, haben Sie ein wachsames Auge auf Megafauna, und stecken Sie keine Metallstücke ein, die sich ungewöhnlich warm anfühlen. Ach ja«, fügte er noch hinzu, »wenn Sie Dinky-Spielzeugautos finden sollten, bringen Sie sie mit, für meine Sammlung. Ich gebe Ihnen zehn Meriten für jedes Auto. Noch Fragen?«
    »Ja«, sagte ich. »Was kommt in mein Proviantpaket?«
    »Was immer Sie reintun wollen, nehme ich mal an.«

Pepetwlait & Vermeer
    1.2.02.03.059: Alle Bewohner sind angehalten, ein Musikinstrument zu erlernen.
    Ich setzte mich auf die Mauer des Colorgartens und dachte angestrengt nach. Wenn ich auch nur den Hauch einer Chance haben wollte, lebend aus Hoch-Safran zurückzukehren, dann brauchte ich jemanden an meiner Seite. Jemanden, der hoch motiviert war, anpassungsfähig und bereit, Gewalt anzuwenden. Jemanden wie Jane. Ich fand sie im Gewächshaus, wo sie gerade Tomatensetzlinge in der Erde vergrub. Seit dem Hockeyspiel hatte ich nicht mehr mit ihr gesprochen, und sie hatte ein blaues Auge.
    »Hallo«, begrüßte sie mich, ohne

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