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Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr

Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr

Titel: Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PacTys
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Anschein einer natürlichen Todesursache erwecken. Andere Möglichkeiten standen ihm nicht offen. Als Tel protestierte, zeigte ihm Finn sein beunruhigendes Lächeln und sagte, es hieße entweder
Angelo oder Tel. Falls Tel den Anweisungen folgte
und es nötig wurde, seinen Bruder umzubringen,
dann würde er selbst Oberhaupt der Militanten Kirche werden. Natürlich wiederum unter Finns Leitung. Falls er jedoch nicht den Mumm aufbrachte,
um das Nötige zu tun, dann gedachte Finn Tel töten
zu lassen und ihn durch jemanden zu ersetzen, der
seine Arbeit erledigte.
    Ihr solltet dankbar sein, dass ich Euch diese Gelegenheit gebe, hatte Finn gesagt. Zumindest könnt Ihr
auf diese Weise sicherstellen, dass Euer Bruder nicht
leiden muss.
    Tel wanderte allein durch die großen Flure der Kathedrale und ließ sich unterwegs Zeit, war blind für
die Reize des Bauwerks und das Gefühl des Friedens
darin und fragte sich, was zum Teufel er nur tun sollte. Er hatte noch nie jemanden getötet, obwohl ihm
von jeher klar war, dass es eines Tages nötig werden
könnte. Und als Oberhaupt der offiziellen Kirche
würde er wieder eigene Macht ausüben und Finn zu
besseren Bedingungen gegenübertreten können. Er
war dann wieder selbst im Spiel und nicht nur jemandes Prügelknabe. Er hatte Angelo ohnehin nie
gemocht. Nicht richtig jedenfalls. In einer Geheimtasche im Ärmel führte er Giftstaub mit. Angelo würde
den eigenen Bruder niemals durchsuchen lassen.
Kein Problem, das Gift in ein Getränk zu mischen,
und Angelo war in Sekunden tot. Scheinbar ein
Herzanfall. Eine große Untersuchung stand nicht zu
erwarten. Dafür gedachte Finn zu sorgen. Und außerdem war Angelo heutzutage gar nicht mehr so
populär, nicht mal mehr bei den eigenen Leuten.
    Es war kein Geheimnis, dass der Engel von Madraguda ernsthaft den Überblick verloren hatte. Inzwischen glaubte er an die eigene Propaganda – hielt
sich also wirklich für einen Heiligen oder sogar Messias, der gekommen war, um sein Volk aus der Dunkelheit zu führen. Wohin genau jedoch, das schien
nicht allzu deutlich. Er hatte vergessen oder missachtete einfach, dass er ursprünglich nur eine Marionette
Finns hatte sein sollen. Der Engel von Madraguda
schrieb inzwischen seine Reden selbst, ausufernde
apokalyptische Predigten, und widersetzte sich offen
Finns Anweisungen. Und es kursierten Gerüchte –
dunkle, verstörende Gerüchte – dass nicht jeder wieder auftauchte, der Angelo Bellini aufsuchte.
    Also musste der Mann weg. Er musste von seinem
Elend erlöst werden. Und wer wäre für diesen Job
besser geeignet gewesen als der eigene liebe Bruder?
Na ja, im Grunde Halbbruder. Dieselbe Mutter, anderer Vater. Aber trotzdem war ein Bruder ein Bruder,
oder nicht? Er gehörte doch zur Familie …
    Tel erreichte schließlich die Tür zum Vorzimmer.
Er blieb eine Zeit lang stehen und sammelte sich mit
mehreren tiefen Atemzügen, dann stieß er die Tür auf
und schneite hinein, als ginge es um einen xbeliebigen Besuch. Angelos Sekretärin nickte ihm
geistesabwesend zu. Sie sah blass und unglücklich
aus, und das Lächeln, das sie Tel schenkte, erstreckte
sich nicht auf die Augen. Sie wirkte … wie ein
Hund, den man zu oft getreten hatte.
    »Hallo Marion«, sagte Tel und gab sich Mühe, so
zu tun, als wäre ihm gar nichts aufgefallen. »Ich
möchte meinen Bruder sehen. Ist er da?«
    »Schwer zu sagen«, antwortete Marion. »Ich meine, ja, er ist im Büro, aber … er ist nicht ganz bei
sich. Das ist er nur noch selten. Ihr seid eine Zeit
lang nicht hier gewesen, also habt Ihr nicht miterlebt,
wie … Vielleicht könnt Ihr ihm ja helfen. Auf mich
hört er nicht mehr, außer um … Ihr müsst ihn von
hier wegschaffen, Tel! Bringt ihn irgendwohin, wo
… es sicher ist, wo man ihm hilft. Er hat … schlimme Sachen getan, Tel. Und ich kann nicht weggehen.
Ich bin der einzige Schutz, den er noch hat.«
    »Sachte, Marion.« Tel zeigte ihr sein tröstlichstes
Gesicht und sprach mit seiner tröstlichsten Stimme.
»Ist schon in Ordnung. Ich bin ja jetzt da. Ich kümmere mich um alles.«
    Er ging zur Innentür hinüber, und Marion öffnete
ihm den Weg mit dem Summer. Der Geruch fiel Tel
als Erstes auf, als er Angelos Büro betrat. Es stank –
nach abgestandenen Speisen und verschütteten Getränken, nach Fäulnis und Verderbnis, und eindeutig
hatte viel zu lange niemand das Fenster geöffnet. Es
war fahl und düster im Zimmer, denn alle Jalousien
waren

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