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Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe

Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe

Titel: Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Todtsteltzers Erbe
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erwartet hätte! Emma kannte nicht viele Paragone
vom Sehen, aber alle Welt war mit dem auf klassi
sche Weise gut aussehenden Gesicht von Finn Du
randal vertraut.
    Finn sah sie nicht kommen, war mehr darauf be
dacht, gut auszusehen. Er hatte sich ins Getümmel
gestürzt, weil es vielleicht seltsam gewirkt hätte, falls
nicht geradezu verdächtig, hätte er es nicht getan.
Unmöglich zu verkaufen, er hätte nicht von dem
Aufstand erfahren oder dem Angriff auf seine Mitpa
ragone, und wäre er nicht aufgetaucht, hätten die
Leute unbequeme Fragen gestellt. Womöglich hätte
man gar begonnen, an ihm zu zweifeln, und das durf
te er nicht zulassen. Nach wie vor war er darauf an
gewiesen, den Eindruck eines selbstlosen Helden zu
vermitteln, für den ihn die Menschen von jeher hiel
ten. Also stürzte er sich mit heulendem Gravoschlit
ten ins Gefecht, sprang ins dickste Kampfgetümmel
direkt vor einer Schwebekamera, kniete sich richtig
rein und zerschmetterte die Gottlosen mit Schwung
und Elan.
    Natürlich hätte es keinen Sinn gehabt, ein unnöti
ges Risiko einzugehen! Die Leute, gegen die er an
trat, waren seine eigenen, handverlesene Desperados
aus den raucherfüllten Spelunken des Slums, stattlich
dafür bezahlt, leinen guten Kampf zu liefern und ein
drucksvoll zu verlieren, genau dort, wo die Kamera
es sah. Und sie hatten ihn dabei vor den echten Auf
rührern zu schützen. Sie mischten sich mühelos unter
den restlichen Pöbel und waren im Großen und Gan
zen anonym, denn sie trugen Kirchen-Monturen. Sie
lieferten Finn lange und auffällige, aber im Wesentli
chen ungefährliche Duelle, genau das Richtige, was
von den Menschen zu Hause vor ihren Bildschirmen
mit Löffeln gefressen wurde. Und keiner dieser
scheinbaren Schurken kam wirklich ums Leben; na
ja, das demonstrierte nur, wie mitfühlend der große
Finn Durandal sein konnte!
    Alles lief gut, bis Emma Stahl plötzlich aus dem
Nirgendwo auftauchte, entschlossen, an seiner Seite
zu streiten. Er kannte ihren Ruf. Jeder kannte ihren
Ruf. Er konnte vor ihren Augen kein Duell simulie
ren und hoffen, damit durchzukommen. Also zuckte
er in Gedanken die Achseln und machte sich daran,
die eigenen Leute umzubringen. Er tat es schnell, ehe
ihnen richtig klar wurde, dass er nicht mehr nur so
tat. Trotzdem warf Emma ihm einen seltsamen, bei
nahe verblüfften Blick zu, ehe der letzte Desperado
tot war und sich der echte Pöbel um sie schloss, wor
aufhin sie nun beide einen wirklich ernsten Kampf
austragen mussten.
    Finn plante gerade, sich einen Weg zu bahnen, der
ihn Scheinbar zufällig aus der wütenden Menge in
relative Sicherheit führte, als das Tosen verdrängter
Luft über ihm ertönte und er sah, dass militärische
Gravobarken über dem Aufruhr am Himmel erschie
nen: riesige, düstere Fahrzeuge, strotzend von ganzen
Reihen von Disruptorkanonen, jede einzelne davon
auf die Menge gerichtet. Laute, über Funk ausge
strahlte Stimmen forderten den Pöbel auf, die Waffen
wegzuwerfen und zu kapitulieren oder die Folgen zu
tragen. Finn und Emma standen Rücken an Rücken,
Schwerter und Pistolen nach wie vor in Händen, und
sahen sich rasch danach um, wie die Menge wohl
reagierte. Die Leute hatten Blut geschmeckt und ent
schlossen sich womöglich, Widerstand zu leisten.
Und dann erschienen die Esper zu Dutzenden und
schwebten neben und zwischen den Gravobarken in
der Luft, und sie betrachteten die gewöhnlichen
Menschen unter ihnen wie Racheengel. Ihre Augen
leuchteten hell wie Sonnen, und das schiere Gewicht
ihrer Gegenwart wirkte beinahe überwältigend. Als
sie sich zu Wort meldeten, geschah es mit nur einer
Stimme, die gleichzeitig in allen Köpfen ertönte: eine
gewaltige, gottähnliche Stimme, der man nicht zu
trotzen, über die man nicht zu rechten wagen durfte,
der man einfach gehorchen musste.
    Legt die Waffen nieder! Bleibt still stehen. Wartet
in aller Ruhe darauf, dass die Friedenshüter kommen
und euch abführen!
    Überall in der Menge öffneten die Menschen ohne
eigenes Zutun die Hände und ließen Pistolen und
Schwerter und improvisierte Waffen fallen. Der
Zwang in ihren Köpfen schaltete jede Funktion außer
den simpelsten Gedankenprozessen ab. Die Gesichter
waren ausdruckslos und die Augen leer; aller Zorn,
alle Leidenschaft und Individualität verschwanden
innerhalb eines Augenblicks. Nur die überlebenden
Friedenshüter, Sicherheitsleute und Paragone blieben
unberührt vom telepathischen Zwang. Emma

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