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Graues Land - Die Schreie der Toten (German Edition)

Graues Land - Die Schreie der Toten (German Edition)

Titel: Graues Land - Die Schreie der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Dissieux
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für ein Wesen Hass empfinden konnte, an das man zeit seines Lebens nicht geglaubt hatte. Nicht einen einzigen Gedanken hatte er sich in seinen dreizehn Lebensjahren darüber gemacht, ob ein solches Wesen überhaupt existieren konnte. Für ihn war das Wort ›Gott‹ ein Begriff der Erwachsenenwelt gewesen.
Vielleicht hatte sein Vater damals Recht gehabt, als er Daryll einmal erzählte, dass es in der Natur des Menschen lag, immer anderen die Schuld an einer unbefriedigenden Situation zu geben. Es würde das Gewissen und die Hilflosigkeit des Menschen kaschieren. Daryll wusste nicht, ob er genau das jetzt tat, was ihm sein Vater einst zu erklären versuchte. Damals konnte er den Sinn dieser Worte nicht verstehen. Doch jetzt stand sein Vater plötzlich vor ihm, mit diesem gütigen und verständnisvollen Ausdruck in den Augen, und erzählte ihm die gleichen Worte wie vor ein paar Jahren, als er sich noch zu seinem Sohn herunterbeugen musste, um ihm in die Augen sehen zu können. Heute verstand Daryll seinen Vater. Obwohl er sich sicher war, nicht bloß seine Hilflosigkeit auf Gott abzuwälzen.
Sein Hass rührte einfach daher, dass er jenem Geschöpf im Himmel, ob es nun existierte oder nicht, ohne schlechtes Gewissen die Schuld an all dem Missstand geben konnte, der über die Welt gekommen war. Wenn es jemanden gab, der das Chaos hätte verhindern können, dann war es Gott. Und was hatte er getan? Die Welt war still geworden, der Himmel grau. Und die Luft stank nach Verwesung und jenen Kreaturen, die des Nachts über die Welt regierten. Gott hatte sich zurückgelehnt und die wenigen überlebenden Geschöpfe seiner Apokalypse ihrem Schicksal überlassen. Und er hatte ihm Mary Jane genommen. Daryll begann sich zu fragen, auf welcher Seite Gott eigentlich stand. Auf der seiner eigenen Schöpfung, oder auf jener, die direkt aus der Hölle auf die Erde gekommen war. Der Gedanke, dass Gott vielleicht sogar eine dieser Kreaturen war, machte ihm Angst. Deshalb nahm er das Buch und las mit brüchiger Stimme und Tränen in den Augen weiter. Er vermied es, Marys leichenfahles Gesicht dabei zu betrachten.
Irgendwann schlief er ein, das Buch aufgeschlagen auf seiner viel zu schwachen Brust liegend. In dieser Nacht quälten ihn Alpträume, in denen es nur die spitzen, verzweifelten Schreie des Mädchens gab. Als er im grauen Dämmerlicht des nächsten Tages erwachte, war Mary Jane verschwunden.
IV
Trotz seiner Ängste, die jede seiner Bewegungen erschwerten und ihm das Gefühl gaben, in kaltem Wasser zu schwimmen, rannte Daryll in den Morgen hinaus, über den Schulhof, bis hin zur Straße, auf der er stehenblieb und sich nach allen Seiten umblickte.
Der Himmel war grau, so wie immer. An diesem Morgen konnte er nicht einmal die Sonne als schwachen Schimmer erkennen. Selbst die Luft um ihn herum schien die Farbe kalter Asche zu haben. Und sie schmeckte auch grau.
Daryll tastete nach dem Griff der Magnum, die aus dem Bund seiner Hose ragte. Dann ging er langsam die Straße hinunter zum Zentrum von Devon. Dabei drehte er sich mehrmals um sich selbst, stolperte, fiel auf den harten Asphalt, stand auf und ging weiter. Er ließ die Welt um sich herum nicht aus den Augen. Häuser, Bäume, Sträucher, Gärten. Er wusste, dass in jeder Gasse der Tod lauern konnte.
Als er die Hauptstraße des Städtchens erreichte, blieb er auf der Mittelinie stehen und starrte in Richtung des Supermarktes, den sie gestern noch plündern wollten. Es war ein seltsames Gefühl, mitten auf der Hauptverkehrsstraße von Devon zu stehen. Die Häuser zu beiden Seiten standen leer und wirkten wie kalte Steinklötze. Die Fenster hatten nichts Lebendiges mehr an sich. Kein Lachen, das aus ihnen auf die Straße hinausgetragen wurde. Kein Radio, kein Streit. Es war, als hätten die Häuser ihre Augen geschlossen und sich zum Sterben niedergelegt.
Die Stille kroch wie eine unsichtbare, gigantische Bestie durch die Stadt und schlich sich behutsam und verlockend immer näher an Daryll heran. Selbst der Himmel bewegte sich nicht. Das traurige Grau war wie ein straffes Tuch über die Dächer und Schornsteine gespannt.
Er spielte mit dem Gedanken nach Mary Jane zu rufen, doch er war sich sicher, selbst wenn er es schaffen sollte, seinen Mund zu öffnen, so würde kein Laut über seine Lippen kommen. Er war ebenso stumm wie der Rest der Welt. So lautlos wie der Himmel und die Erde.
Hilflos stand er auf dem verblassten Mittelstreifen der Straße, die Hände kraftlos an den Seiten

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