Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe
überlegte Lizenzprodukte vom Todtsteltzer
persönlich, und du brauchst dir nie wieder den Kopf
über Geld zu zerbrechen.«
»Ich zerbreche mir nie den Kopf über Geld«,
wandte Lewis ein. »Ich muss weder Frau noch Kin
der unterhalten, und ich hatte nie die Zeit, einen teu
ren Geschmack zu entwickeln. Außerdem scheine ich
mir laufend über wichtigere Dinge Sorgen machen
zu müssen.«
Douglas seufzte und gab auf. Manche Leute er
kannten gesunden Menschenverstand nicht mal dann,
wenn man ihnen damit einen Schlag auf den Kopf
gab. »Also«, sagte er munter, »was für ein Geschenk
hast du mir mitgebracht? Es ist Weihnachten und
mein Krönungstag, zwei besondere Anlässe auf ein
mal, also erwarte ich etwas ganz Besonderes von dir,
Lewis. Das ist das Beste am Königsein: eine Menge
Geschenke.«
»Du bist erst König, sobald du gekrönt wurdest«,
entgegnete Lewis grimmig. »Warte ab, bis alles si
cher überstanden ist, und mach deine Geschenke
dann auf. Wahrscheinlich ohnehin meist Socken und
Taschentücher. So was bekomme ich heutzutage von
meinen Verwandten. Weißt du, als ich noch klein
war, hätte es mich sauer gemacht, ein Kleidungs
stück als Weihnachtsgeschenk zu erhalten. Inzwi
schen bin ich für etwas so Praktisches dankbar. Wie
traurig ist das?«
»Falls ich Socken bekomme, sollten sie lieber mit
Juwelen bestickt sein«, knurrte Douglas, und beide
lachten leise. Douglas brach als Erster ab und mus
terte Lewis mit strenger Miene. »Ich bin bald König,
Lewis, und ich habe das scheußliche Gefühl, dass
sich dann alles verändert. Zwischen uns. Jetzt gerade
finden wir womöglich zum letzten Mal Gelegenheit,
uns als Gleichgestellte zu unterhalten. Also erkläre
mir als Freund: Weshalb wolltest du Paragon wer
den? Du gibst einen Dreck auf den Ruhm oder die
Freuden des Kampfes, und wir haben bereits festge
stellt, dass du es auch nicht des Geldes wegen tust.
Also warum nur, Lewis? Warum widmest du dein
Leben einer Arbeit, die die meisten anderen vor dem
dreißigsten Geburtstag das Leben kostet?«
»Um die Menschen zu beschützen«, erklärte Le
wis schlicht. »Das Erbe der Todtsteltzers. Eine fami
liäre Pflicht: die Unschuldigen vor denen beschützen,
die sie zur Beute machen möchten.«
Virimonde erwähnte er nicht. Das brauchte er auch
nicht. Die Heimatwelt der Todtsteltzers war auf Be
fehl der Imperatorin Löwenstein verwüstet worden.
Man hatte die Menschen niedergemetzelt, die Städte
verheert, die grüne und schöne Landschaft zu Matsch
zertrampelt und zu Asche versengt. Das neue Impe
rium hatte für die Terraformung und Neubesiedlung
des Planeten gesorgt, aber Virimonde blieb eine arme
und trostlose Welt, und das noch auf Jahrhunderte.
Der Letzte der alten Todtsteltzer-Linie, David, war
dort gestorben, im Stich gelassen von seinen Bun
desgenossen. Kein Paragon war zur Stelle, um ihn in
der Stunde der Not zu retten.
Wie alle Paragone hatte Lewis bei seiner Amtsein
führung den Eid abgelegt, die Unschuldigen zu
schützen und Unrecht zu sühnen. Er hatte mehr
Gründe als die meisten, diesen Eid sehr ernst zu
nehmen.
»Also, wieso bist du ein Paragon, Douglas?«, frag
te jetzt Lewis. »Ich weiß, dass es ursprünglich die
Idee deines Vaters war, aber du bist weit über den
Zeitpunkt hinaus im Dienst geblieben, an dem du
dich ehrenvoll hättest zurückziehen können. Mit
vierzig bist du der drittälteste Paragon, der noch im
Dienst ist. Warum bist du so lange dabeigeblieben?
Was hält dich im Kreis?«
»Ich wollte Menschen ein Beispiel geben, das sie
anleitet und inspiriert«, antwortete Douglas. Seine
Stimme klang ruhig und klar und ganz vernünftig.
»Ich habe meinen Posten als Paragon nicht gewon
nen wie du und all die anderen. Ich musste mich be
weisen. Dir und der Öffentlichkeit gegenüber. Alle
erwarteten, ich würde scheitern. Würde nach Hause
humpeln und Vati vorheulen, das Spiel wäre zu hart
für mich. Ich will gar nicht behaupten, dass ich zu
Anfang gar keine Angst hatte; die Leute schienen
sich regelrecht anzustellen für eine Chance, dem
Thronerben die Scheiße aus dem Hirn zu prügeln.
Aber dann ist etwas Komisches geschehen. Als ich
mich bewies, lernte ich mich zugleich kennen. Wenn
man der Sohn eines Königs ist, fällt einem das Beste
von allem in den Schoß. Nichts wird einem vorent
halten … nichts hat wirklich Bedeutung. Man schätzt
aber nur das richtig, was man sich durch eigene Be
mühung verdient. Und ich habe mir meinen Platz
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