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Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe

Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe

Titel: Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Todtsteltzers Erbe
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drehte
sich lächelnd zu den Zuschauern um und nickte den
Kameras zu. Lewis gefiel seine Miene überhaupt
nicht. »Finn, rede mit mir: Was geht hier vor?«
»Nur ein bisschen Gerechtigkeit«, antwortete
Finn. »Gleich hier an Ort und Stelle, wo es jeder se
hen kann. Auge um Auge, Zahn und Zahn. Terror für
die Terroristen.«
»Finn«, sagte Lewis vorsichtig, »hör mir zu! Die
Elfen sind jetzt harmlos. Die ESP-Blocker halten sie
unter Kontrolle. Sie müssen wegen ihrer Taten vor
Gericht gestellt werden. So lautet das Gesetz.«
»Das Gesetz hat den Menschen hier nicht gehol
fen«, erwiderte Finn mit lauter Stimme, die in der
Stille weit trug. Die Menge hing wie gebannt an sei
nen Lippen. »Manchmal ist das Gesetz nicht genug.
Nicht angesichts dessen, was hier geschehen ist. Was
wir jetzt brauchen, das ist Vergeltung. Wir sollen
doch die Gerechtigkeit des Königs verkörpern. Dein
Ahne hätte es verstanden, Todtsteltzer.«
Lewis blickte zur Menge hinüber. Manche Leute
stießen anstachelnde Rufe aus. Blutgier baute sich
auf. Er schmeckte sie beinahe.
»Hier und jetzt ist weder Zeit noch Ort dafür,
Finn!«, erklärte er eindringlich. »Für das Fesselfeld
besteht eine automatische Schaltuhr, um die Er
schöpfung des Energievorrats zu verhindern. Falls
wir die Elfen nicht schnell wegschaffen, könnten wir
uns mit einem Aufruhr konfrontiert sehen.«
»Nicht, wenn wir den Leuten geben, was sie
möchten«, hielt ihm Finn entgegen. »Nicht, wenn wir
das Richtige tun. Die Elfen fürchten sich nicht vor
Gerichtsverhandlungen. Im Gefängnis gelten sie ein
fach als Märtyrer ihrer Sache. Sitzen herum und war
ten darauf, gegen Geiseln ausgetauscht zu werden.
Ich sage: Geben wir ihnen etwas, was sie fürchten!
Ich sage: Zeigen wir ihnen, was es wirklich bedeutet,
Märtyrer zu sein.«
»Finn, nein! Wir sind Paragone. Wir sind das Ge
setz!«
»Wir sind die Gerechtigkeit des Königs. Es wird
Zeit, dass wir uns auch so verhalten.«
Finn zog das Schwert und reckte es in die Luft,
und die lange Klinge schimmerte hell im Licht der
Wintersonne. Die Menge brüllte begeistert. Finn ging
zum ersten der knienden Elfen. Lewis zögerte, wuss
te nicht recht, was er tun sollte. Finn wollte nicht auf
die Stimme der Vernunft hören. Nicht, wenn die
Überlebenden der besessenen Menge nach Blut
schrien. Lewis’ Hand senkte sich auf die Pistole an
seiner Hüfte, aber er nahm sie wieder weg. Er konnte
nicht Finn Durandal erschießen. Einen Kameraden,
einen Waffenbruder, den größten lebenden Paragon.
Nicht aus einem Streit über Elfen heraus. Er konnte
jedoch auch nicht hinnehmen, dass Finn als Richter,
Geschworener und Henker in einer Person handelte.
Er griff nach dem Schwert, aber plötzlich warf
sich ein Fesselfeld auf ihn und nagelte ihn an Ort und
Stelle fest. Er kämpfte gegen die ihn umschließende
Energie an, wohl wissend, dass es vergebens war. In
der Sicherheitszentrale hatte der zurückgelassene
Mann die Chance auf einen kleinen persönlichen Ra
cheakt genutzt. Vielleicht vermutete er, was Finn
plante. Lewis schrie Finn zu, er solle aufhören, aber
seine Stimme ging im halb verrückten Gebrüll der
Menge unter. Die Menschen hatten schier unglaub
lich leiden müssen, und nur eines würde sie jetzt
noch zufrieden stellen.
Lewis hatte Verständnis dafür. Ein Teil von ihm
wollte ihnen beipflichten, aber was Finn plante, war
falsch, so falsch! Damit konnte er die Elfen nicht
aufhalten, sondern nur anstacheln, zur Vergeltung
noch größere Gräueltaten zu begehen. Vor allem
handelte Finn jedoch falsch, weil er ein Paragon war.
Paragone mussten bessere Menschen sein. Sie muss
ten einfach.
Finn enthauptete den ersten Elfen mit einem
Schwerthieb. Die Menge jubelte und johlte, als der
abgetrennte Kopf über den Sand hüpfte, während die
Augen noch blinzelten und der Mund immer noch
auf und zu ging. Lewis hätte am liebsten die Augen
geschlossen, aber er zwang sich zuzusehen, wie Finn
langsam die lange Reihe der hilflosen Elfen entlang
schritt, sich dabei Zeit ließ und einen nach dem ande
ren exekutierte, begleitet vom zunehmenden Beifall
der Menge. Wie ein Gladiator zu Löwensteins Zeiten, dachte Lewis mit einem Gefühl der Übelkeit. Als
Finn die letzte Elfe erreichte, lächelte die Esperin
direkt in die nächste Kamera und lachte triumphie
rend.
»Seht ihr!«, schrie sie. »Wir hatten Recht, was
euch angeht! Ihr seid so schlimm, wie wir immer ge
sagt haben! Das rechtfertigt alles,

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