Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr
wir müssen ein paar Worte miteinander
wechseln! Wir werden nicht direkt zu den Elfen
sprechen. Wir sind über sie hinaus. Ihr sollt in allen
Dingen unser Sprachrohr ihnen gegenüber sein und
das ihre uns gegenüber. Aber vergesst eins niemals,
Durandal: Ihr seid unsere Galionsfigur und nichts
weiter! Unser Menschengesicht in der Menschenwelt. Und alles, was Ihr tut, ist nur Ausdruck unseres
Willens; alles, was Ihr denkt, sind im Grunde unsere
Gedanken. Wir gewähren Euch eine gewisse Autonomie, weil dies unseren Zwecken dienlich ist, aber
letztlich … gehört Ihr uns.«
»Denkt das nur ruhig«, sagte Finn großzügig.
»Und wir werden alle sehen, was die Zukunft
bringt.«
»Den Schrecken«, sagte das Trümmermonster mit
Kinderstimme. »Die Zukunft bringt den Schrecken.
Verwüstung und Grauen und Planeten, die in der
Dunkelheit brennen. Der Tod von Prinzen und der
von Königen wird stets von dramatischen Ereignissen begleitet.«
Alle warteten, aber er hatte nichts weiter zu sagen.
Seine Züge wandelten sich wie schmelzendes
Wachs, jung und alt und wieder jung, und er nuschelte und brummelte wie ein debiler alter Mann vor sich
hin.
Der Rest des Treffens bestand im Grunde aus nicht
mehr als einem langwierigen Gezänk darüber, was
die Überesper, falls überhaupt etwas, gegen die Ankunft des Schreckens unternehmen sollten. Emma
entschied, dass sie genug gehört hatte. Sie gab Nina
lautlos ein Zeichen, und beide schlängelten sich flink
und vorsichtig vom Gitter weg. Nina schaltete die
Kamera ab, um Strom zu sparen, und dann gingen
beide langsam durch den schmalen Steinkorridor zurück. Emmas Stirn lag in scharfen Falten, während
sie angestrengt nachdachte. Jetzt, wo sie Beweise für
Finns Schuld und seine Kollaboration mit den Überespern hatte – wem konnte sie sie ungefährdet vorlegen? Der König war eine gebrochene Macht, das
Parlament korrupt und im Streit mit sich selbst, und
der Einzige, dem sie bedingungslos vertraut hätte,
der Todtsteltzer, war inzwischen ein Gesetzloser.
Und sie konnte die Aufnahmen nicht einfach den
Medien übergeben, selbst wenn sie einen Sender
fand, den Finn nicht direkt oder indirekt in der Hand
hatte. Sie brauchte jemanden, der sie unterstützte, um
den Beweisen damit zusätzliche Authentizität zu verleihen. Nur ein Name bot sich hier an … und es würde schwierig werden, die Verbindung herzustellen.
Emma blickte so finster drein, dass ihre Stirn wehtat,
während sie Nina lautlos zurück an die Erdoberfläche
folgte – zurück in eine Welt, die begreifbar war.
Finn Durandal saß kaum wieder in seinem Parlamentsbüro am Schreibtisch, als er einen ergötzlichen,
wenn auch unerwarteten Besuch empfing. Er lächelte
bezaubernd und kam hinter dem Schreibtisch hervor,
um Schätzchen Mackenzie die Hand zu küssen, die
sie ihm hinhielt, denn der Besuch war der berühmte
und schöne Star der Videosoap Die feine Gesellschaft. Schätzchen gewährte ihm diese Geste. Sie
war geschäftsmäßig mit einem figurbetonten mitternachtsblauen Kleid angetan, das reichlich Ausschnitt
zeigte und dessen Seitenschlitze noch mehr Schenkel
offenbarten. In die gewaltige Silbermähne hatte sie
kleine rosa Schleifen gebunden, und die schwarzen
Schuhe waren hochhackig und die Absätze ausreichend scharf, um als tödliche Waffen zu gelten. Sie
sah atemberaubend aus, aber das tat sie schließlich
immer. Es war ihr Job. Finn sorgte dafür, dass sie es
sich im Besuchersessel bequem machte, und nahm
wieder hinterm Schreibtisch Platz.
»Also, Schätzchen, ich betrachte dies als erfreuliche, wiewohl unerwartete Ehre. Was kann ich für
Euch tun? Gibt es Probleme im Hinblick auf die Königliche Hochzeit? Ich fürchte, dass ich derlei Dinge
nicht persönlich arrangiere, aber …«
»Hört mit diesem Mist auf, Durandal«, sagte die
Frau, die im Grunde nicht Schätzchen Mackenzie
war. »Wir haben hier kein Publikum, also muss keiner von uns so tun als ob. Und falls Ihr noch über
den gesunden Menschenverstand verfügt, den Euch
Gott bei der Geburt mitgab, werdet Ihr sämtliche
Aufnahmegeräte abschalten, die Ihr in diesem Zimmer versteckt habt.«
Finn betrachtete sie eine ganze Weile lang nachdenklich und drückte schließlich mit dem Fuß einen
versteckten Schalter im Boden. »Also«, brummte er,
»legen wir die Masken ab, ja, Frankie?«
Die hinreißende Frau mit dem plötzlich so harten
Gesicht lehnte sich zurück und lächelte unangenehm.
»Ihr wisst es also.
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